Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.pkl_015.001 §. 22. Wie es in der Musik Pausen giebt, pkl_015.008 pkl_015.001 §. 22. Wie es in der Musik Pausen giebt, pkl_015.008 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0041" n="15"/><lb n="pkl_015.001"/> fällt dieser verwirrende Umstand mit wenigen Ausnahmen <lb n="pkl_015.002"/> weg. Der Ausnahmen würden noch weniger sein, <lb n="pkl_015.003"/> wenn der Spondeus nicht wäre. Glücklicher Weise <lb n="pkl_015.004"/> kommt bei uns dieser Fuß aber fast nur in Nachahmungen <lb n="pkl_015.005"/> antiker Silbenmaaße als wirklicher und beabsichtigter <lb n="pkl_015.006"/> Versfuß vor.</p> <lb n="pkl_015.007"/> <p> §. 22. Wie es in der Musik <hi rendition="#g">Pausen</hi> giebt, <lb n="pkl_015.008"/> d. i. Stellen, wo der Rhythmus fortgezählt wird, ohne <lb n="pkl_015.009"/> durch Töne erfüllt zu sein, so erscheinen auch im <lb n="pkl_015.010"/> <hi rendition="#g">Versrhythmus</hi> Pausen. Jnsofern diese für die <lb n="pkl_015.011"/> Stellen, an welchen sie sich befinden, von dem Dichter <lb n="pkl_015.012"/> aus Rücksicht auf den Bau und den Wohlklang der <lb n="pkl_015.013"/> Verse absichtlich angewendet werden, namentlich aber, <lb n="pkl_015.014"/> wenn sie von den Gesetzen der betreffenden Versart <lb n="pkl_015.015"/> vorgeschrieben sind, heißen sie <hi rendition="#g">Cäsuren,</hi> (Verscäsuren). <lb n="pkl_015.016"/> — Schon dadurch, daß der Wortfuß nicht mit <lb n="pkl_015.017"/> dem Versfuß congruirt (wie es in den Versen der <lb n="pkl_015.018"/> Alten fast immer, in deutschen Versen doch häufig der <lb n="pkl_015.019"/> Fall ist) und also das Wortende innerhalb eines Versfußes <lb n="pkl_015.020"/> fällt, entsteht oft ein leiser, bei geeignetem Lesen dem <lb n="pkl_015.021"/> Ohr in etwa vernehmbar werdender Einschnitt, den man <lb n="pkl_015.022"/> Cäsur, <hi rendition="#g">Fußcäsur</hi> nennt. Weit stärker aber wird die <lb n="pkl_015.023"/> Cäsur, wenn sie zugleich in dem betreffenden Verse <lb n="pkl_015.024"/> eine <hi rendition="#g">logische Pause</hi> ausmacht, d. h. den Satzverband <lb n="pkl_015.025"/> als solchen durch Jnterpunktion trennt. (Beispiel <lb n="pkl_015.026"/> 1, Zeile 1, und Beispiel 3, Zeile 2.) Die logische <lb n="pkl_015.027"/> Pause braucht jedoch nicht immer mit der Verscäsur <lb n="pkl_015.028"/> zusammen zu fallen, sondern kann auch selbstständig <lb n="pkl_015.029"/> für sich eintreten. (Beispiel 3, Zeile 1.) Die <hi rendition="#g">Verscäsur</hi> <lb n="pkl_015.030"/> ist oft zugleich <hi rendition="#g">Fußcäsur</hi> (Beispiel 1 und 2), <lb n="pkl_015.031"/> häufig aber fällt auch die Verscäsur an das Ende </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [15/0041]
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fällt dieser verwirrende Umstand mit wenigen Ausnahmen pkl_015.002
weg. Der Ausnahmen würden noch weniger sein, pkl_015.003
wenn der Spondeus nicht wäre. Glücklicher Weise pkl_015.004
kommt bei uns dieser Fuß aber fast nur in Nachahmungen pkl_015.005
antiker Silbenmaaße als wirklicher und beabsichtigter pkl_015.006
Versfuß vor.
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§. 22. Wie es in der Musik Pausen giebt, pkl_015.008
d. i. Stellen, wo der Rhythmus fortgezählt wird, ohne pkl_015.009
durch Töne erfüllt zu sein, so erscheinen auch im pkl_015.010
Versrhythmus Pausen. Jnsofern diese für die pkl_015.011
Stellen, an welchen sie sich befinden, von dem Dichter pkl_015.012
aus Rücksicht auf den Bau und den Wohlklang der pkl_015.013
Verse absichtlich angewendet werden, namentlich aber, pkl_015.014
wenn sie von den Gesetzen der betreffenden Versart pkl_015.015
vorgeschrieben sind, heißen sie Cäsuren, (Verscäsuren). pkl_015.016
— Schon dadurch, daß der Wortfuß nicht mit pkl_015.017
dem Versfuß congruirt (wie es in den Versen der pkl_015.018
Alten fast immer, in deutschen Versen doch häufig der pkl_015.019
Fall ist) und also das Wortende innerhalb eines Versfußes pkl_015.020
fällt, entsteht oft ein leiser, bei geeignetem Lesen dem pkl_015.021
Ohr in etwa vernehmbar werdender Einschnitt, den man pkl_015.022
Cäsur, Fußcäsur nennt. Weit stärker aber wird die pkl_015.023
Cäsur, wenn sie zugleich in dem betreffenden Verse pkl_015.024
eine logische Pause ausmacht, d. h. den Satzverband pkl_015.025
als solchen durch Jnterpunktion trennt. (Beispiel pkl_015.026
1, Zeile 1, und Beispiel 3, Zeile 2.) Die logische pkl_015.027
Pause braucht jedoch nicht immer mit der Verscäsur pkl_015.028
zusammen zu fallen, sondern kann auch selbstständig pkl_015.029
für sich eintreten. (Beispiel 3, Zeile 1.) Die Verscäsur pkl_015.030
ist oft zugleich Fußcäsur (Beispiel 1 und 2), pkl_015.031
häufig aber fällt auch die Verscäsur an das Ende
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