Kirchner, Timotheus: Von der Erbsünde was sie eigentlich vnd nach der heiligen Schrifft zu reden sey, vnnd warauff der heuptstreit in dieser sache beruhe. Jena, 1587.Gegentheil fürgibt / das der mensch selbst ohne vnterscheid eigendlich selbst die sünde sey. Denn er braucht in solchen Sprüchen das wort sünde figurlich für etwas das der sünden halben für Gott schüldig vnd verdampt ist vnd nicht das ohne vnterscheid selbst die sünde ist. Derwegen er auch nicht spricht / Gott mache die sünde selig / sondern den sündigen menschen mache er gerecht vnd selig von der sünde. Welchs alles mit sonderm vleis des Gegentheils verkehrung halben zu mercken ist. Spricht auch flugs darauff / darumb sey es in der Theologia zu thun / das der mensch erkenne / entpfinde vnnd erfare / quod sit reus peccati, reus & addictus morti, Das er schüldig sey der sünde / vnd dem Tode vnterworffen. Vnnd nicht darumb / das der mensch erkenne / das er eigendlich zu reden selbst vnnd ohne vnterscheid die sünde sey / oder das die sünde anders nichts sey / denn des menschen verderbte natur. Damit auch der Christliche Leser noch deutlicher verBeweis das D. Lutherus das wort (sünde) in diesem vnnd andern dergleichen Sprüchlein / nicht eigendlich sondern figurlich gebrauche. neme / das D. Lutherus mit solchen vnd dergleichen seinen reden nicht das habe andeuten wollen / das der mensch selbst eigendlich zu reden die sünde ohne vnterscheid sey: sondern das er des worts (sünde) in angeregten Sprüchen figurlich brauche / wollen wir seine eigene erklerung hiervon anhören / welche stehet cap. 3. ad Galat: Tom. 4. lat: pag. 94. Cum peccator venit reuera in noticiam sui, non solum sentit se peccatorem concretiue, seu adiectiue, sed etiam abstractiue, hoc est, non solum videtur sibi calamitosus, sed ipsa calamitas, non solum peccator & maledictus, sed ipsum peccatum & maledictum, vt in lingua latina, cum excellenter volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus / Das ist / Wenn ein armer sünder recht zu sein Gegentheil fürgibt / das der mensch selbst ohne vnterscheid eigendlich selbst die sünde sey. Denn er braucht in solchen Sprüchen das wort sünde figurlich für etwas das der sünden halben für Gott schüldig vnd verdampt ist vnd nicht das ohne vnterscheid selbst die sünde ist. Derwegen er auch nicht spricht / Gott mache die sünde selig / sondern den sündigen menschen mache er gerecht vnd selig von der sünde. Welchs alles mit sonderm vleis des Gegentheils verkehrung halben zu mercken ist. Spricht auch flugs darauff / darumb sey es in der Theologia zu thun / das der mensch erkenne / entpfinde vnnd erfare / quod sit reus peccati, reus & addictus morti, Das er schüldig sey der sünde / vnd dem Tode vnterworffen. Vnnd nicht darumb / das der mensch erkenne / das er eigendlich zu reden selbst vnnd ohne vnterscheid die sünde sey / oder das die sünde anders nichts sey / denn des menschen verderbte natur. Damit auch der Christliche Leser noch deutlicher verBeweis das D. Lutherus das wort (sünde) in diesem vnnd andern dergleichẽ Sprüchlein / nicht eigendlich sondern figurlich gebrauche. neme / das D. Lutherus mit solchen vnd dergleichen seinen reden nicht das habe andeuten wollen / das der mensch selbst eigendlich zu reden die sünde ohne vnterscheid sey: sondern das er des worts (sünde) in angeregten Sprüchen figurlich brauche / wollen wir seine eigene erklerung hiervon anhören / welche stehet cap. 3. ad Galat: Tom. 4. lat: pag. 94. Cum peccator venit reuera in noticiam sui, non solùm sentit se peccatorem concretiue, seu adiectiue, sed etiam abstractiue, hoc est, non solum videtur sibi calamitosus, sed ipsa calamitas, non solum peccator & maledictus, sed ipsum peccatum & maledictum, vt in lingua latina, cum excellenter volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus / Das ist / Wenn ein armer sünder recht zu sein <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0205"/> Gegentheil fürgibt / das der mensch selbst ohne vnterscheid eigendlich selbst die sünde sey. Denn er braucht in solchen Sprüchen das wort sünde figurlich für etwas das der sünden halben für Gott schüldig vnd verdampt ist vnd nicht das ohne vnterscheid selbst die sünde ist. Derwegen er auch nicht spricht / Gott mache die sünde selig / sondern den sündigen menschen mache er gerecht vnd selig von der sünde. Welchs alles mit sonderm vleis des Gegentheils verkehrung halben zu mercken ist. Spricht auch flugs darauff / darumb sey es in der Theologia zu thun / das der mensch erkenne / entpfinde vnnd erfare / quod sit reus peccati, reus & addictus morti, Das er schüldig sey der sünde / vnd dem Tode vnterworffen. Vnnd nicht darumb / das der mensch erkenne / das er eigendlich zu reden selbst vnnd ohne vnterscheid die sünde sey / oder das die sünde anders nichts sey / denn des menschen verderbte natur.</p> <p>Damit auch der Christliche Leser noch deutlicher ver<note place="right">Beweis das D. Lutherus das wort (sünde) in diesem vnnd andern dergleichẽ Sprüchlein / nicht eigendlich sondern figurlich gebrauche.</note> neme / das D. Lutherus mit solchen vnd dergleichen seinen reden nicht das habe andeuten wollen / das der mensch selbst eigendlich zu reden die sünde ohne vnterscheid sey: sondern das er des worts (sünde) in angeregten Sprüchen figurlich brauche / wollen wir seine eigene erklerung hiervon anhören / welche stehet cap. 3. ad Galat: Tom. 4. lat: pag. 94. Cum peccator venit reuera in noticiam sui, non solùm sentit se peccatorem concretiue, seu adiectiue, sed etiam abstractiue, hoc est, non solum videtur sibi calamitosus, sed ipsa calamitas, non solum peccator & maledictus, sed ipsum peccatum & maledictum, vt in lingua latina, cum excellenter volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus / Das ist / Wenn ein armer sünder recht zu sein </p> </div> </body> </text> </TEI> [0205]
Gegentheil fürgibt / das der mensch selbst ohne vnterscheid eigendlich selbst die sünde sey. Denn er braucht in solchen Sprüchen das wort sünde figurlich für etwas das der sünden halben für Gott schüldig vnd verdampt ist vnd nicht das ohne vnterscheid selbst die sünde ist. Derwegen er auch nicht spricht / Gott mache die sünde selig / sondern den sündigen menschen mache er gerecht vnd selig von der sünde. Welchs alles mit sonderm vleis des Gegentheils verkehrung halben zu mercken ist. Spricht auch flugs darauff / darumb sey es in der Theologia zu thun / das der mensch erkenne / entpfinde vnnd erfare / quod sit reus peccati, reus & addictus morti, Das er schüldig sey der sünde / vnd dem Tode vnterworffen. Vnnd nicht darumb / das der mensch erkenne / das er eigendlich zu reden selbst vnnd ohne vnterscheid die sünde sey / oder das die sünde anders nichts sey / denn des menschen verderbte natur.
Damit auch der Christliche Leser noch deutlicher ver neme / das D. Lutherus mit solchen vnd dergleichen seinen reden nicht das habe andeuten wollen / das der mensch selbst eigendlich zu reden die sünde ohne vnterscheid sey: sondern das er des worts (sünde) in angeregten Sprüchen figurlich brauche / wollen wir seine eigene erklerung hiervon anhören / welche stehet cap. 3. ad Galat: Tom. 4. lat: pag. 94. Cum peccator venit reuera in noticiam sui, non solùm sentit se peccatorem concretiue, seu adiectiue, sed etiam abstractiue, hoc est, non solum videtur sibi calamitosus, sed ipsa calamitas, non solum peccator & maledictus, sed ipsum peccatum & maledictum, vt in lingua latina, cum excellenter volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus / Das ist / Wenn ein armer sünder recht zu sein
Beweis das D. Lutherus das wort (sünde) in diesem vnnd andern dergleichẽ Sprüchlein / nicht eigendlich sondern figurlich gebrauche.
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Zitationshilfe: | Kirchner, Timotheus: Von der Erbsünde was sie eigentlich vnd nach der heiligen Schrifft zu reden sey, vnnd warauff der heuptstreit in dieser sache beruhe. Jena, 1587, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kirchner_erbsuende_1587/205>, abgerufen am 16.07.2024. |