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Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749.

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Der Frühling.
Sitzt in der Laube von Reben, pflanzt Stauden und Blumen auf
Leinwand,

Die Freude lächelt aus ihr. Ein Kind der Gratien Liebling
Stört sie durch Plappern, am Hals mit zarten Armen ihr hangend,
Ein andres tändelt in Klee, sinnt nach, und stammlet Gedanken.

O dreymal seliges Volk das ohne Stürme des Unglücks
Das Meer des Lebens durchschifft, dem einsahm in Gründen die
Tage

Wie sanfte Weste verpfliegen! Laß andre, dem wimmelnden Pöbel
Der Bäum und Dächer ersteigt zur Schau, in Siegswägen gleissen
Von Elephanten gezogen; Laß sie der Wellen Gebürge
Mit Wolken von Seegeln bedecken, und Japan in Westen ver-
setzen,

Der ist ein Günstling des Himmels, den, fern von Foltern der Laster
Die Ruh an Quellen umschlingt. Auf ihn blickt immer die Sonne
Von oben lieblich herab, ihm braust kein Unglück in Wogen
Er
C 3

Der Frühling.
Sitzt in der Laube von Reben, pflanzt Stauden und Blumen auf
Leinwand,

Die Freude lächelt aus ihr. Ein Kind der Gratien Liebling
Stört ſie durch Plappern, am Hals mit zarten Armen ihr hangend,
Ein andres tändelt in Klee, ſinnt nach, und ſtammlet Gedanken.

O dreymal ſeliges Volk das ohne Stürme des Unglücks
Das Meer des Lebens durchſchifft, dem einſahm in Gründen die
Tage

Wie ſanfte Weſte verpfliegen! Laß andre, dem wimmelnden Pöbel
Der Bäum und Dächer erſteigt zur Schau, in Siegswägen gleiſſen
Von Elephanten gezogen; Laß ſie der Wellen Gebürge
Mit Wolken von Seegeln bedecken, und Japan in Weſten ver-
ſetzen,

Der iſt ein Günſtling des Himmels, den, fern von Foltern der Laſter
Die Ruh an Quellen umſchlingt. Auf ihn blickt immer die Sonne
Von oben lieblich herab, ihm brauſt kein Unglück in Wogen
Er
C 3
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[21/0023] Der Frühling. Sitzt in der Laube von Reben, pflanzt Stauden und Blumen auf Leinwand, Die Freude lächelt aus ihr. Ein Kind der Gratien Liebling Stört ſie durch Plappern, am Hals mit zarten Armen ihr hangend, Ein andres tändelt in Klee, ſinnt nach, und ſtammlet Gedanken. O dreymal ſeliges Volk das ohne Stürme des Unglücks Das Meer des Lebens durchſchifft, dem einſahm in Gründen die Tage Wie ſanfte Weſte verpfliegen! Laß andre, dem wimmelnden Pöbel Der Bäum und Dächer erſteigt zur Schau, in Siegswägen gleiſſen Von Elephanten gezogen; Laß ſie der Wellen Gebürge Mit Wolken von Seegeln bedecken, und Japan in Weſten ver- ſetzen, Der iſt ein Günſtling des Himmels, den, fern von Foltern der Laſter Die Ruh an Quellen umſchlingt. Auf ihn blickt immer die Sonne Von oben lieblich herab, ihm brauſt kein Unglück in Wogen Er C 3

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Zitationshilfe: Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fruehling_1749/23>, abgerufen am 21.11.2024.