Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810. Brigitte. Darauf, nachdem er einen Zeitraum so gelegen, fährt er auf, kehrt sich, mit dem Ausdruck der Be- trübniß, der Wand zu, und spricht: "Ach! Nun brin- gen sie die Lichter! Nun ist sie mir wieder verschwun- den!" -- gleichsam, als ob er durch den Glanz der- selben verscheucht würde. -- Und da die Gräfin sich über ihn neigt und ihn an ihre Brust hebt und spricht: Mein Friedrich! Wo warst du? "Bei ihr," versetzt er, mit freudiger Stimme; "bei ihr, die mich liebt! bei der Braut, die mir der Himmel bestimmt hat! Geh, Mutter geh, und laß nun in allen Kirchen für mich beten: denn nun wünsch' ich zu leben." Kunigunde. Und bessert sich wirklich? Rosalie. Das eben ist das Wunder. Brigitte. Bessert sich, mein Fräulein, bessert sich, in der That; erholt sich, von Stund' an, gewinnt, wie durch himmlischen Balsam geheilt, seine Kräfte wie- der, und ehe der Mond sich erneut, ist er so gesund wie zuvor. Kunigunde. Und erzählte? -- Was erzählte er nun? Brigitte. Darauf, nachdem er einen Zeitraum ſo gelegen, fährt er auf, kehrt ſich, mit dem Ausdruck der Be- trübniß, der Wand zu, und ſpricht: „Ach! Nun brin- gen ſie die Lichter! Nun iſt ſie mir wieder verſchwun- den!“ — gleichſam, als ob er durch den Glanz der- ſelben verſcheucht würde. — Und da die Gräfin ſich über ihn neigt und ihn an ihre Bruſt hebt und ſpricht: Mein Friedrich! Wo warſt du? „Bei ihr,“ verſetzt er, mit freudiger Stimme; „bei ihr, die mich liebt! bei der Braut, die mir der Himmel beſtimmt hat! Geh, Mutter geh, und laß nun in allen Kirchen für mich beten: denn nun wünſch' ich zu leben.“ Kunigunde. Und beſſert ſich wirklich? Roſalie. Das eben iſt das Wunder. Brigitte. Beſſert ſich, mein Fräulein, beſſert ſich, in der That; erholt ſich, von Stund' an, gewinnt, wie durch himmliſchen Balſam geheilt, ſeine Kräfte wie- der, und ehe der Mond ſich erneut, iſt er ſo geſund wie zuvor. Kunigunde. Und erzählte? — Was erzählte er nun? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0088" n="82"/> <sp who="#BRI"> <speaker><hi rendition="#g">Brigitte</hi>.</speaker><lb/> <p>Darauf, nachdem er einen Zeitraum ſo gelegen,<lb/> fährt er auf, kehrt ſich, mit dem Ausdruck der Be-<lb/> trübniß, der Wand zu, und ſpricht: „Ach! Nun brin-<lb/> gen ſie die Lichter! Nun iſt ſie mir wieder verſchwun-<lb/> den!“ — gleichſam, als ob er durch den Glanz der-<lb/> ſelben verſcheucht würde. — Und da die Gräfin ſich<lb/> über ihn neigt und ihn an ihre Bruſt hebt und ſpricht:<lb/> Mein Friedrich! Wo warſt du? „Bei ihr,“ verſetzt<lb/> er, mit freudiger Stimme; „bei ihr, die mich liebt!<lb/> bei der Braut, die mir der Himmel beſtimmt hat!<lb/> Geh, Mutter geh, und laß nun in allen Kirchen für<lb/> mich beten: denn nun wünſch' ich zu leben.“</p> </sp><lb/> <sp who="#KUN"> <speaker><hi rendition="#g">Kunigunde</hi>.</speaker><lb/> <p>Und beſſert ſich wirklich?</p> </sp><lb/> <sp who="#ROS"> <speaker><hi rendition="#g">Roſalie</hi>.</speaker><lb/> <p>Das eben iſt das Wunder.</p> </sp><lb/> <sp who="#BRI"> <speaker><hi rendition="#g">Brigitte</hi>.</speaker><lb/> <p>Beſſert ſich, mein Fräulein, beſſert ſich, in der<lb/> That; erholt ſich, von Stund' an, gewinnt, wie<lb/> durch himmliſchen Balſam geheilt, ſeine Kräfte wie-<lb/> der, und ehe der Mond ſich erneut, iſt er ſo geſund<lb/> wie zuvor.</p> </sp><lb/> <sp who="#KUN"> <speaker><hi rendition="#g">Kunigunde</hi>.</speaker><lb/> <p>Und erzählte? — Was erzählte er nun?</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0088]
Brigitte.
Darauf, nachdem er einen Zeitraum ſo gelegen,
fährt er auf, kehrt ſich, mit dem Ausdruck der Be-
trübniß, der Wand zu, und ſpricht: „Ach! Nun brin-
gen ſie die Lichter! Nun iſt ſie mir wieder verſchwun-
den!“ — gleichſam, als ob er durch den Glanz der-
ſelben verſcheucht würde. — Und da die Gräfin ſich
über ihn neigt und ihn an ihre Bruſt hebt und ſpricht:
Mein Friedrich! Wo warſt du? „Bei ihr,“ verſetzt
er, mit freudiger Stimme; „bei ihr, die mich liebt!
bei der Braut, die mir der Himmel beſtimmt hat!
Geh, Mutter geh, und laß nun in allen Kirchen für
mich beten: denn nun wünſch' ich zu leben.“
Kunigunde.
Und beſſert ſich wirklich?
Roſalie.
Das eben iſt das Wunder.
Brigitte.
Beſſert ſich, mein Fräulein, beſſert ſich, in der
That; erholt ſich, von Stund' an, gewinnt, wie
durch himmliſchen Balſam geheilt, ſeine Kräfte wie-
der, und ehe der Mond ſich erneut, iſt er ſo geſund
wie zuvor.
Kunigunde.
Und erzählte? — Was erzählte er nun?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |