Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.pkl_101.001 §. 150. Der Umstand, daß die Elegien der Alten pkl_101.014 §. 151. Die Elegie ist, wenn auch nicht mit besonderer pkl_101.029 pkl_101.001 §. 150. Der Umstand, daß die Elegien der Alten pkl_101.014 §. 151. Die Elegie ist, wenn auch nicht mit besonderer pkl_101.029 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0127" n="101"/><lb n="pkl_101.001"/> gerade etwas Uebersinnliches, <hi rendition="#g">wirklich Jdeales</hi> sei, <lb n="pkl_101.002"/> auch gewöhnliche Dinge des Lebens können dem Elegien-Dichter <lb n="pkl_101.003"/> zum Vorwurf dienen, doch werden dieselben <lb n="pkl_101.004"/> immer <hi rendition="#g">idealisirt</hi> erscheinen. Denn es liegt in <lb n="pkl_101.005"/> der Natur der Klage und der Sehnsucht, den beklagten <lb n="pkl_101.006"/> oder herbeigesehnten Gegenstand in höherem, vollkommenerem <lb n="pkl_101.007"/> Lichte zu sehen. Wenn der vorherrschende Ton <lb n="pkl_101.008"/> der Elegie auch der der Wehmuth, des Schmerzes ist, <lb n="pkl_101.009"/> so darf sich der Schmerz doch nie zur <hi rendition="#g">Leidenschaftlichkeit</hi> <lb n="pkl_101.010"/> steigern, vielmehr muß das Gemüth ruhig <lb n="pkl_101.011"/> bleiben und gleichsam in dem Ausdruck seiner Leiden <lb n="pkl_101.012"/> selbst Trost, Freude, Genuß finden.</p> <lb n="pkl_101.013"/> <p> §. 150. Der Umstand, daß die Elegien der Alten <lb n="pkl_101.014"/> in <hi rendition="#g">Distichen</hi> geschrieben sind, hat Mehrere veranlaßt, <lb n="pkl_101.015"/> ohne Rücksicht auf den Jnhalt, alle lyrischen Gedichte, <lb n="pkl_101.016"/> die in dieser Form auftreten, Elegien zu nennen. Wir <lb n="pkl_101.017"/> meinen mit Unrecht. Freilich entspricht das sogenannte <lb n="pkl_101.018"/> <hi rendition="#g">elegische Versmaaß</hi> dem Charakter der Elegie vorzüglich <lb n="pkl_101.019"/> gut, aber es <hi rendition="#g">bestimmt</hi> denselben nicht und <lb n="pkl_101.020"/> kann (die Beweise liegen in ältern und neuern Gedichten <lb n="pkl_101.021"/> vor!) auch für ganz <hi rendition="#g">andern,</hi> als <hi rendition="#g">elegischen</hi> <lb n="pkl_101.022"/> Jnhalt gebraucht werden. Die <hi rendition="#g">moderne</hi> Elegie ist <lb n="pkl_101.023"/> an kein besonderes Metrum gebunden, doch versteht es <lb n="pkl_101.024"/> sich von selbst, daß das gewählte immer dem Jnhalt <lb n="pkl_101.025"/> gemäß sein muß. Am angemessensten erscheinen, neben <lb n="pkl_101.026"/> der von vielen Dichtern beibehaltenen <hi rendition="#g">antiken Form, <lb n="pkl_101.027"/> fünffüßige Trochäen</hi> oder <hi rendition="#g">Jamben.</hi></p> <lb n="pkl_101.028"/> <p> §. 151. Die Elegie ist, wenn auch nicht mit besonderer <lb n="pkl_101.029"/> Vorliebe, doch, zumal seit <hi rendition="#g">Klopstock,</hi> vielfältig <lb n="pkl_101.030"/> und mit Erfolg angebaut worden. Viele der <lb n="pkl_101.031"/> bessern Elegien haben eine (beziehungsweise!) allgemeine </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0127]
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gerade etwas Uebersinnliches, wirklich Jdeales sei, pkl_101.002
auch gewöhnliche Dinge des Lebens können dem Elegien-Dichter pkl_101.003
zum Vorwurf dienen, doch werden dieselben pkl_101.004
immer idealisirt erscheinen. Denn es liegt in pkl_101.005
der Natur der Klage und der Sehnsucht, den beklagten pkl_101.006
oder herbeigesehnten Gegenstand in höherem, vollkommenerem pkl_101.007
Lichte zu sehen. Wenn der vorherrschende Ton pkl_101.008
der Elegie auch der der Wehmuth, des Schmerzes ist, pkl_101.009
so darf sich der Schmerz doch nie zur Leidenschaftlichkeit pkl_101.010
steigern, vielmehr muß das Gemüth ruhig pkl_101.011
bleiben und gleichsam in dem Ausdruck seiner Leiden pkl_101.012
selbst Trost, Freude, Genuß finden.
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§. 150. Der Umstand, daß die Elegien der Alten pkl_101.014
in Distichen geschrieben sind, hat Mehrere veranlaßt, pkl_101.015
ohne Rücksicht auf den Jnhalt, alle lyrischen Gedichte, pkl_101.016
die in dieser Form auftreten, Elegien zu nennen. Wir pkl_101.017
meinen mit Unrecht. Freilich entspricht das sogenannte pkl_101.018
elegische Versmaaß dem Charakter der Elegie vorzüglich pkl_101.019
gut, aber es bestimmt denselben nicht und pkl_101.020
kann (die Beweise liegen in ältern und neuern Gedichten pkl_101.021
vor!) auch für ganz andern, als elegischen pkl_101.022
Jnhalt gebraucht werden. Die moderne Elegie ist pkl_101.023
an kein besonderes Metrum gebunden, doch versteht es pkl_101.024
sich von selbst, daß das gewählte immer dem Jnhalt pkl_101.025
gemäß sein muß. Am angemessensten erscheinen, neben pkl_101.026
der von vielen Dichtern beibehaltenen antiken Form, pkl_101.027
fünffüßige Trochäen oder Jamben.
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§. 151. Die Elegie ist, wenn auch nicht mit besonderer pkl_101.029
Vorliebe, doch, zumal seit Klopstock, vielfältig pkl_101.030
und mit Erfolg angebaut worden. Viele der pkl_101.031
bessern Elegien haben eine (beziehungsweise!) allgemeine
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