Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Die Antwort. Warum du nur Klagetöne? Warum du nur ew'gen Schmerz? Stimmt Natur mit ihrer Schöne Dich nicht einmal um zu Scherz? Kommen Wolken hergezogen, Liegt die Erde kalt und grau, Bald ein lust'ger Regenbogen Schimmert über Wald und Au'. Muß der Baum dem Frost sich beugen, Steht er ohne Farb' und Duft, Bald mit tausend Blüthenzweigen Spielt er üppig in der Luft. Warum du nur ewig Schmerzen? Du nur ewig bangen Traum? Läg' ich an dem Mutterherzen Der Natur wie Erd' und Baum, Säng' ich lust'ge, farb'ge Lieder, Spielt' ich wie ein herzlich Kind, Jetzo wein' ich, bis ich wieder Die verlor'ne Mutter find'. Die Antwort. Warum du nur Klagetoͤne? Warum du nur ew'gen Schmerz? Stimmt Natur mit ihrer Schoͤne Dich nicht einmal um zu Scherz? Kommen Wolken hergezogen, Liegt die Erde kalt und grau, Bald ein luſt'ger Regenbogen Schimmert uͤber Wald und Au'. Muß der Baum dem Froſt ſich beugen, Steht er ohne Farb' und Duft, Bald mit tauſend Bluͤthenzweigen Spielt er uͤppig in der Luft. Warum du nur ewig Schmerzen? Du nur ewig bangen Traum? Laͤg' ich an dem Mutterherzen Der Natur wie Erd' und Baum, Saͤng' ich luſt'ge, farb'ge Lieder, Spielt' ich wie ein herzlich Kind, Jetzo wein' ich, bis ich wieder Die verlor'ne Mutter find'. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0129" n="117"/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#g">Die Antwort</hi>.</head><lb/> <l> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </l> <lg n="1"> <l>Warum <hi rendition="#g">du</hi> nur Klagetoͤne?</l><lb/> <l>Warum <hi rendition="#g">du</hi> nur ew'gen Schmerz?</l><lb/> <l>Stimmt Natur mit ihrer Schoͤne</l><lb/> <l>Dich nicht einmal um zu Scherz?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Kommen Wolken hergezogen,</l><lb/> <l>Liegt die Erde kalt und grau,</l><lb/> <l>Bald ein luſt'ger Regenbogen</l><lb/> <l>Schimmert uͤber Wald und Au'.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Muß der Baum dem Froſt ſich beugen,</l><lb/> <l>Steht er ohne Farb' und Duft,</l><lb/> <l>Bald mit tauſend Bluͤthenzweigen</l><lb/> <l>Spielt er uͤppig in der Luft.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Warum <hi rendition="#g">du</hi> nur ewig Schmerzen?</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Du</hi> nur ewig bangen Traum?</l><lb/> <l>Laͤg' ich an dem Mutterherzen</l><lb/> <l>Der Natur wie Erd' und Baum,</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Saͤng' ich luſt'ge, farb'ge Lieder,</l><lb/> <l>Spielt' ich wie ein herzlich Kind,</l><lb/> <l>Jetzo wein' ich, bis ich wieder</l><lb/> <l>Die verlor'ne Mutter find'.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [117/0129]
Die Antwort.
Warum du nur Klagetoͤne?
Warum du nur ew'gen Schmerz?
Stimmt Natur mit ihrer Schoͤne
Dich nicht einmal um zu Scherz?
Kommen Wolken hergezogen,
Liegt die Erde kalt und grau,
Bald ein luſt'ger Regenbogen
Schimmert uͤber Wald und Au'.
Muß der Baum dem Froſt ſich beugen,
Steht er ohne Farb' und Duft,
Bald mit tauſend Bluͤthenzweigen
Spielt er uͤppig in der Luft.
Warum du nur ewig Schmerzen?
Du nur ewig bangen Traum?
Laͤg' ich an dem Mutterherzen
Der Natur wie Erd' und Baum,
Saͤng' ich luſt'ge, farb'ge Lieder,
Spielt' ich wie ein herzlich Kind,
Jetzo wein' ich, bis ich wieder
Die verlor'ne Mutter find'.
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Zitationshilfe: | Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/129>, abgerufen am 16.07.2024. |