Kirchner, Timotheus: Von der Erbsünde was sie eigentlich vnd nach der heiligen Schrifft zu reden sey, vnnd warauff der heuptstreit in dieser sache beruhe. Jena, 1587.werden. Vnser natur aber auch nach dem fall / so fern sie eine natur ist / ist sie vnnd bleibet Gottes geschöpff. Derwegen kan sie das böse / oder die sünde selbst nicht sein / oder genennet werden / sondern so fern sie eine natur oder Gottes geschöpff / ist sie gut. Hie werden sie sonder zweiffel sagen / das dieses wiederwertige ding sind / so nicht mit einander bestehen können / nemlich gut sein vnnd sündig sein. Denn sey die natur gut / so sey sie nicht sündig / sey sie aber sündig / so sey sie nicht gut. Könne derwegen nicht mit warheit gesagt werden / das die natur gut sey. Hierauff ist dieses die richtige antwort / das hierinnen zu erwegen ist / in welchem verstande die natur gut genennet werde / nemlich nicht in diesem / da das wörtlein (Gut) der sünde entgegen gesetzt wird / oder so viel heisset / als rein / heilig vnnd ohne sünde sein. Denn wer in diesem verstande sagte / das die natur gut were / der jrrete / vnd fiele in der Pelagianer schwarm / welche lereten / das des menschen natur also gut / das sie nicht in sünden empfangen vnd geboren were / vnnd solcher gestalt die lere von der Erbsünde rein auffhuben: sondern in diesem verstande / da das wörtlein gut nichts mehr heist oder bedeutet / als Gottes geschöpff vnnd Creatur sein. Denn alles was Gottes geschöpff ist / das ist gut / so fern als es Gottes geschöpff ist. Solte auch die natur in diesem verstande nicht können gut geheissen werden / so müste folgen / das Gottes geschöpff nicht gut were / oder das er etwas geschaffen / das nicht gut / sondern die sünde ohn allen vnterscheid selbst were / welchs nicht bestehen mag / Sintemal Gott die sünde selbst nicht schaffet oder machet. Wenn dieses betrachtet wird / so findet sich fein / das Augustinus Lutherus vnnd andere nicht vnrecht gethan / da werden. Vnser natur aber auch nach dem fall / so fern sie eine natur ist / ist sie vnnd bleibet Gottes geschöpff. Derwegen kan sie das böse / oder die sünde selbst nicht sein / oder genennet werden / sondern so fern sie eine natur oder Gottes geschöpff / ist sie gut. Hie werden sie sonder zweiffel sagen / das dieses wiederwertige ding sind / so nicht mit einander bestehen können / nemlich gut sein vnnd sündig sein. Denn sey die natur gut / so sey sie nicht sündig / sey sie aber sündig / so sey sie nicht gut. Könne derwegen nicht mit warheit gesagt werden / das die natur gut sey. Hierauff ist dieses die richtige antwort / das hierinnen zu erwegen ist / in welchem verstande die natur gut genennet werde / nemlich nicht in diesem / da das wörtlein (Gut) der sünde entgegen gesetzt wird / oder so viel heisset / als rein / heilig vnnd ohne sünde sein. Denn wer in diesem verstande sagte / das die natur gut were / der jrrete / vnd fiele in der Pelagianer schwarm / welche lereten / das des menschen natur also gut / das sie nicht in sünden empfangen vnd geboren were / vnnd solcher gestalt die lere von der Erbsünde rein auffhuben: sondern in diesem verstande / da das wörtlein gut nichts mehr heist oder bedeutet / als Gottes geschöpff vnnd Creatur sein. Denn alles was Gottes geschöpff ist / das ist gut / so fern als es Gottes geschöpff ist. Solte auch die natur in diesem verstande nicht können gut geheissen werden / so müste folgen / das Gottes geschöpff nicht gut were / oder das er etwas geschaffen / das nicht gut / sondern die sünde ohn allen vnterscheid selbst were / welchs nicht bestehen mag / Sintemal Gott die sünde selbst nicht schaffet oder machet. Wenn dieses betrachtet wird / so findet sich fein / das Augustinus Lutherus vnnd andere nicht vnrecht gethan / da <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0120"/> werden. Vnser natur aber auch nach dem fall / so fern sie eine natur ist / ist sie vnnd bleibet Gottes geschöpff. Derwegen kan sie das böse / oder die sünde selbst nicht sein / oder genennet werden / sondern so fern sie eine natur oder Gottes geschöpff / ist sie gut.</p> <note place="left">Antwort auff die ein rede / es sein wiederwertige dingegut sein vnd sündig sein.</note> <p>Hie werden sie sonder zweiffel sagen / das dieses wiederwertige ding sind / so nicht mit einander bestehen können / nemlich gut sein vnnd sündig sein. Denn sey die natur gut / so sey sie nicht sündig / sey sie aber sündig / so sey sie nicht gut. Könne derwegen nicht mit warheit gesagt werden / das die natur gut sey. Hierauff ist dieses die richtige antwort / das hierinnen zu erwegen ist / in welchem verstande die natur gut genennet werde / nemlich nicht in diesem / da das wörtlein (Gut) der sünde entgegen gesetzt wird / oder so viel heisset / als rein / heilig vnnd ohne sünde sein. Denn wer in diesem verstande sagte / das die natur gut were / der jrrete / vnd fiele in der Pelagianer schwarm / welche lereten / das des menschen natur also gut / das sie nicht in sünden empfangen vnd geboren were / vnnd solcher gestalt die lere von der Erbsünde rein auffhuben: sondern in diesem verstande / da das wörtlein gut nichts mehr heist oder bedeutet / als Gottes geschöpff vnnd Creatur sein. Denn alles was Gottes geschöpff ist / das ist gut / so fern als es Gottes geschöpff ist. Solte auch die natur in diesem verstande nicht können gut geheissen werden / so müste folgen / das Gottes geschöpff nicht gut were / oder das er etwas geschaffen / das nicht gut / sondern die sünde ohn allen vnterscheid selbst were / welchs nicht bestehen mag / Sintemal Gott die sünde selbst nicht schaffet oder machet.</p> <p>Wenn dieses betrachtet wird / so findet sich fein / das Augustinus Lutherus vnnd andere nicht vnrecht gethan / da </p> </div> </body> </text> </TEI> [0120]
werden. Vnser natur aber auch nach dem fall / so fern sie eine natur ist / ist sie vnnd bleibet Gottes geschöpff. Derwegen kan sie das böse / oder die sünde selbst nicht sein / oder genennet werden / sondern so fern sie eine natur oder Gottes geschöpff / ist sie gut.
Hie werden sie sonder zweiffel sagen / das dieses wiederwertige ding sind / so nicht mit einander bestehen können / nemlich gut sein vnnd sündig sein. Denn sey die natur gut / so sey sie nicht sündig / sey sie aber sündig / so sey sie nicht gut. Könne derwegen nicht mit warheit gesagt werden / das die natur gut sey. Hierauff ist dieses die richtige antwort / das hierinnen zu erwegen ist / in welchem verstande die natur gut genennet werde / nemlich nicht in diesem / da das wörtlein (Gut) der sünde entgegen gesetzt wird / oder so viel heisset / als rein / heilig vnnd ohne sünde sein. Denn wer in diesem verstande sagte / das die natur gut were / der jrrete / vnd fiele in der Pelagianer schwarm / welche lereten / das des menschen natur also gut / das sie nicht in sünden empfangen vnd geboren were / vnnd solcher gestalt die lere von der Erbsünde rein auffhuben: sondern in diesem verstande / da das wörtlein gut nichts mehr heist oder bedeutet / als Gottes geschöpff vnnd Creatur sein. Denn alles was Gottes geschöpff ist / das ist gut / so fern als es Gottes geschöpff ist. Solte auch die natur in diesem verstande nicht können gut geheissen werden / so müste folgen / das Gottes geschöpff nicht gut were / oder das er etwas geschaffen / das nicht gut / sondern die sünde ohn allen vnterscheid selbst were / welchs nicht bestehen mag / Sintemal Gott die sünde selbst nicht schaffet oder machet.
Wenn dieses betrachtet wird / so findet sich fein / das Augustinus Lutherus vnnd andere nicht vnrecht gethan / da
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Zitationshilfe: | Kirchner, Timotheus: Von der Erbsünde was sie eigentlich vnd nach der heiligen Schrifft zu reden sey, vnnd warauff der heuptstreit in dieser sache beruhe. Jena, 1587, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kirchner_erbsuende_1587/120>, abgerufen am 16.07.2024. |