Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807. Amphitryon. Mir solche Mährchen schamlos aufzubürden! Erzählungen, wie unsre Ammen sie Den Kindern Abends in die Ohren lullen. -- Meinst du, ich werde dir die Possen glauben? Sosias. Behüt'! Ihr seid der Herr und ich der Diener, Ihr werdet thun und lassen, was ihr wollt. Amphitryon. Es sei. Ich unterdrücke meinen Zorn, Gewinne die Geduld mir ab, noch einmal Vom Ei den ganzen Hergang anzuhören. -- Ich muß dies Teufelsräthsel mir entwirren, Und nicht den Fuß ehr setz' ich dort ins Haus. -- Nimm alle deine Sinne wohl zusammen, Und steh mir Rede, pünctlich, Wort für Wort. Sosias. Doch, Herr, aus Furcht vergebt mir, anzustoßen, Ersuch' ich euch, eh' wir zur Sache schreiten, Den Ton mir der Verhandlung anzugeben. Soll ich nach meiner Ueberzeugung reden, Amphitryon. Mir ſolche Maͤhrchen ſchamlos aufzubuͤrden! Erzaͤhlungen, wie unſre Ammen ſie Den Kindern Abends in die Ohren lullen. — Meinſt du, ich werde dir die Poſſen glauben? Soſias. Behuͤt’! Ihr ſeid der Herr und ich der Diener, Ihr werdet thun und laſſen, was ihr wollt. Amphitryon. Es ſei. Ich unterdruͤcke meinen Zorn, Gewinne die Geduld mir ab, noch einmal Vom Ei den ganzen Hergang anzuhoͤren. — Ich muß dies Teufelsraͤthſel mir entwirren, Und nicht den Fuß ehr ſetz’ ich dort ins Haus. — Nimm alle deine Sinne wohl zuſammen, Und ſteh mir Rede, puͤnctlich, Wort fuͤr Wort. Soſias. Doch, Herr, aus Furcht vergebt mir, anzuſtoßen, Erſuch’ ich euch, eh’ wir zur Sache ſchreiten, Den Ton mir der Verhandlung anzugeben. Soll ich nach meiner Ueberzeugung reden, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0063" n="47"/> <sp who="#AMP"> <speaker><hi rendition="#g">Amphitryon</hi>.</speaker><lb/> <p>Mir ſolche Maͤhrchen ſchamlos aufzubuͤrden!<lb/> Erzaͤhlungen, wie unſre Ammen ſie<lb/> Den Kindern Abends in die Ohren lullen. —<lb/> Meinſt du, ich werde dir die Poſſen glauben?</p> </sp><lb/> <sp who="#SOF"> <speaker><hi rendition="#g">Soſias</hi>.</speaker><lb/> <p>Behuͤt’! Ihr ſeid der Herr und ich der Diener,<lb/> Ihr werdet thun und laſſen, was ihr wollt.</p> </sp><lb/> <sp who="#AMP"> <speaker><hi rendition="#g">Amphitryon</hi>.</speaker><lb/> <p>Es ſei. Ich unterdruͤcke meinen Zorn,<lb/> Gewinne die Geduld mir ab, noch einmal<lb/> Vom Ei den ganzen Hergang anzuhoͤren.<lb/> — Ich muß dies Teufelsraͤthſel mir entwirren,<lb/> Und nicht den Fuß ehr ſetz’ ich dort ins Haus.<lb/> — Nimm alle deine Sinne wohl zuſammen,<lb/> Und ſteh mir Rede, puͤnctlich, Wort fuͤr Wort.</p> </sp><lb/> <sp who="#SOF"> <speaker><hi rendition="#g">Soſias</hi>.</speaker><lb/> <p>Doch, Herr, aus Furcht vergebt mir, anzuſtoßen,<lb/> Erſuch’ ich euch, eh’ wir zur Sache ſchreiten,<lb/> Den Ton mir der Verhandlung anzugeben.<lb/> Soll ich nach meiner Ueberzeugung reden,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [47/0063]
Amphitryon.
Mir ſolche Maͤhrchen ſchamlos aufzubuͤrden!
Erzaͤhlungen, wie unſre Ammen ſie
Den Kindern Abends in die Ohren lullen. —
Meinſt du, ich werde dir die Poſſen glauben?
Soſias.
Behuͤt’! Ihr ſeid der Herr und ich der Diener,
Ihr werdet thun und laſſen, was ihr wollt.
Amphitryon.
Es ſei. Ich unterdruͤcke meinen Zorn,
Gewinne die Geduld mir ab, noch einmal
Vom Ei den ganzen Hergang anzuhoͤren.
— Ich muß dies Teufelsraͤthſel mir entwirren,
Und nicht den Fuß ehr ſetz’ ich dort ins Haus.
— Nimm alle deine Sinne wohl zuſammen,
Und ſteh mir Rede, puͤnctlich, Wort fuͤr Wort.
Soſias.
Doch, Herr, aus Furcht vergebt mir, anzuſtoßen,
Erſuch’ ich euch, eh’ wir zur Sache ſchreiten,
Den Ton mir der Verhandlung anzugeben.
Soll ich nach meiner Ueberzeugung reden,
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/63>, abgerufen am 19.07.2024. |