Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822.
Jetzt zu ihm schleich', als wär's von ungefähr, Und ihn erweck', und er die Sinne sammelt: Gießt die Erinnrung Freude über ihn, Nichts Rührenders fürwahr, kannst Du Dir denken! Den ganzen Vorfall, gleich, als wär's ein Traum, Trägt er, bis auf den kleinsten Zug, mir vor; So lebhaft, meint' er, hab er nie geträumt --: Und fester Glaube baut sich in ihm auf, Der Himmel hab' ein Zeichen ihm gegeben: Es werde Alles, was sein Geist gesehn, Jungfrau und Lorbeerkranz und Ehrenschmuck, Gott, an dem Tag der nächsten Schlacht, ihm schenken. Der Kurfürst. Hm! Sonderbar! -- Und jener Handschuh? -- Graf Heinrich. Ja! Dieß Stück des Traums, das ihm verkörpert ward, Zerstört zugleich und kräftigt seinen Glauben. Zuerst, mit großem Aug' sieht er ihn an: -- Weiß ist die Farb', er scheint, nach Art und Bildung, Von einer Dame Hand: -- doch weil er keine Zu Nacht, der er entnommen könnte seyn, Im Garten sprach, -- durchkreuzt, in seinem Dichten, Von mir, der zur Parol auf's Schloß ihn ruft, Vergißt er, was er nicht begreifen kann, Und steckt zerstreut den Handschuh in's Collet. Der Kurfürst. Nun? Drauf? Graf Heinrich. Drauf tritt er nun, mit Stift und Tafel, In's Schloß, aus des Feldmarschalls Mund, in frommer Aufmerksamkeit den Schlachtbefehl zu hören; Die Fürstin und Prinzessin, reisefertig Befinden grad' im Herrensaal sich auch.
Jetzt zu ihm ſchleich’, als wär’s von ungefähr, Und ihn erweck’, und er die Sinne ſammelt: Gießt die Erinnrung Freude über ihn, Nichts Rührenders fürwahr, kannſt Du Dir denken! Den ganzen Vorfall, gleich, als wär’s ein Traum, Trägt er, bis auf den kleinſten Zug, mir vor; So lebhaft, meint’ er, hab er nie geträumt —: Und feſter Glaube baut ſich in ihm auf, Der Himmel hab’ ein Zeichen ihm gegeben: Es werde Alles, was ſein Geiſt geſehn, Jungfrau und Lorbeerkranz und Ehrenſchmuck, Gott, an dem Tag der nächſten Schlacht, ihm ſchenken. Der Kurfürſt. Hm! Sonderbar! — Und jener Handſchuh? — Graf Heinrich. Ja! Dieß Stück des Traums, das ihm verkörpert ward, Zerſtört zugleich und kräftigt ſeinen Glauben. Zuerſt, mit großem Aug’ ſieht er ihn an: — Weiß iſt die Farb’, er ſcheint, nach Art und Bildung, Von einer Dame Hand: — doch weil er keine Zu Nacht, der er entnommen könnte ſeyn, Im Garten ſprach, — durchkreuzt, in ſeinem Dichten, Von mir, der zur Parol auf’s Schloß ihn ruft, Vergißt er, was er nicht begreifen kann, Und ſteckt zerſtreut den Handſchuh in’s Collet. Der Kurfürſt. Nun? Drauf? Graf Heinrich. Drauf tritt er nun, mit Stift und Tafel, In’s Schloß, aus des Feldmarſchalls Mund, in frommer Aufmerkſamkeit den Schlachtbefehl zu hören; Die Fürſtin und Prinzeſſin, reiſefertig Befinden grad’ im Herrenſaal ſich auch. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#HEIN"> <p><pb facs="#f0107" n="94"/> Jetzt zu ihm ſchleich’, als wär’s von ungefähr,<lb/> Und ihn erweck’, und er die Sinne ſammelt:<lb/> Gießt die Erinnrung Freude über ihn,<lb/> Nichts Rührenders fürwahr, kannſt Du Dir denken!<lb/> Den ganzen Vorfall, gleich, als wär’s ein Traum,<lb/> Trägt er, bis auf den kleinſten Zug, mir vor;<lb/> So lebhaft, meint’ er, hab er nie geträumt —:<lb/> Und feſter Glaube baut ſich in ihm auf,<lb/> Der Himmel hab’ ein Zeichen ihm gegeben:<lb/> Es werde Alles, was ſein Geiſt geſehn,<lb/> Jungfrau und Lorbeerkranz und Ehrenſchmuck,<lb/> Gott, an dem Tag der nächſten Schlacht, ihm ſchenken.</p> </sp><lb/> <sp who="#KURF"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Kurfürſt</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Hm! Sonderbar! — Und jener Handſchuh? —</p> </sp><lb/> <sp who="#HEIN"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Graf Heinrich</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Ja!<lb/> Dieß Stück des Traums, das ihm verkörpert ward,<lb/> Zerſtört zugleich und kräftigt ſeinen Glauben.<lb/> Zuerſt, mit großem Aug’ ſieht er ihn an: —<lb/> Weiß iſt die Farb’, er ſcheint, nach Art und Bildung,<lb/> Von einer Dame Hand: — doch weil er keine<lb/> Zu Nacht, der er entnommen könnte ſeyn,<lb/> Im Garten ſprach, — durchkreuzt, in ſeinem Dichten,<lb/> Von mir, der zur Parol auf’s Schloß ihn ruft,<lb/> Vergißt er, was er nicht begreifen kann,<lb/> Und ſteckt zerſtreut den Handſchuh in’s Collet.</p> </sp><lb/> <sp who="#KURF"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Kurfürſt</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Nun? Drauf?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEIN"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Graf Heinrich</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Drauf tritt er nun, mit Stift und Tafel,<lb/> In’s Schloß, aus des Feldmarſchalls Mund, in frommer<lb/> Aufmerkſamkeit den Schlachtbefehl zu hören;<lb/> Die Fürſtin und Prinzeſſin, reiſefertig<lb/> Befinden grad’ im Herrenſaal ſich auch.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0107]
Jetzt zu ihm ſchleich’, als wär’s von ungefähr,
Und ihn erweck’, und er die Sinne ſammelt:
Gießt die Erinnrung Freude über ihn,
Nichts Rührenders fürwahr, kannſt Du Dir denken!
Den ganzen Vorfall, gleich, als wär’s ein Traum,
Trägt er, bis auf den kleinſten Zug, mir vor;
So lebhaft, meint’ er, hab er nie geträumt —:
Und feſter Glaube baut ſich in ihm auf,
Der Himmel hab’ ein Zeichen ihm gegeben:
Es werde Alles, was ſein Geiſt geſehn,
Jungfrau und Lorbeerkranz und Ehrenſchmuck,
Gott, an dem Tag der nächſten Schlacht, ihm ſchenken.
Der Kurfürſt.
Hm! Sonderbar! — Und jener Handſchuh? —
Graf Heinrich.
Ja!
Dieß Stück des Traums, das ihm verkörpert ward,
Zerſtört zugleich und kräftigt ſeinen Glauben.
Zuerſt, mit großem Aug’ ſieht er ihn an: —
Weiß iſt die Farb’, er ſcheint, nach Art und Bildung,
Von einer Dame Hand: — doch weil er keine
Zu Nacht, der er entnommen könnte ſeyn,
Im Garten ſprach, — durchkreuzt, in ſeinem Dichten,
Von mir, der zur Parol auf’s Schloß ihn ruft,
Vergißt er, was er nicht begreifen kann,
Und ſteckt zerſtreut den Handſchuh in’s Collet.
Der Kurfürſt.
Nun? Drauf?
Graf Heinrich.
Drauf tritt er nun, mit Stift und Tafel,
In’s Schloß, aus des Feldmarſchalls Mund, in frommer
Aufmerkſamkeit den Schlachtbefehl zu hören;
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fehrbellin_1822/107>, abgerufen am 04.07.2024. |