pkl_177.001 herrschenden Ton zu treffen, so nennt man es Conversationsstück.
pkl_177.002 pkl_177.003
§. 238. Was die Form des Lustspiels betrifft, pkl_177.004 so hat man sich dabei meistentheils der Prosa bedient. pkl_177.005 Die Behauptung, daß der Vers für das Lustspiel pkl_177.006 nicht passe, läßt sich jedoch deshalb nicht aufstellen; pkl_177.007 obwohl nicht zu leugnen ist, daß eine poetische Freiheit pkl_177.008 in Rücksicht des Ausdrucks, wie sie andere Dichtungsarten pkl_177.009 gestatten, ja zum Theil fordern, hier nicht angewendet pkl_177.010 werden darf. "Jm Lustspiel soll der Vers pkl_177.011 nur zu größerer Leichtigkeit, Gewandtheit und Zierlichkeit pkl_177.012 des Dialogs dienen. Der Versbau muß, unbeschadet pkl_177.013 dem Gebräuchlichen, Ungezwungenen, ja pkl_177.014 Nachlässigen des Gesprächstones, sich von selbst einzustellen pkl_177.015 scheinen." Deshalb hat über die Angemessenheit pkl_177.016 des Verses oder der Prosa nur der Gegenstand zu pkl_177.017 entscheiden. Daß die Bequemlichkeit der Dichter dabei pkl_177.018 (wie häufig der Fall ist) den Ausschlag gebe, ist nicht pkl_177.019 zu wünschen. Die versifizirten Lustspiele erscheinen meist pkl_177.020 in gereimten Alexandrinern, so wie in kürzern jambischen pkl_177.021 oder trochäischen Versen (und zwar ebenfalls mit pkl_177.022 Anwendung des Reims). Den für die Tragödie und pkl_177.023 das Schauspiel so häufig gebrauchten fünffüßigen Jambus pkl_177.024 hat man mit Recht nur sehr selten angewendet.
pkl_177.025
§. 239. Es ist eine bekannte und leider! begründete pkl_177.026 Klage, daß wir es im Fache des Lustspiels noch pkl_177.027 zu keinen ersprießlichen Resultaten gebracht haben. Wir pkl_177.028 suchen die Ursachen dieser unerfreulichen Erscheinung pkl_177.029 nicht, wie Einige, in einer nationalen Unfähigkeit,pkl_177.030 in dem "deutschen Ernst," sondern finden sie, pkl_177.031 mit Gervinus, nur in unsern Verhältnissen.
pkl_177.001 herrschenden Ton zu treffen, so nennt man es Conversationsstück.
pkl_177.002 pkl_177.003
§. 238. Was die Form des Lustspiels betrifft, pkl_177.004 so hat man sich dabei meistentheils der Prosa bedient. pkl_177.005 Die Behauptung, daß der Vers für das Lustspiel pkl_177.006 nicht passe, läßt sich jedoch deshalb nicht aufstellen; pkl_177.007 obwohl nicht zu leugnen ist, daß eine poetische Freiheit pkl_177.008 in Rücksicht des Ausdrucks, wie sie andere Dichtungsarten pkl_177.009 gestatten, ja zum Theil fordern, hier nicht angewendet pkl_177.010 werden darf. „Jm Lustspiel soll der Vers pkl_177.011 nur zu größerer Leichtigkeit, Gewandtheit und Zierlichkeit pkl_177.012 des Dialogs dienen. Der Versbau muß, unbeschadet pkl_177.013 dem Gebräuchlichen, Ungezwungenen, ja pkl_177.014 Nachlässigen des Gesprächstones, sich von selbst einzustellen pkl_177.015 scheinen.“ Deshalb hat über die Angemessenheit pkl_177.016 des Verses oder der Prosa nur der Gegenstand zu pkl_177.017 entscheiden. Daß die Bequemlichkeit der Dichter dabei pkl_177.018 (wie häufig der Fall ist) den Ausschlag gebe, ist nicht pkl_177.019 zu wünschen. Die versifizirten Lustspiele erscheinen meist pkl_177.020 in gereimten Alexandrinern, so wie in kürzern jambischen pkl_177.021 oder trochäischen Versen (und zwar ebenfalls mit pkl_177.022 Anwendung des Reims). Den für die Tragödie und pkl_177.023 das Schauspiel so häufig gebrauchten fünffüßigen Jambus pkl_177.024 hat man mit Recht nur sehr selten angewendet.
pkl_177.025
§. 239. Es ist eine bekannte und leider! begründete pkl_177.026 Klage, daß wir es im Fache des Lustspiels noch pkl_177.027 zu keinen ersprießlichen Resultaten gebracht haben. Wir pkl_177.028 suchen die Ursachen dieser unerfreulichen Erscheinung pkl_177.029 nicht, wie Einige, in einer nationalen Unfähigkeit,pkl_177.030 in dem „deutschen Ernst,“ sondern finden sie, pkl_177.031 mit Gervinus, nur in unsern Verhältnissen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0203"n="177"/><lbn="pkl_177.001"/>
herrschenden Ton zu treffen, so nennt man es <hirendition="#g">Conversationsstück.</hi></p><lbn="pkl_177.002"/><lbn="pkl_177.003"/><p> §. 238. Was die <hirendition="#g">Form</hi> des Lustspiels betrifft, <lbn="pkl_177.004"/>
so hat man sich dabei meistentheils der <hirendition="#g">Prosa</hi> bedient. <lbn="pkl_177.005"/>
Die Behauptung, daß der <hirendition="#g">Vers</hi> für das Lustspiel <lbn="pkl_177.006"/>
nicht <hirendition="#g">passe,</hi> läßt sich jedoch deshalb nicht aufstellen; <lbn="pkl_177.007"/>
obwohl nicht zu leugnen ist, daß eine poetische Freiheit <lbn="pkl_177.008"/>
in Rücksicht des Ausdrucks, wie sie andere Dichtungsarten <lbn="pkl_177.009"/>
gestatten, ja zum Theil fordern, hier nicht angewendet <lbn="pkl_177.010"/>
werden darf. „Jm Lustspiel soll der Vers <lbn="pkl_177.011"/>
nur zu größerer Leichtigkeit, Gewandtheit und Zierlichkeit <lbn="pkl_177.012"/>
des Dialogs dienen. Der Versbau muß, unbeschadet <lbn="pkl_177.013"/>
dem Gebräuchlichen, Ungezwungenen, ja <lbn="pkl_177.014"/>
Nachlässigen des Gesprächstones, sich von selbst einzustellen <lbn="pkl_177.015"/>
scheinen.“ Deshalb hat über die Angemessenheit <lbn="pkl_177.016"/>
des Verses oder der Prosa nur der Gegenstand zu <lbn="pkl_177.017"/>
entscheiden. Daß die Bequemlichkeit der Dichter dabei <lbn="pkl_177.018"/>
(wie häufig der Fall ist) den Ausschlag gebe, ist nicht <lbn="pkl_177.019"/>
zu wünschen. Die versifizirten Lustspiele erscheinen meist <lbn="pkl_177.020"/>
in gereimten Alexandrinern, so wie in kürzern jambischen <lbn="pkl_177.021"/>
oder trochäischen Versen (und zwar ebenfalls mit <lbn="pkl_177.022"/>
Anwendung des Reims). Den für die Tragödie und <lbn="pkl_177.023"/>
das Schauspiel so häufig gebrauchten fünffüßigen Jambus <lbn="pkl_177.024"/>
hat man mit Recht nur sehr selten angewendet.</p><lbn="pkl_177.025"/><p> §. 239. Es ist eine bekannte und leider! begründete <lbn="pkl_177.026"/>
Klage, daß wir es im Fache des Lustspiels noch <lbn="pkl_177.027"/>
zu keinen ersprießlichen Resultaten gebracht haben. Wir <lbn="pkl_177.028"/>
suchen die Ursachen dieser unerfreulichen Erscheinung <lbn="pkl_177.029"/>
nicht, wie Einige, in einer <hirendition="#g">nationalen Unfähigkeit,</hi><lbn="pkl_177.030"/>
in dem „<hirendition="#g">deutschen Ernst,</hi>“ sondern finden sie, <lbn="pkl_177.031"/>
mit <hirendition="#g">Gervinus, nur in unsern Verhältnissen.</hi></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[177/0203]
pkl_177.001
herrschenden Ton zu treffen, so nennt man es Conversationsstück.
pkl_177.002
pkl_177.003
§. 238. Was die Form des Lustspiels betrifft, pkl_177.004
so hat man sich dabei meistentheils der Prosa bedient. pkl_177.005
Die Behauptung, daß der Vers für das Lustspiel pkl_177.006
nicht passe, läßt sich jedoch deshalb nicht aufstellen; pkl_177.007
obwohl nicht zu leugnen ist, daß eine poetische Freiheit pkl_177.008
in Rücksicht des Ausdrucks, wie sie andere Dichtungsarten pkl_177.009
gestatten, ja zum Theil fordern, hier nicht angewendet pkl_177.010
werden darf. „Jm Lustspiel soll der Vers pkl_177.011
nur zu größerer Leichtigkeit, Gewandtheit und Zierlichkeit pkl_177.012
des Dialogs dienen. Der Versbau muß, unbeschadet pkl_177.013
dem Gebräuchlichen, Ungezwungenen, ja pkl_177.014
Nachlässigen des Gesprächstones, sich von selbst einzustellen pkl_177.015
scheinen.“ Deshalb hat über die Angemessenheit pkl_177.016
des Verses oder der Prosa nur der Gegenstand zu pkl_177.017
entscheiden. Daß die Bequemlichkeit der Dichter dabei pkl_177.018
(wie häufig der Fall ist) den Ausschlag gebe, ist nicht pkl_177.019
zu wünschen. Die versifizirten Lustspiele erscheinen meist pkl_177.020
in gereimten Alexandrinern, so wie in kürzern jambischen pkl_177.021
oder trochäischen Versen (und zwar ebenfalls mit pkl_177.022
Anwendung des Reims). Den für die Tragödie und pkl_177.023
das Schauspiel so häufig gebrauchten fünffüßigen Jambus pkl_177.024
hat man mit Recht nur sehr selten angewendet.
pkl_177.025
§. 239. Es ist eine bekannte und leider! begründete pkl_177.026
Klage, daß wir es im Fache des Lustspiels noch pkl_177.027
zu keinen ersprießlichen Resultaten gebracht haben. Wir pkl_177.028
suchen die Ursachen dieser unerfreulichen Erscheinung pkl_177.029
nicht, wie Einige, in einer nationalen Unfähigkeit, pkl_177.030
in dem „deutschen Ernst,“ sondern finden sie, pkl_177.031
mit Gervinus, nur in unsern Verhältnissen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/203>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.