Kettler, Hedwig Johanna: Gleiche Bildung für Mann und Frau! Weimar, 1891 (= Bibliothek der Frauenfrage, Bd. 6).
Gleiche Bildung für Mann und Frau!
dunkel bleiben. Denen das aber klar geworden ist, denen ist es erschreckend
klar geworden; und schon heute giebt es deren eine große Zahl - und diese
Zahl
wächst von Tag zu Tag und wird zuletzt riesengroß sein - die es
ver
standen haben, daß es kein Recht für Alle geben kann, wenn das
Recht
nur auf der einen Seite ist, ja, daß es schlimm aussieht um dieses
Recht
Aller, wenn die Einen sich das Recht nehmen, den Andern
vorzuschreiben,
was Recht sein soll. Denn ein solches Recht heißt nicht
mehr Recht, es
heißt Willkür, Gewalt, Ungerechtigkeit.
Und schon heute haben viele verstanden, daß eine Bevormundung, die
dahin
geführt hat, den Bevormundeten zu degradieren, auch den Bevor-
munder
degradiert; daß der Schutz, der den Beschützten verunehrt, dem
Beschützer
nicht zur Ehre gereichen kann; und daß der Grundsatz, nach dem
noch heute
Tausenden von Frauen zu leben befohlen wird, der Grundsatz
"damit
ich's gut habe, darum sollst du verderben" entwürdigend, infamierend
ist für den Befehlenden nicht weniger als für den Gehorchenden! Und sie
haben begriffen, daß es die höchste Zeit ist, ja, daß ihre Ehre es
gebieterisch
erfordert, den ersten, den entscheidenden Schritt zur
Beseitigung dieser häß
lichen Dinge zu thun, tiefer Dinge, deren sie sich
schämen.
Wenn es erst einer großen Zahl von klugen und edlen Frauen ganz
zum
Bewußtsein gekommen sein wird, wie wenig ruhmvoll es ist, für an
erzogene
Fehler, Fehler also, an denen man ganz unschuldig ist, sich noch
schmähen
und strafen zu lassen, und dann diese Schmähung und diese
Strafe noch als
eine wohlverdiente öffentlich anzuerkennen - so werden
sie dagegen
protestieren, daß man diese Selbsterniedrigung ihnen noch länger
zumute.
Und wenn es erst einer großen Zahl von klugen und edlen
Männern ganz zum Bewußtsein gekommen sein wird, wie
unverständig
es ist, die Frauen für Fehler verantwortlich machen zu wollen,
die ihnen
mit Gewalt eingeimpft wurden; wie ungerecht es ist, ihnen auf
Grund
dieser Fehler die Möglichkeit zu verschließen, sie abzulegen; und wie
ver
ächtlich es ist, sich dieser Heldenthaten noch zu rühmen - so
werden sie
wie ein Mann aufstehen und verlangen,
daß dieses blamable Verfahren
ihnen nicht länger zur Last gelegt werde,
sondern den unverständigen, den
ungerechten Männern allein. Und dann werden
wir das haben, was wir
außer einer Emanzipation der Frau noch brauchen, soll vieles besser werden:
Die Emanzipation
des klugen und wohlwollenden Mannes von der Kamerad
schaft des rohen und
beschränkten Mannes. Nicht die Frauen allein sind
es, die sich heute
emanzipieren müssen: jeder anständig und vorurteilslos
denkende Mann ist
ihr willkommener Partner!
Gleiche Bildung für Mann und Frau!
dunkel bleiben. Denen das aber klar geworden ist, denen ist es erschreckend
klar geworden; und schon heute giebt es deren eine große Zahl – und diese
Zahl
wächst von Tag zu Tag und wird zuletzt riesengroß sein – die es
ver
standen haben, daß es kein Recht für Alle geben kann, wenn das
Recht
nur auf der einen Seite ist, ja, daß es schlimm aussieht um dieses
Recht
Aller, wenn die Einen sich das Recht nehmen, den Andern
vorzuschreiben,
was Recht sein soll. Denn ein solches Recht heißt nicht
mehr Recht, es
heißt Willkür, Gewalt, Ungerechtigkeit.
Und schon heute haben viele verstanden, daß eine Bevormundung, die
dahin
geführt hat, den Bevormundeten zu degradieren, auch den Bevor-
munder
degradiert; daß der Schutz, der den Beschützten verunehrt, dem
Beschützer
nicht zur Ehre gereichen kann; und daß der Grundsatz, nach dem
noch heute
Tausenden von Frauen zu leben befohlen wird, der Grundsatz
„damit
ich's gut habe, darum sollst du verderben“ entwürdigend, infamierend
ist für den Befehlenden nicht weniger als für den Gehorchenden! Und sie
haben begriffen, daß es die höchste Zeit ist, ja, daß ihre Ehre es
gebieterisch
erfordert, den ersten, den entscheidenden Schritt zur
Beseitigung dieser häß
lichen Dinge zu thun, tiefer Dinge, deren sie sich
schämen.
Wenn es erst einer großen Zahl von klugen und edlen Frauen ganz
zum
Bewußtsein gekommen sein wird, wie wenig ruhmvoll es ist, für an
erzogene
Fehler, Fehler also, an denen man ganz unschuldig ist, sich noch
schmähen
und strafen zu lassen, und dann diese Schmähung und diese
Strafe noch als
eine wohlverdiente öffentlich anzuerkennen – so werden
sie dagegen
protestieren, daß man diese Selbsterniedrigung ihnen noch länger
zumute.
Und wenn es erst einer großen Zahl von klugen und edlen
Männern ganz zum Bewußtsein gekommen sein wird, wie
unverständig
es ist, die Frauen für Fehler verantwortlich machen zu wollen,
die ihnen
mit Gewalt eingeimpft wurden; wie ungerecht es ist, ihnen auf
Grund
dieser Fehler die Möglichkeit zu verschließen, sie abzulegen; und wie
ver
ächtlich es ist, sich dieser Heldenthaten noch zu rühmen – so
werden sie
wie ein Mann aufstehen und verlangen,
daß dieses blamable Verfahren
ihnen nicht länger zur Last gelegt werde,
sondern den unverständigen, den
ungerechten Männern allein. Und dann werden
wir das haben, was wir
außer einer Emanzipation der Frau noch brauchen, soll vieles besser werden:
Die Emanzipation
des klugen und wohlwollenden Mannes von der Kamerad
schaft des rohen und
beschränkten Mannes. Nicht die Frauen allein sind
es, die sich heute
emanzipieren müssen: jeder anständig und vorurteilslos
denkende Mann ist
ihr willkommener Partner!
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Und schon heute haben viele verstanden, daß eine Bevormundung, die dahin geführt hat, den Bevormundeten zu degradieren, auch den Bevor- munder degradiert; daß der Schutz, der den Beschützten verunehrt, dem Beschützer nicht zur Ehre gereichen kann; und daß der Grundsatz, nach dem noch heute Tausenden von Frauen zu leben befohlen wird, der Grundsatz „damit ich's gut habe, darum sollst du verderben“ entwürdigend, infamierend ist für den Befehlenden nicht weniger als für den Gehorchenden! Und sie haben begriffen, daß es die höchste Zeit ist, ja, daß ihre Ehre es gebieterisch erfordert, den ersten, den entscheidenden Schritt zur Beseitigung dieser häß lichen Dinge zu thun, tiefer Dinge, deren sie sich schämen. Wenn es erst einer großen Zahl von klugen und edlen Frauen ganz zum Bewußtsein gekommen sein wird, wie wenig ruhmvoll es ist, für an erzogene Fehler, Fehler also, an denen man ganz unschuldig ist, sich noch schmähen und strafen zu lassen, und dann diese Schmähung und diese Strafe noch als eine wohlverdiente öffentlich anzuerkennen – so werden sie dagegen protestieren, daß man diese Selbsterniedrigung ihnen noch länger zumute. Und wenn es erst einer großen Zahl von klugen und edlenMännern ganz zum Bewußtsein gekommen sein wird, wie unverständig es ist, die Frauen für Fehler verantwortlich machen zu wollen, die ihnen mit Gewalt eingeimpft wurden; wie ungerecht es ist, ihnen auf Grund dieser Fehler die Möglichkeit zu verschließen, sie abzulegen; und wie ver ächtlich es ist, sich dieser Heldenthaten noch zu rühmen – so werden sie wie ein Mann aufstehen und verlangen, daß dieses blamable Verfahren ihnen nicht länger zur Last gelegt werde, sondern den unverständigen, den ungerechten Männern allein. Und dann werden wir das haben, was wir außer einer Emanzipation der Frau noch brauchen, soll vieles besser werden: Die Emanzipation des klugen und wohlwollenden Mannes von der Kamerad schaft des rohen und beschränkten Mannes. Nicht die Frauen allein sind es, die sich heute emanzipieren müssen: jeder anständig und vorurteilslos denkende Mann ist ihr willkommener Partner!
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