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von Keyserling, Eduard: Beate und Mareile. Eine Schloßgeschichte. Berlin, [1909].

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genug darüber zu hören kriegen. Daß Mareile aber keine Geschichten nötig hat, um zu handeln, das ist das Große an dieser Frau. Ja, bitte, wenn Sie in einem Brief einen Satz angefangen haben, und Sie merken, der geht so nicht weiter, der gibt keinen Sinn, dann streichen Sie ihn durch, nicht? Na also! Grad so macht's Mareile. Der Anfang mit Hans Berkow gibt ihr keinen rechten Sinn. Gut, sie macht ihren Strich darüber, so 'nen dicken, schwarzen Strich, wissen Sie, mitten durch den armen Hans durch ... und sie wird einen besseren Satz anfangen."

"Ach, sprecht nicht so von meinem armen Kinde!" klagte Seneide und ihre fanatischen Augen wurden feucht.

"Ja, eigne Sache," schnarrte Egon Sterneck. "Das mit dem Strich, ganz hübsch. Nur wenn das Mode wird, ich meine bei unsern Frauen -"

"Unsere Frauen!" wiederholte Günther verwundert, "wer spricht denn von unseren Frauen? Ich spreche doch von den Mareilen."

"Hm - ja so!"

Wie einst vor einem Jahre, stieg Mareile an der kleinen Kaltiner Station aus dem Zuge. "Wieder kein Wagen, ich bin untröstlich, Signora, gnädige Frau," sagte der Stationsvorsteher Ahlmeyer, "und bei Ihrer Abneigung gegen meinen Fuchs, na ja, spatlahm, freilich ..."

So wanderte Mareile denn wieder über die Heide. Die Sonne ging hinter den Hügeln unter. Ein angenehmer Wind, voll von dem Dufte der Wacholderbüsche, wehte. Mareilens Gesicht war schmaler geworden. In die hellen, blühenden

genug darüber zu hören kriegen. Daß Mareile aber keine Geschichten nötig hat, um zu handeln, das ist das Große an dieser Frau. Ja, bitte, wenn Sie in einem Brief einen Satz angefangen haben, und Sie merken, der geht so nicht weiter, der gibt keinen Sinn, dann streichen Sie ihn durch, nicht? Na also! Grad so macht’s Mareile. Der Anfang mit Hans Berkow gibt ihr keinen rechten Sinn. Gut, sie macht ihren Strich darüber, so ’nen dicken, schwarzen Strich, wissen Sie, mitten durch den armen Hans durch … und sie wird einen besseren Satz anfangen.“

„Ach, sprecht nicht so von meinem armen Kinde!“ klagte Seneïde und ihre fanatischen Augen wurden feucht.

„Ja, eigne Sache,“ schnarrte Egon Sterneck. „Das mit dem Strich, ganz hübsch. Nur wenn das Mode wird, ich meine bei unsern Frauen –“

„Unsere Frauen!“ wiederholte Günther verwundert, „wer spricht denn von unseren Frauen? Ich spreche doch von den Mareilen.“

„Hm – ja so!“

Wie einst vor einem Jahre, stieg Mareile an der kleinen Kaltiner Station aus dem Zuge. „Wieder kein Wagen, ich bin untröstlich, Signora, gnädige Frau,“ sagte der Stationsvorsteher Ahlmeyer, „und bei Ihrer Abneigung gegen meinen Fuchs, na ja, spatlahm, freilich …“

So wanderte Mareile denn wieder über die Heide. Die Sonne ging hinter den Hügeln unter. Ein angenehmer Wind, voll von dem Dufte der Wacholderbüsche, wehte. Mareilens Gesicht war schmaler geworden. In die hellen, blühenden

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[72/0074] genug darüber zu hören kriegen. Daß Mareile aber keine Geschichten nötig hat, um zu handeln, das ist das Große an dieser Frau. Ja, bitte, wenn Sie in einem Brief einen Satz angefangen haben, und Sie merken, der geht so nicht weiter, der gibt keinen Sinn, dann streichen Sie ihn durch, nicht? Na also! Grad so macht’s Mareile. Der Anfang mit Hans Berkow gibt ihr keinen rechten Sinn. Gut, sie macht ihren Strich darüber, so ’nen dicken, schwarzen Strich, wissen Sie, mitten durch den armen Hans durch … und sie wird einen besseren Satz anfangen.“ „Ach, sprecht nicht so von meinem armen Kinde!“ klagte Seneïde und ihre fanatischen Augen wurden feucht. „Ja, eigne Sache,“ schnarrte Egon Sterneck. „Das mit dem Strich, ganz hübsch. Nur wenn das Mode wird, ich meine bei unsern Frauen –“ „Unsere Frauen!“ wiederholte Günther verwundert, „wer spricht denn von unseren Frauen? Ich spreche doch von den Mareilen.“ „Hm – ja so!“ Wie einst vor einem Jahre, stieg Mareile an der kleinen Kaltiner Station aus dem Zuge. „Wieder kein Wagen, ich bin untröstlich, Signora, gnädige Frau,“ sagte der Stationsvorsteher Ahlmeyer, „und bei Ihrer Abneigung gegen meinen Fuchs, na ja, spatlahm, freilich …“ So wanderte Mareile denn wieder über die Heide. Die Sonne ging hinter den Hügeln unter. Ein angenehmer Wind, voll von dem Dufte der Wacholderbüsche, wehte. Mareilens Gesicht war schmaler geworden. In die hellen, blühenden

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Zitationshilfe: von Keyserling, Eduard: Beate und Mareile. Eine Schloßgeschichte. Berlin, [1909], S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keyserling_beatemareile_1903/74>, abgerufen am 25.11.2024.