Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Graf vom Strahl.
Aber die rothen Wangen der Dame behielt er
für sich?
Flammberg.
Davon hat er kein Wort gesagt.
Der Graf vom Strahl.
Daß sie die Pocken kriegte! Ich wollte, ich könnte
den Nachtthau in Eimern auffassen, und über ihren
weißen Hals ausgießen! Ihr kleines verwünschtes
Gesicht ist der letzte Grund aller dieser Kriege wider
mich; und so lange ich den Märzschnee nicht vergif-
ten kann, mit welchem sie sich wäscht, hab' ich auch
vor den Rittern des Landes keine Ruhe. Aber Ge-
duld nur! -- Wo hält sie sich jetzt auf?
Flammberg.
Auf der Burg zum Stein, wo ihr schon seit drei
Tagen Prunkgelage gefeiert werden, daß die Feste
des Himmels erkracht, und Sonne, Mond und Sterne
nicht mehr angesehen werden. Der Burggraf, den
sie verabschiedet hat, soll Rache kochen, und wenn
ihr einen Boten an ihn absendet, so zweifl' ich nicht,
er zieht mit euch gegen den Rheingrafen zu Felde.
Graf vom Strahl.
Wohlan! Führt mir die Pferde vor, ich will rei-
ten. -- Ich habe dieser jungen Aufwieglerin verspro-
chen, wenn sie die Waffen ihres kleinen schelmischen
Der Graf vom Strahl.
Aber die rothen Wangen der Dame behielt er
für ſich?
Flammberg.
Davon hat er kein Wort geſagt.
Der Graf vom Strahl.
Daß ſie die Pocken kriegte! Ich wollte, ich könnte
den Nachtthau in Eimern auffaſſen, und über ihren
weißen Hals ausgießen! Ihr kleines verwünſchtes
Geſicht iſt der letzte Grund aller dieſer Kriege wider
mich; und ſo lange ich den Märzſchnee nicht vergif-
ten kann, mit welchem ſie ſich wäſcht, hab' ich auch
vor den Rittern des Landes keine Ruhe. Aber Ge-
duld nur! — Wo hält ſie ſich jetzt auf?
Flammberg.
Auf der Burg zum Stein, wo ihr ſchon ſeit drei
Tagen Prunkgelage gefeiert werden, daß die Feſte
des Himmels erkracht, und Sonne, Mond und Sterne
nicht mehr angeſehen werden. Der Burggraf, den
ſie verabſchiedet hat, ſoll Rache kochen, und wenn
ihr einen Boten an ihn abſendet, ſo zweifl' ich nicht,
er zieht mit euch gegen den Rheingrafen zu Felde.
Graf vom Strahl.
Wohlan! Führt mir die Pferde vor, ich will rei-
ten. — Ich habe dieſer jungen Aufwieglerin verſpro-
chen, wenn ſie die Waffen ihres kleinen ſchelmiſchen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0060" n="54"/>
          <sp who="#STRA">
            <speaker><hi rendition="#g">Der Graf vom Strahl</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Aber die rothen Wangen der Dame behielt er<lb/>
für &#x017F;ich?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLA">
            <speaker><hi rendition="#g">Flammberg</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Davon hat er kein Wort ge&#x017F;agt.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STRA">
            <speaker><hi rendition="#g">Der Graf vom Strahl</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Daß &#x017F;ie die Pocken kriegte! Ich wollte, ich könnte<lb/>
den Nachtthau in Eimern auffa&#x017F;&#x017F;en, und über ihren<lb/>
weißen Hals ausgießen! Ihr kleines verwün&#x017F;chtes<lb/>
Ge&#x017F;icht i&#x017F;t der letzte Grund aller die&#x017F;er Kriege wider<lb/>
mich; und &#x017F;o lange ich den März&#x017F;chnee nicht vergif-<lb/>
ten kann, mit welchem &#x017F;ie &#x017F;ich wä&#x017F;cht, hab' ich auch<lb/>
vor den Rittern des Landes keine Ruhe. Aber Ge-<lb/>
duld nur! &#x2014; Wo hält &#x017F;ie &#x017F;ich jetzt auf?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLA">
            <speaker><hi rendition="#g">Flammberg</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Auf der Burg zum Stein, wo ihr &#x017F;chon &#x017F;eit drei<lb/>
Tagen Prunkgelage gefeiert werden, daß die Fe&#x017F;te<lb/>
des Himmels erkracht, und Sonne, Mond und Sterne<lb/>
nicht mehr ange&#x017F;ehen werden. Der Burggraf, den<lb/>
&#x017F;ie verab&#x017F;chiedet hat, &#x017F;oll Rache kochen, und wenn<lb/>
ihr einen Boten an ihn ab&#x017F;endet, &#x017F;o zweifl' ich nicht,<lb/>
er zieht mit euch gegen den Rheingrafen zu Felde.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STAR">
            <speaker><hi rendition="#g">Graf vom Strahl</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Wohlan! Führt mir die Pferde vor, ich will rei-<lb/>
ten. &#x2014; Ich habe die&#x017F;er jungen Aufwieglerin ver&#x017F;pro-<lb/>
chen, wenn &#x017F;ie die Waffen ihres kleinen &#x017F;chelmi&#x017F;chen<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0060] Der Graf vom Strahl. Aber die rothen Wangen der Dame behielt er für ſich? Flammberg. Davon hat er kein Wort geſagt. Der Graf vom Strahl. Daß ſie die Pocken kriegte! Ich wollte, ich könnte den Nachtthau in Eimern auffaſſen, und über ihren weißen Hals ausgießen! Ihr kleines verwünſchtes Geſicht iſt der letzte Grund aller dieſer Kriege wider mich; und ſo lange ich den Märzſchnee nicht vergif- ten kann, mit welchem ſie ſich wäſcht, hab' ich auch vor den Rittern des Landes keine Ruhe. Aber Ge- duld nur! — Wo hält ſie ſich jetzt auf? Flammberg. Auf der Burg zum Stein, wo ihr ſchon ſeit drei Tagen Prunkgelage gefeiert werden, daß die Feſte des Himmels erkracht, und Sonne, Mond und Sterne nicht mehr angeſehen werden. Der Burggraf, den ſie verabſchiedet hat, ſoll Rache kochen, und wenn ihr einen Boten an ihn abſendet, ſo zweifl' ich nicht, er zieht mit euch gegen den Rheingrafen zu Felde. Graf vom Strahl. Wohlan! Führt mir die Pferde vor, ich will rei- ten. — Ich habe dieſer jungen Aufwieglerin verſpro- chen, wenn ſie die Waffen ihres kleinen ſchelmiſchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/60
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/60>, abgerufen am 23.11.2024.