Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Wild Gelächter man vernommen, Ries'ge Felsen wiederhallten, Höll'sche Masken, scheuslich grinsend Funkelten aus ihren Spalten. Bäume schwankten auf und nieder, Aechzend wie von Sturmes Zorne, Und die Hostie wirfst du zitternd In der grausen Wildniß Dorne. Eine Rose silberhelle Ist sogleich empor gesprossen. Solche hält mit sieben Blättern Fest das Heiligthum umschlossen. Als der Nächte Graus verschwunden, Goldne Tagesstrahlen siegten, Vögel sich auf schlankem Zweig Singend über'm Abgrund wiegten. Eine Schäf'rinn fährt zu Thal, Schaut der Silberrose Funkel Und sie spricht: fürwahr ein Stern Blieb in dieses Waldes Dunkel! Ihre treue Schäflein zögern
An den nahen Born zu gehen, Neigen alle sich zur Erd' Als so seel'gen Glanz sie sehen. Wild Gelaͤchter man vernommen, Rieſ'ge Felſen wiederhallten, Hoͤll'ſche Masken, ſcheuslich grinſend Funkelten aus ihren Spalten. Baͤume ſchwankten auf und nieder, Aechzend wie von Sturmes Zorne, Und die Hoſtie wirfſt du zitternd In der grauſen Wildniß Dorne. Eine Roſe ſilberhelle Iſt ſogleich empor geſproſſen. Solche haͤlt mit ſieben Blaͤttern Feſt das Heiligthum umſchloſſen. Als der Naͤchte Graus verſchwunden, Goldne Tagesſtrahlen ſiegten, Voͤgel ſich auf ſchlankem Zweig Singend uͤber'm Abgrund wiegten. Eine Schaͤf'rinn faͤhrt zu Thal, Schaut der Silberroſe Funkel Und ſie ſpricht: fuͤrwahr ein Stern Blieb in dieſes Waldes Dunkel! Ihre treue Schaͤflein zoͤgern
An den nahen Born zu gehen, Neigen alle ſich zur Erd' Als ſo ſeel'gen Glanz ſie ſehen. <TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0060" n="48"/> </l> <lg n="6"> <l>Wild Gelaͤchter man vernommen,</l><lb/> <l rendition="#et">Rieſ'ge Felſen wiederhallten,</l><lb/> <l rendition="#et">Hoͤll'ſche Masken, ſcheuslich grinſend</l><lb/> <l rendition="#et">Funkelten aus ihren Spalten.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Baͤume ſchwankten auf und nieder,</l><lb/> <l rendition="#et">Aechzend wie von Sturmes Zorne,</l><lb/> <l rendition="#et">Und die Hoſtie wirfſt du zitternd</l><lb/> <l rendition="#et">In der grauſen Wildniß Dorne.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Eine Roſe ſilberhelle</l><lb/> <l rendition="#et">Iſt ſogleich empor geſproſſen.</l><lb/> <l rendition="#et">Solche haͤlt mit ſieben Blaͤttern</l><lb/> <l rendition="#et">Feſt das Heiligthum umſchloſſen.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Als der Naͤchte Graus verſchwunden,</l><lb/> <l rendition="#et">Goldne Tagesſtrahlen ſiegten,</l><lb/> <l rendition="#et">Voͤgel ſich auf ſchlankem Zweig</l><lb/> <l rendition="#et">Singend uͤber'm Abgrund wiegten.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Eine Schaͤf'rinn faͤhrt zu Thal,</l><lb/> <l rendition="#et">Schaut der Silberroſe Funkel</l><lb/> <l rendition="#et">Und ſie ſpricht: fuͤrwahr ein Stern</l><lb/> <l rendition="#et">Blieb in dieſes Waldes Dunkel!</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Ihre treue Schaͤflein zoͤgern</l><lb/> <l rendition="#et">An den nahen Born zu gehen,</l><lb/> <l rendition="#et">Neigen alle ſich zur Erd'</l><lb/> <l rendition="#et">Als ſo ſeel'gen Glanz ſie ſehen.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </body> </text> </TEI> [48/0060]
Wild Gelaͤchter man vernommen,
Rieſ'ge Felſen wiederhallten,
Hoͤll'ſche Masken, ſcheuslich grinſend
Funkelten aus ihren Spalten.
Baͤume ſchwankten auf und nieder,
Aechzend wie von Sturmes Zorne,
Und die Hoſtie wirfſt du zitternd
In der grauſen Wildniß Dorne.
Eine Roſe ſilberhelle
Iſt ſogleich empor geſproſſen.
Solche haͤlt mit ſieben Blaͤttern
Feſt das Heiligthum umſchloſſen.
Als der Naͤchte Graus verſchwunden,
Goldne Tagesſtrahlen ſiegten,
Voͤgel ſich auf ſchlankem Zweig
Singend uͤber'm Abgrund wiegten.
Eine Schaͤf'rinn faͤhrt zu Thal,
Schaut der Silberroſe Funkel
Und ſie ſpricht: fuͤrwahr ein Stern
Blieb in dieſes Waldes Dunkel!
Ihre treue Schaͤflein zoͤgern
An den nahen Born zu gehen,
Neigen alle ſich zur Erd'
Als ſo ſeel'gen Glanz ſie ſehen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/60 |
Zitationshilfe: | Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/60>, abgerufen am 17.07.2024. |