Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807. Merkur. Du nennst dich Sosias? Sosias. Ja, ich gesteh's, ein unverbürgtes Gerücht hat mir -- Merkur. Genug. Den Waffenstillstand Brech' ich, und dieses Wort hier nehm' ich wieder. Sosias. Fahr' in die Höll'! Ich kann mich nicht ver- nichten, Verwandeln nicht, aus meiner Haut nicht fahren, Und meine Haut dir um die Schultern hängen. Ward, seit die Welt steht, so etwas erlebt? Träum' ich etwa? Hab ich zur Morgenstärkung Heut mehr, als ich gewöhnlich pfleg', genossen? Bin ich mich meiner völlig nicht bewußt? Hat nicht Amphitryon mich hergeschickt, Der Fürstin seine Rückkehr anzumelden? Soll ich ihr nicht den Sieg, den er erfochten, Und wie Pharissa überging, beschreiben? Merkur. Du nennſt dich Soſias? Soſias. Ja, ich geſteh’s, ein unverbuͤrgtes Geruͤcht hat mir — Merkur. Genug. Den Waffenſtillſtand Brech’ ich, und dieſes Wort hier nehm’ ich wieder. Soſias. Fahr’ in die Hoͤll’! Ich kann mich nicht ver- nichten, Verwandeln nicht, aus meiner Haut nicht fahren, Und meine Haut dir um die Schultern haͤngen. Ward, ſeit die Welt ſteht, ſo etwas erlebt? Traͤum’ ich etwa? Hab ich zur Morgenſtaͤrkung Heut mehr, als ich gewoͤhnlich pfleg’, genoſſen? Bin ich mich meiner voͤllig nicht bewußt? Hat nicht Amphitryon mich hergeſchickt, Der Fuͤrſtin ſeine Ruͤckkehr anzumelden? Soll ich ihr nicht den Sieg, den er erfochten, Und wie Phariſſa uͤberging, beſchreiben? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0041" n="25"/> <sp who="#MER"> <speaker><hi rendition="#g">Merkur</hi>.</speaker><lb/> <p>Du nennſt dich Soſias?</p> </sp><lb/> <sp who="#SOF"> <speaker><hi rendition="#g">Soſias</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja, ich geſteh’s, ein unverbuͤrgtes<lb/> Geruͤcht hat mir —</p> </sp><lb/> <sp who="#MER"> <speaker><hi rendition="#g">Merkur</hi>.</speaker><lb/> <p>Genug. Den Waffenſtillſtand<lb/> Brech’ ich, und dieſes Wort hier nehm’ ich wieder.</p> </sp><lb/> <sp who="#SOF"> <speaker><hi rendition="#g">Soſias</hi>.</speaker><lb/> <p>Fahr’ in die Hoͤll’! Ich kann mich nicht ver-<lb/> nichten,<lb/> Verwandeln nicht, aus meiner Haut nicht fahren,<lb/> Und meine Haut dir um die Schultern haͤngen.<lb/> Ward, ſeit die Welt ſteht, ſo etwas erlebt?<lb/> Traͤum’ ich etwa? Hab ich zur Morgenſtaͤrkung<lb/> Heut mehr, als ich gewoͤhnlich pfleg’, genoſſen?<lb/> Bin ich mich meiner voͤllig nicht bewußt?<lb/> Hat nicht Amphitryon mich hergeſchickt,<lb/> Der Fuͤrſtin ſeine Ruͤckkehr anzumelden?<lb/> Soll ich ihr nicht den Sieg, den er erfochten,<lb/> Und wie Phariſſa uͤberging, beſchreiben?<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0041]
Merkur.
Du nennſt dich Soſias?
Soſias.
Ja, ich geſteh’s, ein unverbuͤrgtes
Geruͤcht hat mir —
Merkur.
Genug. Den Waffenſtillſtand
Brech’ ich, und dieſes Wort hier nehm’ ich wieder.
Soſias.
Fahr’ in die Hoͤll’! Ich kann mich nicht ver-
nichten,
Verwandeln nicht, aus meiner Haut nicht fahren,
Und meine Haut dir um die Schultern haͤngen.
Ward, ſeit die Welt ſteht, ſo etwas erlebt?
Traͤum’ ich etwa? Hab ich zur Morgenſtaͤrkung
Heut mehr, als ich gewoͤhnlich pfleg’, genoſſen?
Bin ich mich meiner voͤllig nicht bewußt?
Hat nicht Amphitryon mich hergeſchickt,
Der Fuͤrſtin ſeine Ruͤckkehr anzumelden?
Soll ich ihr nicht den Sieg, den er erfochten,
Und wie Phariſſa uͤberging, beſchreiben?
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/41>, abgerufen am 16.02.2025. |