Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
Georg.
Aber, Max! Max! Was hast du --?
Freiburg.
Ich will dir sagen, Freund --
Georg.
Was bereitest du dir, mit allen diesen ungeheuren
Anstalten, vor?
Freiburg.
Lieber! Guter! Wunderlicher! Honig von Hybla,
für diese vom Durst der Rache zu Holz vertrocknete
Brust. Warum soll dies wesenlose Bild länger, einer
olympischen Göttin gleich, auf dem Fußgestell pran-
gen, die Hallen der christlichen Kirchen von uns und
unsers Gleichen entvölkernd? Lieber angefaßt, und
auf den Schutt hinaus, das Oberste zu Unterst, damit
mit Augen erschaut wird, daß kein Gott in ihm wohnt.
Georg.
Aber in aller Welt, sag' mir, was ist's, das dich
mit so rasendem Haß gegen sie erfüllt?
Freiburg.
O Georg! Der Mensch wirft Alles, was er sein
nennt, in eine Pfütze, aber kein Gefühl. Georg, ich
liebte sie, und sie war dessen nicht werth. Ich liebte
sie und ward verschmäht, Georg; und sie war mei-
ner Liebe nicht werth. Ich will dir was sagen --
Aber es macht mich blaß, wenn ich daran denke. Ge-
Georg.
Aber, Max! Max! Was haſt du —?
Freiburg.
Ich will dir ſagen, Freund —
Georg.
Was bereiteſt du dir, mit allen dieſen ungeheuren
Anſtalten, vor?
Freiburg.
Lieber! Guter! Wunderlicher! Honig von Hybla,
für dieſe vom Durſt der Rache zu Holz vertrocknete
Bruſt. Warum ſoll dies weſenloſe Bild länger, einer
olympiſchen Göttin gleich, auf dem Fußgeſtell pran-
gen, die Hallen der chriſtlichen Kirchen von uns und
unſers Gleichen entvölkernd? Lieber angefaßt, und
auf den Schutt hinaus, das Oberſte zu Unterſt, damit
mit Augen erſchaut wird, daß kein Gott in ihm wohnt.
Georg.
Aber in aller Welt, ſag' mir, was iſt's, das dich
mit ſo raſendem Haß gegen ſie erfüllt?
Freiburg.
O Georg! Der Menſch wirft Alles, was er ſein
nennt, in eine Pfütze, aber kein Gefühl. Georg, ich
liebte ſie, und ſie war deſſen nicht werth. Ich liebte
ſie und ward verſchmäht, Georg; und ſie war mei-
ner Liebe nicht werth. Ich will dir was ſagen —
Aber es macht mich blaß, wenn ich daran denke. Ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0068" n="62"/>
          <sp who="#GEOR">
            <speaker><hi rendition="#g">Georg</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Aber, Max! Max! Was ha&#x017F;t du &#x2014;?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FRE">
            <speaker><hi rendition="#g">Freiburg</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ich will dir &#x017F;agen, Freund &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GEOR">
            <speaker><hi rendition="#g">Georg</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Was bereite&#x017F;t du dir, mit allen die&#x017F;en ungeheuren<lb/>
An&#x017F;talten, vor?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FRE">
            <speaker><hi rendition="#g">Freiburg</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Lieber! Guter! Wunderlicher! Honig von Hybla,<lb/>
für die&#x017F;e vom Dur&#x017F;t der Rache zu Holz vertrocknete<lb/>
Bru&#x017F;t. Warum &#x017F;oll dies we&#x017F;enlo&#x017F;e Bild länger, einer<lb/>
olympi&#x017F;chen Göttin gleich, auf dem Fußge&#x017F;tell pran-<lb/>
gen, die Hallen der chri&#x017F;tlichen Kirchen von uns und<lb/>
un&#x017F;ers Gleichen entvölkernd? Lieber angefaßt, und<lb/>
auf den Schutt hinaus, das Ober&#x017F;te zu Unter&#x017F;t, damit<lb/>
mit Augen er&#x017F;chaut wird, daß kein Gott in ihm wohnt.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GEOR">
            <speaker><hi rendition="#g">Georg</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Aber in aller Welt, &#x017F;ag' mir, was i&#x017F;t's, das dich<lb/>
mit &#x017F;o ra&#x017F;endem Haß gegen &#x017F;ie erfüllt?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FRE">
            <speaker><hi rendition="#g">Freiburg</hi>.</speaker><lb/>
            <p>O Georg! Der Men&#x017F;ch wirft Alles, was er &#x017F;ein<lb/>
nennt, in eine Pfütze, aber kein Gefühl. Georg, ich<lb/>
liebte &#x017F;ie, und &#x017F;ie war de&#x017F;&#x017F;en nicht werth. Ich liebte<lb/>
&#x017F;ie und ward ver&#x017F;chmäht, Georg; und &#x017F;ie war mei-<lb/>
ner Liebe nicht werth. Ich will dir was &#x017F;agen &#x2014;<lb/>
Aber es macht mich blaß, wenn ich daran denke. Ge-<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0068] Georg. Aber, Max! Max! Was haſt du —? Freiburg. Ich will dir ſagen, Freund — Georg. Was bereiteſt du dir, mit allen dieſen ungeheuren Anſtalten, vor? Freiburg. Lieber! Guter! Wunderlicher! Honig von Hybla, für dieſe vom Durſt der Rache zu Holz vertrocknete Bruſt. Warum ſoll dies weſenloſe Bild länger, einer olympiſchen Göttin gleich, auf dem Fußgeſtell pran- gen, die Hallen der chriſtlichen Kirchen von uns und unſers Gleichen entvölkernd? Lieber angefaßt, und auf den Schutt hinaus, das Oberſte zu Unterſt, damit mit Augen erſchaut wird, daß kein Gott in ihm wohnt. Georg. Aber in aller Welt, ſag' mir, was iſt's, das dich mit ſo raſendem Haß gegen ſie erfüllt? Freiburg. O Georg! Der Menſch wirft Alles, was er ſein nennt, in eine Pfütze, aber kein Gefühl. Georg, ich liebte ſie, und ſie war deſſen nicht werth. Ich liebte ſie und ward verſchmäht, Georg; und ſie war mei- ner Liebe nicht werth. Ich will dir was ſagen — Aber es macht mich blaß, wenn ich daran denke. Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/68
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/68>, abgerufen am 25.11.2024.