Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

von Keyserling, Eduard: Beate und Mareile. Eine Schloßgeschichte. Berlin, [1909].

Bild:
<< vorherige Seite

"Ja, wenn du willst."

"Sag, ist's dort noch so - so - düster?"

"Düster - dort?"

"Na ja, für dich - natürlich - da sind's die Kinderzimmer und so. Die Zimmer sind's auch nicht. Ich glaube, es ist die Tante Seneide."

"Tante?" rief Beate. "Aber Tante Seneide ist doch wie - wie Mondschein im Ahnensaal."

"So! ist das nicht unheimlich, wenn man so ist?"

"Ach nein!" erklärte Beate. "Weißt du, wenn der Mond durch die oberen Fenster des Ahnensaals scheint, dann ist der Fußboden ganz voll von Lichtkringel. Als Kinder setzten Mareile und ich uns da mitten hinein. Tante Seneide ging im Saale auf und ab und sagte ihre geistlichen Lieder her. Das war so echt Kaltinsch, und das gehört Tante."

"So," meinte Günther, "als Knabe habe ich mich gefürchtet, wenn die Leute von der kranken Komtesse sprachen. Na, jetzt soll sie mir wie Mondschein im Ahnensaal sein. Komm!"

„Ja, wenn du willst.“

„Sag, ist’s dort noch so – so – düster?“

„Düster – dort?“

„Na ja, für dich – natürlich – da sind’s die Kinderzimmer und so. Die Zimmer sind’s auch nicht. Ich glaube, es ist die Tante Seneïde.“

„Tante?“ rief Beate. „Aber Tante Seneïde ist doch wie – wie Mondschein im Ahnensaal.“

„So! ist das nicht unheimlich, wenn man so ist?“

„Ach nein!“ erklärte Beate. „Weißt du, wenn der Mond durch die oberen Fenster des Ahnensaals scheint, dann ist der Fußboden ganz voll von Lichtkringel. Als Kinder setzten Mareile und ich uns da mitten hinein. Tante Seneïde ging im Saale auf und ab und sagte ihre geistlichen Lieder her. Das war so echt Kaltinsch, und das gehört Tante.“

„So,“ meinte Günther, „als Knabe habe ich mich gefürchtet, wenn die Leute von der kranken Komtesse sprachen. Na, jetzt soll sie mir wie Mondschein im Ahnensaal sein. Komm!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0011" n="9"/>
        <p>&#x201E;Ja, wenn du willst.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Sag, ist&#x2019;s dort noch so &#x2013; so &#x2013; düster?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Düster &#x2013; dort?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Na ja, für dich &#x2013; natürlich &#x2013; da sind&#x2019;s die Kinderzimmer und so. Die Zimmer sind&#x2019;s auch nicht. Ich glaube, es ist die Tante Seneïde.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Tante?&#x201C; rief Beate. &#x201E;Aber Tante Seneïde ist doch wie &#x2013; wie Mondschein im Ahnensaal.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;So! ist das nicht unheimlich, wenn man so ist?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ach nein!&#x201C; erklärte Beate. &#x201E;Weißt du, wenn der Mond durch die oberen Fenster des Ahnensaals scheint, dann ist der Fußboden ganz voll von Lichtkringel. Als Kinder setzten Mareile und ich uns da mitten hinein. Tante Seneïde ging im Saale auf und ab und sagte ihre geistlichen Lieder her. Das war so echt Kaltinsch, und das gehört Tante.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;So,&#x201C; meinte Günther, &#x201E;als Knabe habe ich mich gefürchtet, wenn die Leute von der kranken Komtesse sprachen. Na, jetzt soll sie mir wie Mondschein im Ahnensaal sein. Komm!&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0011] „Ja, wenn du willst.“ „Sag, ist’s dort noch so – so – düster?“ „Düster – dort?“ „Na ja, für dich – natürlich – da sind’s die Kinderzimmer und so. Die Zimmer sind’s auch nicht. Ich glaube, es ist die Tante Seneïde.“ „Tante?“ rief Beate. „Aber Tante Seneïde ist doch wie – wie Mondschein im Ahnensaal.“ „So! ist das nicht unheimlich, wenn man so ist?“ „Ach nein!“ erklärte Beate. „Weißt du, wenn der Mond durch die oberen Fenster des Ahnensaals scheint, dann ist der Fußboden ganz voll von Lichtkringel. Als Kinder setzten Mareile und ich uns da mitten hinein. Tante Seneïde ging im Saale auf und ab und sagte ihre geistlichen Lieder her. Das war so echt Kaltinsch, und das gehört Tante.“ „So,“ meinte Günther, „als Knabe habe ich mich gefürchtet, wenn die Leute von der kranken Komtesse sprachen. Na, jetzt soll sie mir wie Mondschein im Ahnensaal sein. Komm!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Eduard von Keyserlings „Beate und Mareile“ erschi… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keyserling_beatemareile_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keyserling_beatemareile_1903/11
Zitationshilfe: von Keyserling, Eduard: Beate und Mareile. Eine Schloßgeschichte. Berlin, [1909], S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keyserling_beatemareile_1903/11>, abgerufen am 24.11.2024.