Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

von Keyserling, Eduard: Beate und Mareile. Eine Schloßgeschichte. Berlin, [1909].

Bild:
<< vorherige Seite

die roten Blüten der hinter ihr stehenden Büsche, wie um ihre Hände zu kühlen, während der Fürst sie ansah - das Gesicht fahl, die Züge messerscharf, wie bei einer Leiche, die Augen, unter den schweren Lidern, vom Alter verschattet und getrübt.

Nebenan, hinter den Palmen, wurden Schritte vernehmbar. Die fette Stimme des Majors von Tettau sagte: "Du wirst zugeben, mon cher, daß du weder so jung bist, noch so situiert, um dich bei jeder, na - sagen wir beaute, so ins Zeug zu legen."

"Bitte," erwiderte Egon Sternecks Stimme leise und gereizt. "Darf ich fragen, was dich das ..."

"Angeht, was?" ergänzte Tettau. "Na, älterer Kamerad, Verwandter."

"Was willst du?"

"Reg dich nicht auf!" knarrte Tettau.

"Ich sag ja nichts. Charmante Dame, Künstlerin. Ich bin der erste, der da huldigt. Aber du affizierst dich heute so, man könnte denken - -"

"Nun und?" brummte Sterneck.

"Noch eine Frage, erlaube," fuhr Tettau fort. "Kann der älteste Sterneck ein Fräulein Cibo oder Ziepe heiraten? Nein - also! Erlaube, ich bin gleich fertig. Du froissierst die Komtesse Irma und die Gräfin, und das geht nicht, das weißt du. Zuerst die Familie und das Regiment, dann die kleinen Passionen. Unsereiner wird nun mal mit der Kandare im Maul geboren."

"Ach! Laß mich zufrieden!"

"Sofort. Also, mein Sohn, abgeschwenkt, es ist die höchste Zeit. Unsereiner muß Order parieren."

die roten Blüten der hinter ihr stehenden Büsche, wie um ihre Hände zu kühlen, während der Fürst sie ansah – das Gesicht fahl, die Züge messerscharf, wie bei einer Leiche, die Augen, unter den schweren Lidern, vom Alter verschattet und getrübt.

Nebenan, hinter den Palmen, wurden Schritte vernehmbar. Die fette Stimme des Majors von Tettau sagte: „Du wirst zugeben, mon cher, daß du weder so jung bist, noch so situiert, um dich bei jeder, na – sagen wir beauté, so ins Zeug zu legen.“

„Bitte,“ erwiderte Egon Sternecks Stimme leise und gereizt. „Darf ich fragen, was dich das …“

„Angeht, was?“ ergänzte Tettau. „Na, älterer Kamerad, Verwandter.“

„Was willst du?“

„Reg dich nicht auf!“ knarrte Tettau.

„Ich sag ja nichts. Charmante Dame, Künstlerin. Ich bin der erste, der da huldigt. Aber du affizierst dich heute so, man könnte denken – –“

„Nun und?“ brummte Sterneck.

„Noch eine Frage, erlaube,“ fuhr Tettau fort. „Kann der älteste Sterneck ein Fräulein Cibò oder Ziepe heiraten? Nein – also! Erlaube, ich bin gleich fertig. Du froissierst die Komtesse Irma und die Gräfin, und das geht nicht, das weißt du. Zuerst die Familie und das Regiment, dann die kleinen Passionen. Unsereiner wird nun mal mit der Kandare im Maul geboren.“

„Ach! Laß mich zufrieden!“

„Sofort. Also, mein Sohn, abgeschwenkt, es ist die höchste Zeit. Unsereiner muß Order parieren.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044" n="42"/>
die roten Blüten der hinter ihr stehenden Büsche, wie um ihre Hände zu kühlen, während der Fürst sie ansah &#x2013; das Gesicht fahl, die Züge messerscharf, wie bei einer Leiche, die Augen, unter den schweren Lidern, vom Alter verschattet und getrübt.</p>
        <p>Nebenan, hinter den Palmen, wurden Schritte vernehmbar. Die fette Stimme des Majors von Tettau sagte: &#x201E;Du wirst zugeben, <hi rendition="#aq">mon cher</hi>, daß du weder so jung bist, noch so situiert, um dich bei jeder, na &#x2013; sagen wir <hi rendition="#aq">beauté</hi>, so ins Zeug zu legen.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Bitte,&#x201C; erwiderte Egon Sternecks Stimme leise und gereizt. &#x201E;Darf ich fragen, was dich das &#x2026;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Angeht, was?&#x201C; ergänzte Tettau. &#x201E;Na, älterer Kamerad, Verwandter.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Was willst du?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Reg dich nicht auf!&#x201C; knarrte Tettau.</p>
        <p>&#x201E;Ich sag ja nichts. Charmante Dame, Künstlerin. Ich bin der erste, der da huldigt. Aber du affizierst dich heute so, man könnte denken &#x2013; &#x2013;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Nun und?&#x201C; brummte Sterneck.</p>
        <p>&#x201E;Noch eine Frage, erlaube,&#x201C; fuhr Tettau fort. &#x201E;Kann der älteste Sterneck ein Fräulein Cibò oder Ziepe heiraten? Nein &#x2013; also! Erlaube, ich bin gleich fertig. Du froissierst die Komtesse Irma und die Gräfin, und das geht nicht, das weißt du. Zuerst die Familie und das Regiment, dann die kleinen Passionen. Unsereiner wird nun mal mit der Kandare im Maul geboren.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ach! Laß mich zufrieden!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Sofort. Also, mein Sohn, abgeschwenkt, es ist die höchste Zeit. Unsereiner muß Order parieren.&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0044] die roten Blüten der hinter ihr stehenden Büsche, wie um ihre Hände zu kühlen, während der Fürst sie ansah – das Gesicht fahl, die Züge messerscharf, wie bei einer Leiche, die Augen, unter den schweren Lidern, vom Alter verschattet und getrübt. Nebenan, hinter den Palmen, wurden Schritte vernehmbar. Die fette Stimme des Majors von Tettau sagte: „Du wirst zugeben, mon cher, daß du weder so jung bist, noch so situiert, um dich bei jeder, na – sagen wir beauté, so ins Zeug zu legen.“ „Bitte,“ erwiderte Egon Sternecks Stimme leise und gereizt. „Darf ich fragen, was dich das …“ „Angeht, was?“ ergänzte Tettau. „Na, älterer Kamerad, Verwandter.“ „Was willst du?“ „Reg dich nicht auf!“ knarrte Tettau. „Ich sag ja nichts. Charmante Dame, Künstlerin. Ich bin der erste, der da huldigt. Aber du affizierst dich heute so, man könnte denken – –“ „Nun und?“ brummte Sterneck. „Noch eine Frage, erlaube,“ fuhr Tettau fort. „Kann der älteste Sterneck ein Fräulein Cibò oder Ziepe heiraten? Nein – also! Erlaube, ich bin gleich fertig. Du froissierst die Komtesse Irma und die Gräfin, und das geht nicht, das weißt du. Zuerst die Familie und das Regiment, dann die kleinen Passionen. Unsereiner wird nun mal mit der Kandare im Maul geboren.“ „Ach! Laß mich zufrieden!“ „Sofort. Also, mein Sohn, abgeschwenkt, es ist die höchste Zeit. Unsereiner muß Order parieren.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Eduard von Keyserlings „Beate und Mareile“ erschi… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keyserling_beatemareile_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keyserling_beatemareile_1903/44
Zitationshilfe: von Keyserling, Eduard: Beate und Mareile. Eine Schloßgeschichte. Berlin, [1909], S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keyserling_beatemareile_1903/44>, abgerufen am 24.11.2024.