Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Mondhelle Fäden bringet Ihr Finger zart hervor; Seltsam die Spindel singet; Es lauscht des Wandrers Ohr. In Schloß und Burgeshallen Die Spindel emsig sang; Den deutschen Frauen allen War sie ein lieber Klang. Gar spärlich Sammt und Seide Umfieng der Frauen Leib. Im selbstgesponn'nen Kleide Gieng da manch süßes Weib. Kaum daß in armer Kammer, In Nächten lang und bang, Bey Thränen und bey Jammer Noch tönt der Spindel Sang. Sing' nur! Du singst den Sorgen Der Armuth endlich Tod. Steig auf, du lichter Morgen! Bring' das ersung'ne Brod. Jezt im Gemach der Schönen
Hört man wohl Lautenklang, Wohl welsche Triller tönen, Gar leis der Spindel Sang. Mondhelle Faͤden bringet Ihr Finger zart hervor; Seltſam die Spindel ſinget; Es lauſcht des Wandrers Ohr. In Schloß und Burgeshallen Die Spindel emſig ſang; Den deutſchen Frauen allen War ſie ein lieber Klang. Gar ſpaͤrlich Sammt und Seide Umfieng der Frauen Leib. Im ſelbſtgeſponn'nen Kleide Gieng da manch ſuͤßes Weib. Kaum daß in armer Kammer, In Naͤchten lang und bang, Bey Thraͤnen und bey Jammer Noch toͤnt der Spindel Sang. Sing' nur! Du ſingſt den Sorgen Der Armuth endlich Tod. Steig auf, du lichter Morgen! Bring' das erſung'ne Brod. Jezt im Gemach der Schoͤnen
Hoͤrt man wohl Lautenklang, Wohl welſche Triller toͤnen, Gar leis der Spindel Sang. <TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0032" n="20"/> </l> <lg n="6"> <l>Mondhelle Faͤden bringet</l><lb/> <l>Ihr Finger zart hervor;</l><lb/> <l>Seltſam die Spindel ſinget;</l><lb/> <l>Es lauſcht des Wandrers Ohr.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>In Schloß und Burgeshallen</l><lb/> <l>Die Spindel emſig ſang;</l><lb/> <l>Den deutſchen Frauen allen</l><lb/> <l>War ſie ein lieber Klang.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Gar ſpaͤrlich Sammt und Seide</l><lb/> <l>Umfieng der Frauen Leib.</l><lb/> <l>Im ſelbſtgeſponn'nen Kleide</l><lb/> <l>Gieng da manch ſuͤßes Weib.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Kaum daß in armer Kammer,</l><lb/> <l>In Naͤchten lang und bang,</l><lb/> <l>Bey Thraͤnen und bey Jammer</l><lb/> <l>Noch toͤnt der Spindel Sang.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Sing' nur! Du ſingſt den Sorgen</l><lb/> <l>Der Armuth endlich Tod.</l><lb/> <l>Steig auf, du lichter Morgen!</l><lb/> <l>Bring' das erſung'ne Brod.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Jezt im Gemach der Schoͤnen</l><lb/> <l>Hoͤrt man wohl Lautenklang,</l><lb/> <l>Wohl welſche Triller toͤnen,</l><lb/> <l>Gar leis der Spindel Sang.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </body> </text> </TEI> [20/0032]
Mondhelle Faͤden bringet
Ihr Finger zart hervor;
Seltſam die Spindel ſinget;
Es lauſcht des Wandrers Ohr.
In Schloß und Burgeshallen
Die Spindel emſig ſang;
Den deutſchen Frauen allen
War ſie ein lieber Klang.
Gar ſpaͤrlich Sammt und Seide
Umfieng der Frauen Leib.
Im ſelbſtgeſponn'nen Kleide
Gieng da manch ſuͤßes Weib.
Kaum daß in armer Kammer,
In Naͤchten lang und bang,
Bey Thraͤnen und bey Jammer
Noch toͤnt der Spindel Sang.
Sing' nur! Du ſingſt den Sorgen
Der Armuth endlich Tod.
Steig auf, du lichter Morgen!
Bring' das erſung'ne Brod.
Jezt im Gemach der Schoͤnen
Hoͤrt man wohl Lautenklang,
Wohl welſche Triller toͤnen,
Gar leis der Spindel Sang.
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Zitationshilfe: | Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/32>, abgerufen am 16.02.2025. |