Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.pkl_123.001 §. 181. Die Versinnlichung ist entweder eine unmittelbare pkl_123.010 Die personificirende Allegorie hat -- mit wenigen pkl_123.025 pkl_123.001 §. 181. Die Versinnlichung ist entweder eine unmittelbare pkl_123.010 Die personificirende Allegorie hat — mit wenigen pkl_123.025 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0149" n="123"/><lb n="pkl_123.001"/> Produkte der Kunst, welche eine abstrakte Vorstellung, <lb n="pkl_123.002"/> eine Jdee versinnlichen, verkörpern sollen. Als <hi rendition="#g">Erzeugniß <lb n="pkl_123.003"/> der Poesie</hi> insbesondere <hi rendition="#g">bezeichnet Allegorie <lb n="pkl_123.004"/> ein Gedicht, das einen übersinnlichen <lb n="pkl_123.005"/> Gegenstand unter einem ihm vollkommen <lb n="pkl_123.006"/> entsprechenden Bilde,</hi> das entweder ein einfaches, <lb n="pkl_123.007"/> oder ein, aus mehreren einzelnen Bildern zusammengesetztes <lb n="pkl_123.008"/> sein kann, <hi rendition="#g">schildert, versinnlicht.</hi></p> <lb n="pkl_123.009"/> <p> §. 181. Die Versinnlichung ist entweder eine <hi rendition="#g">unmittelbare</hi> <lb n="pkl_123.010"/> oder eine <hi rendition="#g">mittelbare.</hi> Eine <hi rendition="#g">unmittelbare</hi> <lb n="pkl_123.011"/> Versinnlichung findet statt, wenn der Dichter <lb n="pkl_123.012"/> den übersinnlichen Gegenstand als ein sinnliches Wesen <lb n="pkl_123.013"/> erscheinen läßt, wenn er ihn <hi rendition="#g">verkörpert, personificirt. <lb n="pkl_123.014"/> (Personificirende Allegorie.) <anchor xml:id="kl001"/> Mittelbar</hi> <lb n="pkl_123.015"/> nennen wir die Versinnlichung, wenn Gegenstände <lb n="pkl_123.016"/> der Wirklichkeit als Träger oder Sinnbilder der darzustellenden <lb n="pkl_123.017"/> Jdee vorgeführt werden und zwar entweder <lb n="pkl_123.018"/> dadurch, daß die menschliche Empfindungs-, Denk- <lb n="pkl_123.019"/> und Thatkraft auf Naturgegenstände übergetragen wird <lb n="pkl_123.020"/> (<hi rendition="#g">anthropomorphische Allegorie</hi>); oder dadurch, <lb n="pkl_123.021"/> daß man an die Stelle des Hauptbildes ein Gegenbild <lb n="pkl_123.022"/> setzt, welches das erstere versinnlicht (<hi rendition="#g">metaphorische <lb n="pkl_123.023"/> Allegorie</hi>). <anchor xml:id="kl002"/> <note targetEnd="#kl002" type="metapher" ana="#m1-0-1-1 #m1-7-1-2 #m1-11-2 #m1-8-1-0" target="#kl001"> Allegorie als Oberkategorie der metaphorischen Allegorie (-Metapher, in diesem Fall) (Begriffsabgrenzung); (metaphorische) Allegorie wird als genuines Mittel der Poesie verstanden (siehe Kontext)</note> </p> <lb n="pkl_123.024"/> <p> Die personificirende Allegorie hat — mit wenigen <lb n="pkl_123.025"/> Ausnahmen — nur dann Werth, wenn die Verkörperung <lb n="pkl_123.026"/> eine bereits allgemein angenommene, durch vielfachen <lb n="pkl_123.027"/> Gebrauch anschaulich gewordene ist. Sobald die <lb n="pkl_123.028"/> Personifikation nur ein neues Gebilde der dichterischen <lb n="pkl_123.029"/> Phantasie ist, geräth die Allegorie in Gefahr, aus der <lb n="pkl_123.030"/> Abstraktion in die Abstraktion zu führen, statt dieselbe <lb n="pkl_123.031"/> sinnlich-faßlich zu machen.</p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0149]
pkl_123.001
Produkte der Kunst, welche eine abstrakte Vorstellung, pkl_123.002
eine Jdee versinnlichen, verkörpern sollen. Als Erzeugniß pkl_123.003
der Poesie insbesondere bezeichnet Allegorie pkl_123.004
ein Gedicht, das einen übersinnlichen pkl_123.005
Gegenstand unter einem ihm vollkommen pkl_123.006
entsprechenden Bilde, das entweder ein einfaches, pkl_123.007
oder ein, aus mehreren einzelnen Bildern zusammengesetztes pkl_123.008
sein kann, schildert, versinnlicht.
pkl_123.009
§. 181. Die Versinnlichung ist entweder eine unmittelbare pkl_123.010
oder eine mittelbare. Eine unmittelbare pkl_123.011
Versinnlichung findet statt, wenn der Dichter pkl_123.012
den übersinnlichen Gegenstand als ein sinnliches Wesen pkl_123.013
erscheinen läßt, wenn er ihn verkörpert, personificirt. pkl_123.014
(Personificirende Allegorie.) Mittelbar pkl_123.015
nennen wir die Versinnlichung, wenn Gegenstände pkl_123.016
der Wirklichkeit als Träger oder Sinnbilder der darzustellenden pkl_123.017
Jdee vorgeführt werden und zwar entweder pkl_123.018
dadurch, daß die menschliche Empfindungs-, Denk- pkl_123.019
und Thatkraft auf Naturgegenstände übergetragen wird pkl_123.020
(anthropomorphische Allegorie); oder dadurch, pkl_123.021
daß man an die Stelle des Hauptbildes ein Gegenbild pkl_123.022
setzt, welches das erstere versinnlicht (metaphorische pkl_123.023
Allegorie). Allegorie als Oberkategorie der metaphorischen Allegorie (-Metapher, in diesem Fall) (Begriffsabgrenzung); (metaphorische) Allegorie wird als genuines Mittel der Poesie verstanden (siehe Kontext)
pkl_123.024
Die personificirende Allegorie hat — mit wenigen pkl_123.025
Ausnahmen — nur dann Werth, wenn die Verkörperung pkl_123.026
eine bereits allgemein angenommene, durch vielfachen pkl_123.027
Gebrauch anschaulich gewordene ist. Sobald die pkl_123.028
Personifikation nur ein neues Gebilde der dichterischen pkl_123.029
Phantasie ist, geräth die Allegorie in Gefahr, aus der pkl_123.030
Abstraktion in die Abstraktion zu führen, statt dieselbe pkl_123.031
sinnlich-faßlich zu machen.
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