Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810.
Ausschluß meiner, als einem Goldkinde, dem er sich liebreich bezeigen wollte, vermacht hatte, war sie schon unabhängig von mir, eine der wohlhabendsten Bürge- rinnen der Stadt. Fünf Söhne wackerer Bürger, bis in den Tod von ihrem Werthe gerührt, hatten nun schon um sie angehalten; die Ritter, die durch die Stadt zogen, weinten, daß sie kein Fräulein war; ach, und wäre sie Eines gewesen, das Morgenland wäre aufgebrochen, und hätte Perlen und Edelge- steine, von Mohren getragen, zu ihren Füßen gelegt. Aber sowohl ihre, als meine Seele, bewahrte der Him- mel vor Stolz; und weil Gottfried Friedeborn, der junge Landmann, dessen Güter das ihrige umgränzen, sie zum Weibe begehrte, und sie auf meine Frage: Katharine, willt du ihn? antwortete: Vater! Dein Wille sei meiner; so sagte ich: der Herr segne euch! und weinte und jauchzte, und beschloß, Ostern, die kommen, sie nun zur Kirche zu bringen. -- So war sie, ihr Herren, bevor sie mir dieser entführte. Graf Otto. Nun? Und wodurch entführte er sie dir? Durch welche Mittel hat er sie dir und dem Pfade, auf wel- chen du sie geführt hattest, wieder entrissen? Theobald. Durch welche Mittel? -- Ihr Herren, wenn ich das sagen könnte, so begriffen es diese fünf Sinne,
Ausſchluß meiner, als einem Goldkinde, dem er ſich liebreich bezeigen wollte, vermacht hatte, war ſie ſchon unabhängig von mir, eine der wohlhabendſten Bürge- rinnen der Stadt. Fünf Söhne wackerer Bürger, bis in den Tod von ihrem Werthe gerührt, hatten nun ſchon um ſie angehalten; die Ritter, die durch die Stadt zogen, weinten, daß ſie kein Fräulein war; ach, und wäre ſie Eines geweſen, das Morgenland wäre aufgebrochen, und hätte Perlen und Edelge- ſteine, von Mohren getragen, zu ihren Füßen gelegt. Aber ſowohl ihre, als meine Seele, bewahrte der Him- mel vor Stolz; und weil Gottfried Friedeborn, der junge Landmann, deſſen Güter das ihrige umgränzen, ſie zum Weibe begehrte, und ſie auf meine Frage: Katharine, willt du ihn? antwortete: Vater! Dein Wille ſei meiner; ſo ſagte ich: der Herr ſegne euch! und weinte und jauchzte, und beſchloß, Oſtern, die kommen, ſie nun zur Kirche zu bringen. — So war ſie, ihr Herren, bevor ſie mir dieſer entführte. Graf Otto. Nun? Und wodurch entführte er ſie dir? Durch welche Mittel hat er ſie dir und dem Pfade, auf wel- chen du ſie geführt hatteſt, wieder entriſſen? Theobald. Durch welche Mittel? — Ihr Herren, wenn ich das ſagen könnte, ſo begriffen es dieſe fünf Sinne, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#THE"> <p><pb facs="#f0016" n="10"/> Ausſchluß meiner, als einem Goldkinde, dem er ſich<lb/> liebreich bezeigen wollte, vermacht hatte, war ſie ſchon<lb/> unabhängig von mir, eine der wohlhabendſten Bürge-<lb/> rinnen der Stadt. Fünf Söhne wackerer Bürger,<lb/> bis in den Tod von ihrem Werthe gerührt, hatten<lb/> nun ſchon um ſie angehalten; die Ritter, die durch<lb/> die Stadt zogen, weinten, daß ſie kein Fräulein war;<lb/> ach, und wäre ſie Eines geweſen, das Morgenland<lb/> wäre aufgebrochen, und hätte Perlen und Edelge-<lb/> ſteine, von Mohren getragen, zu ihren Füßen gelegt.<lb/> Aber ſowohl ihre, als meine Seele, bewahrte der Him-<lb/> mel vor Stolz; und weil Gottfried Friedeborn, der<lb/> junge Landmann, deſſen Güter das ihrige umgränzen,<lb/> ſie zum Weibe begehrte, und ſie auf meine Frage:<lb/> Katharine, willt du ihn? antwortete: Vater! Dein<lb/> Wille ſei meiner; ſo ſagte ich: der Herr ſegne euch!<lb/> und weinte und jauchzte, und beſchloß, Oſtern, die<lb/> kommen, ſie nun zur Kirche zu bringen. — So war<lb/> ſie, ihr Herren, bevor ſie mir dieſer entführte.</p> </sp><lb/> <sp who="#OTTO"> <speaker><hi rendition="#g">Graf Otto</hi>.</speaker><lb/> <p>Nun? Und wodurch entführte er ſie dir? Durch<lb/> welche Mittel hat er ſie dir und dem Pfade, auf wel-<lb/> chen du ſie geführt hatteſt, wieder entriſſen?</p> </sp><lb/> <sp who="#THE"> <speaker><hi rendition="#g">Theobald</hi>.</speaker><lb/> <p>Durch welche Mittel? — Ihr Herren, wenn ich<lb/> das ſagen könnte, ſo begriffen es dieſe fünf Sinne,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0016]
Ausſchluß meiner, als einem Goldkinde, dem er ſich
liebreich bezeigen wollte, vermacht hatte, war ſie ſchon
unabhängig von mir, eine der wohlhabendſten Bürge-
rinnen der Stadt. Fünf Söhne wackerer Bürger,
bis in den Tod von ihrem Werthe gerührt, hatten
nun ſchon um ſie angehalten; die Ritter, die durch
die Stadt zogen, weinten, daß ſie kein Fräulein war;
ach, und wäre ſie Eines geweſen, das Morgenland
wäre aufgebrochen, und hätte Perlen und Edelge-
ſteine, von Mohren getragen, zu ihren Füßen gelegt.
Aber ſowohl ihre, als meine Seele, bewahrte der Him-
mel vor Stolz; und weil Gottfried Friedeborn, der
junge Landmann, deſſen Güter das ihrige umgränzen,
ſie zum Weibe begehrte, und ſie auf meine Frage:
Katharine, willt du ihn? antwortete: Vater! Dein
Wille ſei meiner; ſo ſagte ich: der Herr ſegne euch!
und weinte und jauchzte, und beſchloß, Oſtern, die
kommen, ſie nun zur Kirche zu bringen. — So war
ſie, ihr Herren, bevor ſie mir dieſer entführte.
Graf Otto.
Nun? Und wodurch entführte er ſie dir? Durch
welche Mittel hat er ſie dir und dem Pfade, auf wel-
chen du ſie geführt hatteſt, wieder entriſſen?
Theobald.
Durch welche Mittel? — Ihr Herren, wenn ich
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