Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Darum fülle, blaues Auge!
Dich fortan nicht mehr mit Thränen,
Lass' allein mein dunkles Auge
Still umwölkt in Thränen steh'n.
Darum blicke, blaues Auge!
Nimmer trübe an den Himmel,
Sieh! sonst blickt er wieder trüb.
Und wohin kann ich noch schauen,
Als gen Himmel, wenn ich nimmer
In dein Auge schauen kann?

3.
Blick aus deinem Fenster, Liebe!
Schaue über die blauen Berge:
Denn dort will ich an den Himmel
Dir ein licht' Gemälde malen.
Steigen aus der Näh' und Ferne
Hohe Berge an den Himmel,
Stürzen helle, kühle Quellen
In ein blumigt, grünes Thal.
Stüzt der Wanderer im Thale
Auf den Stab sich, einzuathmen
Jugend, Freiheit, Liebe, Kraft.
Darum fuͤlle, blaues Auge!
Dich fortan nicht mehr mit Thraͤnen,
Laſſ' allein mein dunkles Auge
Still umwoͤlkt in Thraͤnen ſteh'n.
Darum blicke, blaues Auge!
Nimmer truͤbe an den Himmel,
Sieh! ſonſt blickt er wieder truͤb.
Und wohin kann ich noch ſchauen,
Als gen Himmel, wenn ich nimmer
In dein Auge ſchauen kann?

3.
Blick aus deinem Fenſter, Liebe!
Schaue uͤber die blauen Berge:
Denn dort will ich an den Himmel
Dir ein licht' Gemaͤlde malen.
Steigen aus der Naͤh' und Ferne
Hohe Berge an den Himmel,
Stuͤrzen helle, kuͤhle Quellen
In ein blumigt, gruͤnes Thal.
Stuͤzt der Wanderer im Thale
Auf den Stab ſich, einzuathmen
Jugend, Freiheit, Liebe, Kraft.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <lg type="poem" n="2">
          <l>
            <pb facs="#f0203" n="191"/>
          </l>
          <lg n="4">
            <l>Darum fu&#x0364;lle, blaues Auge!</l><lb/>
            <l>Dich fortan nicht mehr mit Thra&#x0364;nen,</l><lb/>
            <l>La&#x017F;&#x017F;' allein mein dunkles Auge</l><lb/>
            <l>Still umwo&#x0364;lkt in Thra&#x0364;nen &#x017F;teh'n.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>Darum blicke, blaues Auge!</l><lb/>
            <l>Nimmer tru&#x0364;be an den Himmel,</l><lb/>
            <l>Sieh! &#x017F;on&#x017F;t blickt er wieder tru&#x0364;b.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <l>Und wohin kann ich noch &#x017F;chauen,</l><lb/>
            <l>Als gen Himmel, wenn ich nimmer</l><lb/>
            <l>In dein Auge &#x017F;chauen kann?</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem" n="3">
          <head>3.</head><lb/>
          <lg n="1">
            <l>Blick aus deinem Fen&#x017F;ter, Liebe!</l><lb/>
            <l>Schaue u&#x0364;ber die blauen Berge:</l><lb/>
            <l>Denn dort will ich an den Himmel</l><lb/>
            <l>Dir ein licht' Gema&#x0364;lde malen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Steigen aus der Na&#x0364;h' und Ferne</l><lb/>
            <l>Hohe Berge an den Himmel,</l><lb/>
            <l>Stu&#x0364;rzen helle, ku&#x0364;hle Quellen</l><lb/>
            <l>In ein blumigt, gru&#x0364;nes Thal.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Stu&#x0364;zt der Wanderer im Thale</l><lb/>
            <l>Auf den Stab &#x017F;ich, einzuathmen</l><lb/>
            <l>Jugend, Freiheit, Liebe, Kraft.</l>
          </lg><lb/>
          <l>
</l>
        </lg>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0203] Darum fuͤlle, blaues Auge! Dich fortan nicht mehr mit Thraͤnen, Laſſ' allein mein dunkles Auge Still umwoͤlkt in Thraͤnen ſteh'n. Darum blicke, blaues Auge! Nimmer truͤbe an den Himmel, Sieh! ſonſt blickt er wieder truͤb. Und wohin kann ich noch ſchauen, Als gen Himmel, wenn ich nimmer In dein Auge ſchauen kann? 3. Blick aus deinem Fenſter, Liebe! Schaue uͤber die blauen Berge: Denn dort will ich an den Himmel Dir ein licht' Gemaͤlde malen. Steigen aus der Naͤh' und Ferne Hohe Berge an den Himmel, Stuͤrzen helle, kuͤhle Quellen In ein blumigt, gruͤnes Thal. Stuͤzt der Wanderer im Thale Auf den Stab ſich, einzuathmen Jugend, Freiheit, Liebe, Kraft.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/203
Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/203>, abgerufen am 24.11.2024.