Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
pkl_027.001
V. Jambisch-anapästische Verse.
pkl_027.002

§. 40. Gewöhnlich treten die Anapäste in Verbindung pkl_027.003
mit Jamben auf. Entweder leitet der Jambus pkl_027.004
den Vers ein, oder er vertritt auch noch in einem andern pkl_027.005
Takte die Stelle eines Anapästs, oder es wechseln pkl_027.006
in mannichfacher Folge Jamben und Anapäste ab. pkl_027.007
Solche aus Jamben und Anapästen gemischte Verse pkl_027.008
heißen alcäische. -- Wenn bloß der erste Fuß jambisch, pkl_027.009
jeder folgende anapästisch ist und der letzte eine pkl_027.010
überzählige kurze Silbe hat (wie in Beispiel 1, Zeile 1, 2), pkl_027.011
so wird der Vers auch wohl ein amphibrachischer pkl_027.012
genannt, weil er sich dann auch in amphibrachische pkl_027.013
Verstheile ( [Abbildung] ) zerlegen läßt.

pkl_027.014

Beispiele:

pkl_027.015

1)

Es freut sich die Gottheit der reuigen Sünder; pkl_027.016
Unsterbliche heben verlorene Kinder pkl_027.017
Mit feurigen Armen zum Himmel empor.
pkl_027.018
Göthe.

pkl_027.019

2)

Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp, pkl_027.020
Zu tauchen in diesen Schlund? u. s. w.
pkl_027.021
Schiller.

pkl_027.022

3)

Es reden und träumen die Menschen viel pkl_027.023
Von bessern künftigen Tagen.
pkl_027.024
Schiller.

pkl_027.025

4)

Mein Vater, mein Vater! und siehst du nicht dort pkl_027.026
Erlkönigs Töchter am düstern Ort? --
pkl_027.027
Göthe.

pkl_027.028
VI. Tochäisch-daktylische Verse.
pkl_027.029

§. 41. Wie Jamben und Anapäste, finden sich pkl_027.030
auch häufig Trochäen und Daktylen gemischt, und pkl_027.031
zwar ebenfalls auf die mannichfaltigste Weise.

pkl_027.032

Beispiele:

pkl_027.033

1)

Als der Schenke die Flöte hielt, pkl_027.034
Daß der Becher uns munde,

pkl_027.001
V. Jambisch-anapästische Verse.
pkl_027.002

§. 40. Gewöhnlich treten die Anapäste in Verbindung pkl_027.003
mit Jamben auf. Entweder leitet der Jambus pkl_027.004
den Vers ein, oder er vertritt auch noch in einem andern pkl_027.005
Takte die Stelle eines Anapästs, oder es wechseln pkl_027.006
in mannichfacher Folge Jamben und Anapäste ab. pkl_027.007
Solche aus Jamben und Anapästen gemischte Verse pkl_027.008
heißen alcäische. — Wenn bloß der erste Fuß jambisch, pkl_027.009
jeder folgende anapästisch ist und der letzte eine pkl_027.010
überzählige kurze Silbe hat (wie in Beispiel 1, Zeile 1, 2), pkl_027.011
so wird der Vers auch wohl ein amphibrachischer pkl_027.012
genannt, weil er sich dann auch in amphibrachische pkl_027.013
Verstheile ( [Abbildung] ) zerlegen läßt.

pkl_027.014

Beispiele:

pkl_027.015

1)

Es freut sich die Gottheit der reuigen Sünder; pkl_027.016
Unsterbliche heben verlorene Kinder pkl_027.017
Mit feurigen Armen zum Himmel empor.
pkl_027.018
Göthe.

pkl_027.019

2)

Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp, pkl_027.020
Zu tauchen in diesen Schlund? u. s. w.
pkl_027.021
Schiller.

pkl_027.022

3)

Es reden und träumen die Menschen viel pkl_027.023
Von bessern künftigen Tagen.
pkl_027.024
Schiller.

pkl_027.025

4)

Mein Vater, mein Vater! und siehst du nicht dort pkl_027.026
Erlkönigs Töchter am düstern Ort? —
pkl_027.027
Göthe.

pkl_027.028
VI. Tochäisch-daktylische Verse.
pkl_027.029

§. 41. Wie Jamben und Anapäste, finden sich pkl_027.030
auch häufig Trochäen und Daktylen gemischt, und pkl_027.031
zwar ebenfalls auf die mannichfaltigste Weise.

pkl_027.032

Beispiele:

pkl_027.033

1)

Als der Schenke die Flöte hielt, pkl_027.034
Daß der Becher uns munde,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0053" n="27"/>
              <lb n="pkl_027.001"/>
            </div>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">V</hi>. <hi rendition="#g">Jambisch-anapästische Verse.</hi></hi> </head>
              <lb n="pkl_027.002"/>
              <p>  §. 40. Gewöhnlich treten die Anapäste in Verbindung <lb n="pkl_027.003"/>
mit Jamben auf. Entweder leitet der Jambus <lb n="pkl_027.004"/>
den Vers ein, oder er vertritt auch noch in einem andern <lb n="pkl_027.005"/>
Takte die Stelle eines Anapästs, oder es wechseln <lb n="pkl_027.006"/>
in mannichfacher Folge Jamben und Anapäste ab. <lb n="pkl_027.007"/>
Solche aus Jamben und Anapästen gemischte Verse <lb n="pkl_027.008"/>
heißen <hi rendition="#g">alcäische.</hi> &#x2014; Wenn bloß der erste Fuß jambisch, <lb n="pkl_027.009"/>
jeder folgende anapästisch ist und der letzte eine <lb n="pkl_027.010"/>
überzählige kurze Silbe hat (wie in Beispiel 1, Zeile 1, 2), <lb n="pkl_027.011"/>
so wird der Vers auch wohl ein <hi rendition="#g">amphibrachischer</hi> <lb n="pkl_027.012"/>
genannt, weil er sich dann auch in amphibrachische <lb n="pkl_027.013"/>
Verstheile (<figure><note type="editorial">type="versmetrik"</note></figure>) zerlegen läßt.</p>
              <lb n="pkl_027.014"/>
              <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Beispiele</hi>:</hi> </p>
              <lb n="pkl_027.015"/>
              <p>1) <lg><l>Es freut sich die Gottheit der reuigen Sünder;</l><lb n="pkl_027.016"/><l>Unsterbliche heben verlorene Kinder</l><lb n="pkl_027.017"/><l>Mit feurigen Armen zum Himmel empor.</l></lg> <lb n="pkl_027.018"/> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Göthe</hi>.</hi></p>
              <lb n="pkl_027.019"/>
              <p>2) <lg><l>Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp,</l><lb n="pkl_027.020"/><l>Zu tauchen in diesen Schlund? u. s. w.</l></lg> <lb n="pkl_027.021"/> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Schiller</hi>.</hi></p>
              <lb n="pkl_027.022"/>
              <p>3) <lg><l>Es reden und träumen die Menschen viel</l><lb n="pkl_027.023"/><l>Von bessern künftigen Tagen.</l></lg> <lb n="pkl_027.024"/> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Schiller</hi>.</hi></p>
              <lb n="pkl_027.025"/>
              <p>4) <lg><l>Mein Vater, mein Vater! und siehst du nicht dort</l><lb n="pkl_027.026"/><l>Erlkönigs Töchter am düstern Ort? &#x2014;</l></lg> <lb n="pkl_027.027"/> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Göthe</hi>.</hi></p>
              <lb n="pkl_027.028"/>
            </div>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">VI</hi>. <hi rendition="#g">Tochäisch-daktylische Verse.</hi></hi> </head>
              <lb n="pkl_027.029"/>
              <p>  §. 41. Wie Jamben und Anapäste, finden sich <lb n="pkl_027.030"/>
auch häufig Trochäen und Daktylen gemischt, und <lb n="pkl_027.031"/>
zwar ebenfalls auf die mannichfaltigste Weise.</p>
              <lb n="pkl_027.032"/>
              <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Beispiele</hi>:</hi> </p>
              <lb n="pkl_027.033"/>
              <p>1) <lg><l>Als der Schenke die Flöte hielt,</l><lb n="pkl_027.034"/><l>Daß der Becher uns munde,</l></lg></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0053] pkl_027.001 V. Jambisch-anapästische Verse. pkl_027.002 §. 40. Gewöhnlich treten die Anapäste in Verbindung pkl_027.003 mit Jamben auf. Entweder leitet der Jambus pkl_027.004 den Vers ein, oder er vertritt auch noch in einem andern pkl_027.005 Takte die Stelle eines Anapästs, oder es wechseln pkl_027.006 in mannichfacher Folge Jamben und Anapäste ab. pkl_027.007 Solche aus Jamben und Anapästen gemischte Verse pkl_027.008 heißen alcäische. — Wenn bloß der erste Fuß jambisch, pkl_027.009 jeder folgende anapästisch ist und der letzte eine pkl_027.010 überzählige kurze Silbe hat (wie in Beispiel 1, Zeile 1, 2), pkl_027.011 so wird der Vers auch wohl ein amphibrachischer pkl_027.012 genannt, weil er sich dann auch in amphibrachische pkl_027.013 Verstheile ( [Abbildung] ) zerlegen läßt. pkl_027.014 Beispiele: pkl_027.015 1) Es freut sich die Gottheit der reuigen Sünder; pkl_027.016 Unsterbliche heben verlorene Kinder pkl_027.017 Mit feurigen Armen zum Himmel empor. pkl_027.018 Göthe. pkl_027.019 2) Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp, pkl_027.020 Zu tauchen in diesen Schlund? u. s. w. pkl_027.021 Schiller. pkl_027.022 3) Es reden und träumen die Menschen viel pkl_027.023 Von bessern künftigen Tagen. pkl_027.024 Schiller. pkl_027.025 4) Mein Vater, mein Vater! und siehst du nicht dort pkl_027.026 Erlkönigs Töchter am düstern Ort? — pkl_027.027 Göthe. pkl_027.028 VI. Tochäisch-daktylische Verse. pkl_027.029 §. 41. Wie Jamben und Anapäste, finden sich pkl_027.030 auch häufig Trochäen und Daktylen gemischt, und pkl_027.031 zwar ebenfalls auf die mannichfaltigste Weise. pkl_027.032 Beispiele: pkl_027.033 1) Als der Schenke die Flöte hielt, pkl_027.034 Daß der Becher uns munde,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/53
Zitationshilfe: Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/53>, abgerufen am 25.11.2024.