Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810. Kunigunde. Nehmt, nehmt, Herr Graf vom Strahl! Die Briefe sind Zweideutig, seh' ich ein, der Wiederkauf, Zu dem sie mich berechtigen, verjährt; Doch wär' mein Recht so klar auch, wie die Sonne, Nicht gegen euch mehr kann ich's geltend machen. Graf vom Strahl. Niemals, mein Fräulein, niemals, in der That! Mit Freuden nehm ich, wollt ihr mir ihn schenken, Von euch den Frieden an; doch, wenn auch nur Der Zweifel eines Rechts auf Staufen euer, Das Document nicht, das ihn euch belegt! Bringt eure Sache vor, bei Kaiser und bei Reich, Und das Gesetz entscheide, wer sich irrte. Kunigunde (zur Gräfin). Befreit denn ihr, verehrungswürd'ge Gräfin, Von diesen leid'gen Documenten mich, Die mir in Händen brennen, widerwärtig Zu dem Gefühl, das mir erregt ist, stimmen, Und mir auf Gottes weiter Welt zu nichts mehr, Lebt' ich auch neunzig Jahre, helfen können. Gräfin (steht gleichfalls auf). Mein theures Fräulein! Eure Dankbarkeit Führt euch zu weit. Ihr könnt, was eurer ganzen Familie angehört, in einer flüchtigen Kunigunde. Nehmt, nehmt, Herr Graf vom Strahl! Die Briefe ſind Zweideutig, ſeh' ich ein, der Wiederkauf, Zu dem ſie mich berechtigen, verjährt; Doch wär' mein Recht ſo klar auch, wie die Sonne, Nicht gegen euch mehr kann ich's geltend machen. Graf vom Strahl. Niemals, mein Fräulein, niemals, in der That! Mit Freuden nehm ich, wollt ihr mir ihn ſchenken, Von euch den Frieden an; doch, wenn auch nur Der Zweifel eines Rechts auf Staufen euer, Das Document nicht, das ihn euch belegt! Bringt eure Sache vor, bei Kaiſer und bei Reich, Und das Geſetz entſcheide, wer ſich irrte. Kunigunde (zur Gräfin). Befreit denn ihr, verehrungswürd'ge Gräfin, Von dieſen leid'gen Documenten mich, Die mir in Händen brennen, widerwärtig Zu dem Gefühl, das mir erregt iſt, ſtimmen, Und mir auf Gottes weiter Welt zu nichts mehr, Lebt' ich auch neunzig Jahre, helfen können. Gräfin (ſteht gleichfalls auf). Mein theures Fräulein! Eure Dankbarkeit Führt euch zu weit. Ihr könnt, was eurer ganzen Familie angehört, in einer flüchtigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0096" n="90"/> <sp who="#KUN"> <speaker><hi rendition="#g">Kunigunde</hi>.</speaker><lb/> <p>Nehmt, nehmt, Herr Graf vom Strahl! Die<lb/> Briefe ſind<lb/> Zweideutig, ſeh' ich ein, der Wiederkauf,<lb/> Zu dem ſie mich berechtigen, verjährt;<lb/> Doch wär' mein Recht ſo klar auch, wie die Sonne,<lb/> Nicht gegen euch mehr kann ich's geltend machen.</p> </sp><lb/> <sp who="# GR"> <speaker><hi rendition="#g"> Graf vom Strahl</hi>.</speaker><lb/> <p>Niemals, mein Fräulein, niemals, in der That!<lb/> Mit Freuden nehm ich, wollt ihr mir ihn ſchenken,<lb/> Von euch den Frieden an; doch, wenn auch nur<lb/> Der Zweifel eines Rechts auf Staufen euer,<lb/> Das Document nicht, das ihn euch belegt!<lb/> Bringt eure Sache vor, bei Kaiſer und bei Reich,<lb/> Und das Geſetz entſcheide, wer ſich irrte.</p> </sp><lb/> <sp who="#KUN"> <speaker> <hi rendition="#g">Kunigunde</hi> </speaker> <stage>(zur Gräfin).</stage><lb/> <p>Befreit denn ihr, verehrungswürd'ge Gräfin,<lb/> Von dieſen leid'gen Documenten mich,<lb/> Die mir in Händen brennen, widerwärtig<lb/> Zu dem Gefühl, das mir erregt iſt, ſtimmen,<lb/> Und mir auf Gottes weiter Welt zu nichts mehr,<lb/> Lebt' ich auch neunzig Jahre, helfen können.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAI"> <speaker> <hi rendition="#g">Gräfin</hi> </speaker> <stage>(ſteht gleichfalls auf).</stage><lb/> <p>Mein theures Fräulein! Eure Dankbarkeit<lb/> Führt euch zu weit. Ihr könnt, was eurer ganzen<lb/> Familie angehört, in einer flüchtigen<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0096]
Kunigunde.
Nehmt, nehmt, Herr Graf vom Strahl! Die
Briefe ſind
Zweideutig, ſeh' ich ein, der Wiederkauf,
Zu dem ſie mich berechtigen, verjährt;
Doch wär' mein Recht ſo klar auch, wie die Sonne,
Nicht gegen euch mehr kann ich's geltend machen.
Graf vom Strahl.
Niemals, mein Fräulein, niemals, in der That!
Mit Freuden nehm ich, wollt ihr mir ihn ſchenken,
Von euch den Frieden an; doch, wenn auch nur
Der Zweifel eines Rechts auf Staufen euer,
Das Document nicht, das ihn euch belegt!
Bringt eure Sache vor, bei Kaiſer und bei Reich,
Und das Geſetz entſcheide, wer ſich irrte.
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Die mir in Händen brennen, widerwärtig
Zu dem Gefühl, das mir erregt iſt, ſtimmen,
Und mir auf Gottes weiter Welt zu nichts mehr,
Lebt' ich auch neunzig Jahre, helfen können.
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/96>, abgerufen am 23.07.2024. |