Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Der Stephansthurm. Lichtvoll die Heerde gehet Auf blauer Himmelshöh', Einsam der Hirte stehet Und klagt der Nacht sein Weh. Also den alten Kummer Singst du o Riesengeist! Indeß der träge Schlummer Die lasse Welt umfleußt. O schönste Zeit der Erde, Wo ich einst gut und recht, Geführt die fromme Heerde, Ein kindlich treu Geschlecht! Da heil'ge Lieder schallten Ernst durch mein Gotteshaus, Fürsten und Helden wallten Demüthig ein und aus. Da Männer kräftig thronten
Im deutschen Kaisersaal, Treue und Recht noch wohnten Unten im Erdenthal. Der Stephansthurm. Lichtvoll die Heerde gehet Auf blauer Himmelshoͤh', Einſam der Hirte ſtehet Und klagt der Nacht ſein Weh. Alſo den alten Kummer Singſt du o Rieſengeiſt! Indeß der traͤge Schlummer Die laſſe Welt umfleußt. O ſchoͤnſte Zeit der Erde, Wo ich einſt gut und recht, Gefuͤhrt die fromme Heerde, Ein kindlich treu Geſchlecht! Da heil'ge Lieder ſchallten Ernſt durch mein Gotteshaus, Fuͤrſten und Helden wallten Demuͤthig ein und aus. Da Maͤnner kraͤftig thronten
Im deutſchen Kaiſerſaal, Treue und Recht noch wohnten Unten im Erdenthal. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0065" n="53"/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#g">Der Stephansthurm</hi>.</head><lb/> <l> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </l> <lg n="1"> <l>Lichtvoll die Heerde gehet</l><lb/> <l>Auf blauer Himmelshoͤh',</l><lb/> <l>Einſam der Hirte ſtehet</l><lb/> <l>Und klagt der Nacht ſein Weh.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Alſo den alten Kummer</l><lb/> <l>Singſt du o Rieſengeiſt!</l><lb/> <l>Indeß der traͤge Schlummer</l><lb/> <l>Die laſſe Welt umfleußt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>O ſchoͤnſte Zeit der Erde,</l><lb/> <l>Wo ich einſt gut und recht,</l><lb/> <l>Gefuͤhrt die fromme Heerde,</l><lb/> <l>Ein kindlich treu Geſchlecht!</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Da heil'ge Lieder ſchallten</l><lb/> <l>Ernſt durch mein Gotteshaus,</l><lb/> <l>Fuͤrſten und Helden wallten</l><lb/> <l>Demuͤthig ein und aus.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Da Maͤnner kraͤftig thronten</l><lb/> <l>Im deutſchen Kaiſerſaal,</l><lb/> <l>Treue und Recht noch wohnten</l><lb/> <l>Unten im Erdenthal.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </body> </text> </TEI> [53/0065]
Der Stephansthurm.
Lichtvoll die Heerde gehet
Auf blauer Himmelshoͤh',
Einſam der Hirte ſtehet
Und klagt der Nacht ſein Weh.
Alſo den alten Kummer
Singſt du o Rieſengeiſt!
Indeß der traͤge Schlummer
Die laſſe Welt umfleußt.
O ſchoͤnſte Zeit der Erde,
Wo ich einſt gut und recht,
Gefuͤhrt die fromme Heerde,
Ein kindlich treu Geſchlecht!
Da heil'ge Lieder ſchallten
Ernſt durch mein Gotteshaus,
Fuͤrſten und Helden wallten
Demuͤthig ein und aus.
Da Maͤnner kraͤftig thronten
Im deutſchen Kaiſerſaal,
Treue und Recht noch wohnten
Unten im Erdenthal.
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