Kirchner, Timotheus: Von der Erbsünde was sie eigentlich vnd nach der heiligen Schrifft zu reden sey, vnnd warauff der heuptstreit in dieser sache beruhe. Jena, 1587.Bleibt also gewis vnnd war / das Gegentheil auch aus diesem Spruch seine jrrige lehre nicht erweisen mag. 5. Einrede Gott sey der sünde gnedig in dem verstande da sie fürgeben / die sünde sey nichts anders denn vnsere verderbte natur selbst / vnnd sey kein vnterscheid zwischen der natur vnd ErbsündeZum fünfften führen sie ein den 25. Psalm / da Dauid betet / Gott wolle seiner Missethat gnedig sein / Ergo so sey der mensch die sünde oder missethat selbst. Antwort. Erstlich ist klar / das Dauid mit deutlichen worten sein natur oder sich selbst von seiner missethat vnterscheidet. Denn er spricht nicht (simpliciter) schlecht / ohne vnterscheid / Gott sey der missethat gnedig / sondern sey meiner missethat gnedig. Meiner missethat sey gnedig / vnd nicht sey der missethat gnedig. So lange nu das Gegentheil aus der Schrifft nicht erweiset (wie es denn solchs in Ewigkeit nicht erweisen kan) das jrgend in der Schrifft ein solcher Spruch stehe / welcher simpliciter oder schlecht vnd stracks aussage / das Gott der sünde eigentlich zu reden gnedig sey / so richtet es nichts aus / vnnd streitet vergebens. Nu setzet die Schrifft nirgend blos / oder simpliciter diese proposition oder rede / Gott sey der sünden eigentlich zu reden gnedig / sondern setzt darbey das wörtlein meiner oder vnser / oder dergleichen / dadurch sie deutlich vnterscheidet zwischen dem sünder vnd der sünde / vnd klar an tag gibt / wie sie ermelte art zu reden nicht von der sünde eigentlich zu reden / sondern von der gnedigen vergebung / so dem busfertigen sünder wiederfehret / wil verstanden haben. Fürs ander stehet im Hebreischen das wort (vesalachtha) vom Sala / das heist so viel / als aus gnaden verschonen / verzeihen / vergeben / das gehet aber eigentlich zu reden nicht auff die sünde / sondern auff Dauidem selbst. Betet also Dauid eigentlich zu reden nicht / das Gott der sünde als sünde wolle gnedig sein: sondern das er sein verschonen / vnd jhn nicht nach seinen sünden / die da gros waren / straffen wolle. Bleibt also gewis vnnd war / das Gegentheil auch aus diesem Spruch seine jrrige lehre nicht erweisen mag. 5. Einrede Gott sey der sünde gnedig in dem verstande da sie fürgeben / die sünde sey nichts anders denn vnsere verderbte natur selbst / vnnd sey kein vnterscheid zwischen der natur vnd ErbsündeZum fünfften führen sie ein den 25. Psalm / da Dauid betet / Gott wolle seiner Missethat gnedig sein / Ergo so sey der mensch die sünde oder missethat selbst. Antwort. Erstlich ist klar / das Dauid mit deutlichen worten sein natur oder sich selbst von seiner missethat vnterscheidet. Denn er spricht nicht (simpliciter) schlecht / ohne vnterscheid / Gott sey der missethat gnedig / sondern sey meiner missethat gnedig. Meiner missethat sey gnedig / vnd nicht sey der missethat gnedig. So lange nu das Gegentheil aus der Schrifft nicht erweiset (wie es denn solchs in Ewigkeit nicht erweisen kan) das jrgend in der Schrifft ein solcher Spruch stehe / welcher simpliciter oder schlecht vnd stracks aussage / das Gott der sünde eigentlich zu reden gnedig sey / so richtet es nichts aus / vnnd streitet vergebens. Nu setzet die Schrifft nirgend blos / oder simpliciter diese proposition oder rede / Gott sey der sünden eigentlich zu reden gnedig / sondern setzt darbey das wörtlein meiner oder vnser / oder dergleichen / dadurch sie deutlich vnterscheidet zwischen dem sünder vnd der sünde / vnd klar an tag gibt / wie sie ermelte art zu reden nicht von der sünde eigentlich zu reden / sondern von der gnedigen vergebung / so dem busfertigen sünder wiederfehret / wil verstanden haben. Fürs ander stehet im Hebreischen das wort (vesalachtha) vom Sala / das heist so viel / als aus gnaden verschonen / verzeihen / vergeben / das gehet aber eigentlich zu reden nicht auff die sünde / sondern auff Dauidem selbst. Betet also Dauid eigentlich zu reden nicht / das Gott der sünde als sünde wolle gnedig sein: sondern das er sein verschonen / vnd jhn nicht nach seinen sünden / die da gros waren / straffen wolle. <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0180"/> <p>Bleibt also gewis vnnd war / das Gegentheil auch aus diesem Spruch seine jrrige lehre nicht erweisen mag.</p> <note place="left">5. Einrede Gott sey der sünde gnedig in dem verstande da sie fürgeben / die sünde sey nichts anders denn vnsere verderbte natur selbst / vnnd sey kein vnterscheid zwischen der natur vnd Erbsünde</note> <p>Zum fünfften führen sie ein den 25. Psalm / da Dauid betet / Gott wolle seiner Missethat gnedig sein / Ergo so sey der mensch die sünde oder missethat selbst.</p> <p>Antwort. Erstlich ist klar / das Dauid mit deutlichen worten sein natur oder sich selbst von seiner missethat vnterscheidet. Denn er spricht nicht (simpliciter) schlecht / ohne vnterscheid / Gott sey der missethat gnedig / sondern sey meiner missethat gnedig. Meiner missethat sey gnedig / vnd nicht sey der missethat gnedig. So lange nu das Gegentheil aus der Schrifft nicht erweiset (wie es denn solchs in Ewigkeit nicht erweisen kan) das jrgend in der Schrifft ein solcher Spruch stehe / welcher simpliciter oder schlecht vnd stracks aussage / das Gott der sünde eigentlich zu reden gnedig sey / so richtet es nichts aus / vnnd streitet vergebens. Nu setzet die Schrifft nirgend blos / oder simpliciter diese proposition oder rede / Gott sey der sünden eigentlich zu reden gnedig / sondern setzt darbey das wörtlein meiner oder vnser / oder dergleichen / dadurch sie deutlich vnterscheidet zwischen dem sünder vnd der sünde / vnd klar an tag gibt / wie sie ermelte art zu reden nicht von der sünde eigentlich zu reden / sondern von der gnedigen vergebung / so dem busfertigen sünder wiederfehret / wil verstanden haben.</p> <p>Fürs ander stehet im Hebreischen das wort (vesalachtha) vom Sala / das heist so viel / als aus gnaden verschonen / verzeihen / vergeben / das gehet aber eigentlich zu reden nicht auff die sünde / sondern auff Dauidem selbst. Betet also Dauid eigentlich zu reden nicht / das Gott der sünde als sünde wolle gnedig sein: sondern das er sein verschonen / vnd jhn nicht nach seinen sünden / die da gros waren / straffen wolle.</p> </div> </body> </text> </TEI> [0180]
Bleibt also gewis vnnd war / das Gegentheil auch aus diesem Spruch seine jrrige lehre nicht erweisen mag.
Zum fünfften führen sie ein den 25. Psalm / da Dauid betet / Gott wolle seiner Missethat gnedig sein / Ergo so sey der mensch die sünde oder missethat selbst.
Antwort. Erstlich ist klar / das Dauid mit deutlichen worten sein natur oder sich selbst von seiner missethat vnterscheidet. Denn er spricht nicht (simpliciter) schlecht / ohne vnterscheid / Gott sey der missethat gnedig / sondern sey meiner missethat gnedig. Meiner missethat sey gnedig / vnd nicht sey der missethat gnedig. So lange nu das Gegentheil aus der Schrifft nicht erweiset (wie es denn solchs in Ewigkeit nicht erweisen kan) das jrgend in der Schrifft ein solcher Spruch stehe / welcher simpliciter oder schlecht vnd stracks aussage / das Gott der sünde eigentlich zu reden gnedig sey / so richtet es nichts aus / vnnd streitet vergebens. Nu setzet die Schrifft nirgend blos / oder simpliciter diese proposition oder rede / Gott sey der sünden eigentlich zu reden gnedig / sondern setzt darbey das wörtlein meiner oder vnser / oder dergleichen / dadurch sie deutlich vnterscheidet zwischen dem sünder vnd der sünde / vnd klar an tag gibt / wie sie ermelte art zu reden nicht von der sünde eigentlich zu reden / sondern von der gnedigen vergebung / so dem busfertigen sünder wiederfehret / wil verstanden haben.
Fürs ander stehet im Hebreischen das wort (vesalachtha) vom Sala / das heist so viel / als aus gnaden verschonen / verzeihen / vergeben / das gehet aber eigentlich zu reden nicht auff die sünde / sondern auff Dauidem selbst. Betet also Dauid eigentlich zu reden nicht / das Gott der sünde als sünde wolle gnedig sein: sondern das er sein verschonen / vnd jhn nicht nach seinen sünden / die da gros waren / straffen wolle.
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Zitationshilfe: | Kirchner, Timotheus: Von der Erbsünde was sie eigentlich vnd nach der heiligen Schrifft zu reden sey, vnnd warauff der heuptstreit in dieser sache beruhe. Jena, 1587, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kirchner_erbsuende_1587/180>, abgerufen am 16.02.2025. |