pkl_085.001 Entschlossenheit, Muth, Freude sprechen sich in pkl_085.002 vierfüßigen, naive, tändelnde Gefühle in zwei-pkl_085.003 und dreifüßigen Jamben, Heiterkeit, gesellige pkl_085.004 Fröhlichkeit in längern jambischen oder in pkl_085.005 jambisch-anapästischen Versen aus. Auch trochäisch-daktylischepkl_085.006 Verse werden oft mit gutem pkl_085.007 Erfolg für den Ausdruck gesteigerter Freude gebraucht.
pkl_085.008
§. 122. Endlich fordert auch der Reim seine sorgfältige pkl_085.009 Beachtung. Wie wir schon oben (§. 65) bemerkt pkl_085.010 haben, kann das Lied denselben nur schwer entbehren. pkl_085.011 Wir finden ihn -- mit sehr wenigen Ausnahmen -- pkl_085.012 in allen deutschen Liedern. Und nicht mit Unrecht. pkl_085.013 Der Reim verleiht dadurch, daß er gleichsam schon pkl_085.014 eine Composition des Liedes bildet, demselben einen pkl_085.015 wundersamen Reiz; er vermag vorzugsweise die vollendete pkl_085.016 Harmonie der geschilderten Gefühle zu charakterisiren. pkl_085.017 Denn gerade im Liede lassen sich alle die, oben angedeuteten pkl_085.018 (möglichen) Schönheiten des Reimes am besten pkl_085.019 und vollständigsten entwickeln, alle die Wirkungen, pkl_085.020 die man durch denselben bezwecken kann, am leichtesten pkl_085.021 erreichen. Darum wird der Dichter immer auf die pkl_085.022 entsprechendsten, schönsten Reime vorzugsweise pkl_085.023 beim Liede bedacht sein müssen. Reimkünsteleienpkl_085.024 passen aber zu dem Charakter des Liedes eben so wenig, pkl_085.025 als künstliche und zusammengesetzte Versmaaße.pkl_085.026 Nur in naiv-komischen Gedichten dieser Art ist so etwas pkl_085.027 zuweilen mit guter Wirkung zu brauchen.
pkl_085.028
§. 123. Die Lieder zerfallen nach ihrem Jnhalt pkl_085.029 zunächst in zwei Hauptklassen, in religiöse oder pkl_085.030 geistliche und in sogenannte weltliche Lieder.
pkl_085.031
§. 124. Das religiöse Lied schildert immer
pkl_085.001 Entschlossenheit, Muth, Freude sprechen sich in pkl_085.002 vierfüßigen, naive, tändelnde Gefühle in zwei-pkl_085.003 und dreifüßigen Jamben, Heiterkeit, gesellige pkl_085.004 Fröhlichkeit in längern jambischen oder in pkl_085.005 jambisch-anapästischen Versen aus. Auch trochäisch-daktylischepkl_085.006 Verse werden oft mit gutem pkl_085.007 Erfolg für den Ausdruck gesteigerter Freude gebraucht.
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§. 122. Endlich fordert auch der Reim seine sorgfältige pkl_085.009 Beachtung. Wie wir schon oben (§. 65) bemerkt pkl_085.010 haben, kann das Lied denselben nur schwer entbehren. pkl_085.011 Wir finden ihn — mit sehr wenigen Ausnahmen — pkl_085.012 in allen deutschen Liedern. Und nicht mit Unrecht. pkl_085.013 Der Reim verleiht dadurch, daß er gleichsam schon pkl_085.014 eine Composition des Liedes bildet, demselben einen pkl_085.015 wundersamen Reiz; er vermag vorzugsweise die vollendete pkl_085.016 Harmonie der geschilderten Gefühle zu charakterisiren. pkl_085.017 Denn gerade im Liede lassen sich alle die, oben angedeuteten pkl_085.018 (möglichen) Schönheiten des Reimes am besten pkl_085.019 und vollständigsten entwickeln, alle die Wirkungen, pkl_085.020 die man durch denselben bezwecken kann, am leichtesten pkl_085.021 erreichen. Darum wird der Dichter immer auf die pkl_085.022 entsprechendsten, schönsten Reime vorzugsweise pkl_085.023 beim Liede bedacht sein müssen. Reimkünsteleienpkl_085.024 passen aber zu dem Charakter des Liedes eben so wenig, pkl_085.025 als künstliche und zusammengesetzte Versmaaße.pkl_085.026 Nur in naiv-komischen Gedichten dieser Art ist so etwas pkl_085.027 zuweilen mit guter Wirkung zu brauchen.
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Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/111>, abgerufen am 16.02.2025.
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