Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810. Eginhardt. Ei! Vorgestern, am Morgen ihres Geburtstags, da die Vettern ihr ein glänzendes Fest in der Thur- neck bereitet hatten. Die Sonne schien kaum röthlich auf ihr Lager: da findet sie das Document schon auf der Decke liegen; das Document, versteht mich, in ein Briefchen des verliebten Grafen eingewickelt, mit der Versicherung, daß es ihr Brautgeschenk sei, wenn sie sich entschließen könne, ihm ihre Hand zu geben. Rheingraf. Sie nahm es? Natürlich! Sie stellte sich vor den Spiegel, knixte, und nahm es? Eginhardt. Das Document? Allerdings. Friedrich. Aber die Hand, die dagegen gefordert ward? Eginhardt. O die verweigerte sie nicht. Friedrich. Was! Nicht? Eginhardt. Nein. Gott behüte! Wann hätte sie je einem Freier ihre Hand verweigert. Rheingraf. Aber sie hält, wenn die Glocke geht, nicht Wort? Eginhardt. Ei! Vorgeſtern, am Morgen ihres Geburtstags, da die Vettern ihr ein glänzendes Feſt in der Thur- neck bereitet hatten. Die Sonne ſchien kaum röthlich auf ihr Lager: da findet ſie das Document ſchon auf der Decke liegen; das Document, verſteht mich, in ein Briefchen des verliebten Grafen eingewickelt, mit der Verſicherung, daß es ihr Brautgeſchenk ſei, wenn ſie ſich entſchließen könne, ihm ihre Hand zu geben. Rheingraf. Sie nahm es? Natürlich! Sie ſtellte ſich vor den Spiegel, knixte, und nahm es? Eginhardt. Das Document? Allerdings. Friedrich. Aber die Hand, die dagegen gefordert ward? Eginhardt. O die verweigerte ſie nicht. Friedrich. Was! Nicht? Eginhardt. Nein. Gott behüte! Wann hätte ſie je einem Freier ihre Hand verweigert. Rheingraf. Aber ſie hält, wenn die Glocke geht, nicht Wort? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0112" n="106"/> <sp who="#EGI"> <speaker><hi rendition="#g">Eginhardt</hi>.</speaker><lb/> <p>Ei! Vorgeſtern, am Morgen ihres Geburtstags,<lb/> da die Vettern ihr ein glänzendes Feſt in der Thur-<lb/> neck bereitet hatten. Die Sonne ſchien kaum röthlich<lb/> auf ihr Lager: da findet ſie das Document ſchon auf<lb/> der Decke liegen; das Document, verſteht mich, in ein<lb/> Briefchen des verliebten Grafen eingewickelt, mit der<lb/> Verſicherung, daß es ihr Brautgeſchenk ſei, wenn ſie<lb/> ſich entſchließen könne, ihm ihre Hand zu geben.</p> </sp><lb/> <sp who="#RHEIN"> <speaker><hi rendition="#g">Rheingraf</hi>.</speaker><lb/> <p>Sie nahm es? Natürlich! Sie ſtellte ſich vor den<lb/> Spiegel, knixte, und nahm es?</p> </sp><lb/> <sp who="#EGI"> <speaker><hi rendition="#g">Eginhardt</hi>.</speaker><lb/> <p>Das Document? Allerdings.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRIED"> <speaker><hi rendition="#g">Friedrich</hi>.</speaker><lb/> <p>Aber die Hand, die dagegen gefordert ward?</p> </sp><lb/> <sp who="#EGI"> <speaker><hi rendition="#g">Eginhardt</hi>.</speaker><lb/> <p>O die verweigerte ſie nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRIED"> <speaker><hi rendition="#g">Friedrich</hi>.</speaker><lb/> <p>Was! Nicht?</p> </sp><lb/> <sp who="#EGI"> <speaker><hi rendition="#g">Eginhardt</hi>.</speaker><lb/> <p>Nein. Gott behüte! Wann hätte ſie je einem<lb/> Freier ihre Hand verweigert.</p> </sp><lb/> <sp who="#RHEIN"> <speaker><hi rendition="#g">Rheingraf</hi>.</speaker><lb/> <p>Aber ſie hält, wenn die Glocke geht, nicht Wort?</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0112]
Eginhardt.
Ei! Vorgeſtern, am Morgen ihres Geburtstags,
da die Vettern ihr ein glänzendes Feſt in der Thur-
neck bereitet hatten. Die Sonne ſchien kaum röthlich
auf ihr Lager: da findet ſie das Document ſchon auf
der Decke liegen; das Document, verſteht mich, in ein
Briefchen des verliebten Grafen eingewickelt, mit der
Verſicherung, daß es ihr Brautgeſchenk ſei, wenn ſie
ſich entſchließen könne, ihm ihre Hand zu geben.
Rheingraf.
Sie nahm es? Natürlich! Sie ſtellte ſich vor den
Spiegel, knixte, und nahm es?
Eginhardt.
Das Document? Allerdings.
Friedrich.
Aber die Hand, die dagegen gefordert ward?
Eginhardt.
O die verweigerte ſie nicht.
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/112>, abgerufen am 23.07.2024. |