Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810. Graf vom Strahl (wild). Die Dirne, die landstreichend unverschämte! Ich will nichts von ihr wissen! Hinweg, sag' ich! Zurück nach Heilbronn, wo du hingehörst! Käthchen. Herr meines Lebens! Gleich verlass' ich euch! Den Brief nur hier, der euch sehr wichtig ist, Erniedrigt euch, von meiner Hand zu nehmen. Graf vom Strahl. Ich aber will ihn nicht! Ich mag ihn nicht! Fort! Augenblicks! Hinweg! Käthchen. Mein hoher Herr! Graf vom Strahl (wendet sich). Die Peitsche her! An welchem Nagel hängt sie? Ich will doch sehn, ob ich, vor losen Mädchen, In meinem Haus nicht Ruh mir kann verschaffen. (er nimmt die Peitsche von der Wand). Gottschalk. O Gnäd'ger Herr! Was macht ihr? Was beginnt ihr? Warum auch wollt ihr, den nicht sie verfaßt, Den Brief, nicht freundlich aus der Hand ihr neh- men? Graf vom Strahl. Schweig, alter Esel, du, sag' ich. [8]
Graf vom Strahl (wild). Die Dirne, die landſtreichend unverſchämte! Ich will nichts von ihr wiſſen! Hinweg, ſag' ich! Zurück nach Heilbronn, wo du hingehörſt! Käthchen. Herr meines Lebens! Gleich verlaſſ' ich euch! Den Brief nur hier, der euch ſehr wichtig iſt, Erniedrigt euch, von meiner Hand zu nehmen. Graf vom Strahl. Ich aber will ihn nicht! Ich mag ihn nicht! Fort! Augenblicks! Hinweg! Käthchen. Mein hoher Herr! Graf vom Strahl (wendet ſich). Die Peitſche her! An welchem Nagel hängt ſie? Ich will doch ſehn, ob ich, vor loſen Mädchen, In meinem Haus nicht Ruh mir kann verſchaffen. (er nimmt die Peitſche von der Wand). Gottſchalk. O Gnäd'ger Herr! Was macht ihr? Was beginnt ihr? Warum auch wollt ihr, den nicht ſie verfaßt, Den Brief, nicht freundlich aus der Hand ihr neh- men? Graf vom Strahl. Schweig, alter Eſel, du, ſag' ich. [8]
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Graf vom Strahl (wild).
Die Dirne, die landſtreichend unverſchämte!
Ich will nichts von ihr wiſſen! Hinweg, ſag' ich!
Zurück nach Heilbronn, wo du hingehörſt!
Käthchen.
Herr meines Lebens! Gleich verlaſſ' ich euch!
Den Brief nur hier, der euch ſehr wichtig iſt,
Erniedrigt euch, von meiner Hand zu nehmen.
Graf vom Strahl.
Ich aber will ihn nicht! Ich mag ihn nicht!
Fort! Augenblicks! Hinweg!
Käthchen.
Mein hoher Herr!
Graf vom Strahl (wendet ſich).
Die Peitſche her! An welchem Nagel hängt ſie?
Ich will doch ſehn, ob ich, vor loſen Mädchen,
In meinem Haus nicht Ruh mir kann verſchaffen.
(er nimmt die Peitſche von der Wand).
Gottſchalk.
O Gnäd'ger Herr! Was macht ihr? Was beginnt
ihr?
Warum auch wollt ihr, den nicht ſie verfaßt,
Den Brief, nicht freundlich aus der Hand ihr neh-
men?
Graf vom Strahl.
Schweig, alter Eſel, du, ſag' ich.
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/119>, abgerufen am 16.02.2025. |