Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807.
Hab' ich nur erst ins Auge ihn gefaßt, So tanzt sein Leben auch auf dieses Schwerdtes Spitze. Amphitryon. (zum Volk.) Ihr Bürger Thebens, hört mich an! Ich bin es nicht, der euch hieher gerufen, Wenn eure strömende Versammlung gleich Von Herzen mir willkommen ist. Er war's, Der lügnerische Höllengeist, der mich Aus Theben will, aus meiner Frauen Herzen, Aus dem Gedächtniß mich der Welt, ja könnt' er's Aus des Bewußtseins eigner Feste drängen. Drum sammelt eure Sinne jetzt, und wär't Ihr tausendäugig auch, ein Argus jeder, Geschickt, zur Zeit der Mitternacht, ein Heimchen Aus seiner Spur im Sande zu erkennen, So reißet, laßt die Müh' euch nicht verdrießen, Jetzt eure Augen auf, wie Maulwürfe, Wenn sie zur Mittagszeit die Sonne suchen; All' diese Blicke werft in einen Spiegel, Und kehrt den ganzen vollen Stral auf mich, L 2
Hab’ ich nur erſt ins Auge ihn gefaßt, So tanzt ſein Leben auch auf dieſes Schwerdtes Spitze. Amphitryon. (zum Volk.) Ihr Buͤrger Thebens, hoͤrt mich an! Ich bin es nicht, der euch hieher gerufen, Wenn eure ſtroͤmende Verſammlung gleich Von Herzen mir willkommen iſt. Er war’s, Der luͤgneriſche Hoͤllengeiſt, der mich Aus Theben will, aus meiner Frauen Herzen, Aus dem Gedaͤchtniß mich der Welt, ja koͤnnt’ er’s Aus des Bewußtſeins eigner Feſte draͤngen. Drum ſammelt eure Sinne jetzt, und waͤr’t Ihr tauſendaͤugig auch, ein Argus jeder, Geſchickt, zur Zeit der Mitternacht, ein Heimchen Aus ſeiner Spur im Sande zu erkennen, So reißet, laßt die Muͤh’ euch nicht verdrießen, Jetzt eure Augen auf, wie Maulwuͤrfe, Wenn ſie zur Mittagszeit die Sonne ſuchen; All’ dieſe Blicke werft in einen Spiegel, Und kehrt den ganzen vollen Stral auf mich, L 2
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Hab’ ich nur erſt ins Auge ihn gefaßt,
So tanzt ſein Leben auch auf dieſes Schwerdtes
Spitze.
Amphitryon. (zum Volk.)
Ihr Buͤrger Thebens, hoͤrt mich an!
Ich bin es nicht, der euch hieher gerufen,
Wenn eure ſtroͤmende Verſammlung gleich
Von Herzen mir willkommen iſt. Er war’s,
Der luͤgneriſche Hoͤllengeiſt, der mich
Aus Theben will, aus meiner Frauen Herzen,
Aus dem Gedaͤchtniß mich der Welt, ja koͤnnt’
er’s
Aus des Bewußtſeins eigner Feſte draͤngen.
Drum ſammelt eure Sinne jetzt, und waͤr’t
Ihr tauſendaͤugig auch, ein Argus jeder,
Geſchickt, zur Zeit der Mitternacht, ein Heimchen
Aus ſeiner Spur im Sande zu erkennen,
So reißet, laßt die Muͤh’ euch nicht verdrießen,
Jetzt eure Augen auf, wie Maulwuͤrfe,
Wenn ſie zur Mittagszeit die Sonne ſuchen;
All’ dieſe Blicke werft in einen Spiegel,
Und kehrt den ganzen vollen Stral auf mich,
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/179>, abgerufen am 16.02.2025. |