Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kirchhoff, Auguste: Frauenrechte - Volksrechte. Berlin, 1917.

Bild:
<< vorherige Seite
Frauenrechte - Volksrechte.

Der Weltkrieg, der große Umwerter aller Werte, vor
dessen gewaltigem Hauch überkommene, festgewurzelte
Begriffe ins Wanken geraten und alte Vorurteile in nichts
zerstieben, hat mit tausend andern Fragen auch die
Verfassungsprobleme in allen Ländern aufgerollt. Der
Vernichtungskampf, in dem seit nunmehr drei Jahren die
Spannungen äußerer Politik sich auslösen und austoben,
greift mit unwiderstehlicher Gewalt auch mitten hinein
in die innerpolitischen Verhältnisse der einzelnen Staaten
und zwingt durch die Macht der Tatsachen zur Nach-
prüfung altgeheiligter Anschauungen und Einrichtungen.
Die da draußen ihr Leben einsetzen, ihre frische Jugend,
ihre Manneskraft hingeben für die Volksgemeinschaft,
die dürfen nicht ferner ausgeschaltet sein, wenn es
gilt, über die Geschicke des Vaterlandes zu beraten:
diese Erkenntnis bricht sich langsam Bahn. Und mit
ihr Hand in Hand geht die andere: auch die, die in der
Heimat das Wirtschaftsleben aufrecht erhalten, die Leid
Mühsal und Entbehrung durch Jahre hindurch standhaft
tragen, die Kraft und Arbeitsleistung verdoppeln, um
entstandene Lücken auszufüllen, haben sich in Stunden
höchster Not ein Anrecht darauf erworben, den Staat
neu mitaufzubauen, in den ihr Dasein mit all seinen
Lasten und Mühen hineingestellt ist.

Die Osterbotschaft Kaiser Wilhelms II. hat uns Deutschen
die offizielle Bestätigung dieser Einsicht von maßgeben-
der Stelle gebracht. An einem Kaiserwort soll man nicht
drehen und deuteln: wo "nicht mehr Platz ist für ein
Klassenwahlrecht", wo auf die Bedeutung der freudigen

Frauenrechte – Volksrechte.

Der Weltkrieg, der große Umwerter aller Werte, vor
dessen gewaltigem Hauch überkommene, festgewurzelte
Begriffe ins Wanken geraten und alte Vorurteile in nichts
zerstieben, hat mit tausend andern Fragen auch die
Verfassungsprobleme in allen Ländern aufgerollt. Der
Vernichtungskampf, in dem seit nunmehr drei Jahren die
Spannungen äußerer Politik sich auslösen und austoben,
greift mit unwiderstehlicher Gewalt auch mitten hinein
in die innerpolitischen Verhältnisse der einzelnen Staaten
und zwingt durch die Macht der Tatsachen zur Nach-
prüfung altgeheiligter Anschauungen und Einrichtungen.
Die da draußen ihr Leben einsetzen, ihre frische Jugend,
ihre Manneskraft hingeben für die Volksgemeinschaft,
die dürfen nicht ferner ausgeschaltet sein, wenn es
gilt, über die Geschicke des Vaterlandes zu beraten:
diese Erkenntnis bricht sich langsam Bahn. Und mit
ihr Hand in Hand geht die andere: auch die, die in der
Heimat das Wirtschaftsleben aufrecht erhalten, die Leid
Mühsal und Entbehrung durch Jahre hindurch standhaft
tragen, die Kraft und Arbeitsleistung verdoppeln, um
entstandene Lücken auszufüllen, haben sich in Stunden
höchster Not ein Anrecht darauf erworben, den Staat
neu mitaufzubauen, in den ihr Dasein mit all seinen
Lasten und Mühen hineingestellt ist.

Die Osterbotschaft Kaiser Wilhelms II. hat uns Deutschen
die offizielle Bestätigung dieser Einsicht von maßgeben-
der Stelle gebracht. An einem Kaiserwort soll man nicht
drehen und deuteln: wo „nicht mehr Platz ist für ein
Klassenwahlrecht“, wo auf die Bedeutung der freudigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0004" n="[4]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#c">Frauenrechte &#x2013; Volksrechte.</hi> </head><lb/>
        <byline> <hi rendition="#c">Von <hi rendition="#g"><persName>Auguste Kirchhoff</persName>.</hi></hi> </byline><lb/>
        <p>Der Weltkrieg, der große Umwerter aller Werte, vor<lb/>
dessen gewaltigem Hauch überkommene, festgewurzelte<lb/>
Begriffe ins Wanken geraten und alte Vorurteile in nichts<lb/>
zerstieben, hat mit tausend andern Fragen auch die<lb/>
Verfassungsprobleme in allen Ländern aufgerollt. Der<lb/>
Vernichtungskampf, in dem seit nunmehr drei Jahren die<lb/>
Spannungen äußerer Politik sich auslösen und austoben,<lb/>
greift mit unwiderstehlicher Gewalt auch mitten hinein<lb/>
in die innerpolitischen Verhältnisse der einzelnen Staaten<lb/>
und zwingt durch die Macht der Tatsachen zur Nach-<lb/>
prüfung altgeheiligter Anschauungen und Einrichtungen.<lb/>
Die da draußen ihr Leben einsetzen, ihre frische Jugend,<lb/>
ihre Manneskraft hingeben für die Volksgemeinschaft,<lb/>
die dürfen nicht ferner ausgeschaltet sein, wenn es<lb/>
gilt, über die Geschicke des Vaterlandes zu beraten:<lb/>
diese Erkenntnis bricht sich langsam Bahn. Und mit<lb/>
ihr Hand in Hand geht die andere: auch die, die in der<lb/>
Heimat das Wirtschaftsleben aufrecht erhalten, die Leid<lb/>
Mühsal und Entbehrung durch Jahre hindurch standhaft<lb/>
tragen, die Kraft und Arbeitsleistung verdoppeln, um<lb/>
entstandene Lücken auszufüllen, haben sich in Stunden<lb/>
höchster Not ein Anrecht darauf erworben, den Staat<lb/>
neu mitaufzubauen, in den ihr Dasein mit all seinen<lb/>
Lasten und Mühen hineingestellt ist.</p><lb/>
        <p>Die Osterbotschaft Kaiser Wilhelms II. hat uns Deutschen<lb/>
die offizielle Bestätigung dieser Einsicht von maßgeben-<lb/>
der Stelle gebracht. An einem Kaiserwort soll man nicht<lb/>
drehen und deuteln: wo &#x201E;nicht mehr Platz ist für ein<lb/>
Klassenwahlrecht&#x201C;, wo auf die Bedeutung der freudigen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[4]/0004] Frauenrechte – Volksrechte. Von Auguste Kirchhoff. Der Weltkrieg, der große Umwerter aller Werte, vor dessen gewaltigem Hauch überkommene, festgewurzelte Begriffe ins Wanken geraten und alte Vorurteile in nichts zerstieben, hat mit tausend andern Fragen auch die Verfassungsprobleme in allen Ländern aufgerollt. Der Vernichtungskampf, in dem seit nunmehr drei Jahren die Spannungen äußerer Politik sich auslösen und austoben, greift mit unwiderstehlicher Gewalt auch mitten hinein in die innerpolitischen Verhältnisse der einzelnen Staaten und zwingt durch die Macht der Tatsachen zur Nach- prüfung altgeheiligter Anschauungen und Einrichtungen. Die da draußen ihr Leben einsetzen, ihre frische Jugend, ihre Manneskraft hingeben für die Volksgemeinschaft, die dürfen nicht ferner ausgeschaltet sein, wenn es gilt, über die Geschicke des Vaterlandes zu beraten: diese Erkenntnis bricht sich langsam Bahn. Und mit ihr Hand in Hand geht die andere: auch die, die in der Heimat das Wirtschaftsleben aufrecht erhalten, die Leid Mühsal und Entbehrung durch Jahre hindurch standhaft tragen, die Kraft und Arbeitsleistung verdoppeln, um entstandene Lücken auszufüllen, haben sich in Stunden höchster Not ein Anrecht darauf erworben, den Staat neu mitaufzubauen, in den ihr Dasein mit all seinen Lasten und Mühen hineingestellt ist. Die Osterbotschaft Kaiser Wilhelms II. hat uns Deutschen die offizielle Bestätigung dieser Einsicht von maßgeben- der Stelle gebracht. An einem Kaiserwort soll man nicht drehen und deuteln: wo „nicht mehr Platz ist für ein Klassenwahlrecht“, wo auf die Bedeutung der freudigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-08-12T15:03:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-08-12T15:03:55Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kirchhoff_volksrechte_1917
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kirchhoff_volksrechte_1917/4
Zitationshilfe: Kirchhoff, Auguste: Frauenrechte - Volksrechte. Berlin, 1917, S. [4]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kirchhoff_volksrechte_1917/4>, abgerufen am 23.11.2024.