dießmal nicht antworte, nun müsse es seyn. Da seye aber, wie sie schon fast am Tode gewesen, die weiße Geistin erschienen, die habe sich zu ihrer Rechten gestellt, der schwarze Geist seye zu ihrer Linken gewesen. Beide Geister hätten, wie es ihr geschienen, mit einander gestritten, aber in einer ihr ganz fremden Sprache, aber ihr vernehmbar, laut, und endlich sey der weißen Gestalt die schwarze ge- wichen und sie wieder zu sich gekommen. Von den Fragen, die man während ihres Zustandes an sie gemacht hatte, wußte sie nichts.
Sie weinte nun sehr über ihren unglücklichen Zustand, besonders da ihr die Leute sagten, sie seye mit Gichtern behaftet.
Als sie darob am 23. August sehr traurig war, erschien ihr die weiße Geistin und sagte: "Grüß Gott Magdalene! Kümmre dich nicht, du bist nicht krank. Die Leute können nicht darüber urtheilen. Wenn du noch so oft hinfällst, ich schütze dich, daß es dir keinen Schaden bringt und den Unglaubigen soll es ein Beyspiel seyn. Wohl sagen auch die Leute: warum kommt so ein Geist zu einer so Un- wissenden? die hat nichts gelernt, die weiß nichts, die gilt nichts, und der Geist war eine Nonne und Nonnen wissen auch nichts als von der Marie und vom Kreuz- lein. Die aber wissen nicht, daß geschrieben stehet: ""Und ich, lieben Brüder, da ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten, oder hoher Weisheit, euch zu verkündigen die göttliche Predigt, denn ich hielt mich nicht dafür, daß ich etwas wüßte unter euch, ohne allein Jesum Christum den Gekreuzigten. Und ich war bey euch mit Schwach- heit und mit Furcht, und mit großem Zittern. Und mein Wort und meine Predigt war nicht in vernünftigen Reden menschlicher Weisheit, sondern in Beweisung des Geistes und der Kraft. Auf daß euer Glaube bestehe, nicht auf Men- schenweisheit, sondern auf Gottes Kraft."" Wenn auch Doktoren und sonst gelehrte Leute kommen und sehen dich, so werden sie alle nichts wissen. Etliche werden sprechen:
dießmal nicht antworte, nun müſſe es ſeyn. Da ſeye aber, wie ſie ſchon faſt am Tode geweſen, die weiße Geiſtin erſchienen, die habe ſich zu ihrer Rechten geſtellt, der ſchwarze Geiſt ſeye zu ihrer Linken geweſen. Beide Geiſter hätten, wie es ihr geſchienen, mit einander geſtritten, aber in einer ihr ganz fremden Sprache, aber ihr vernehmbar, laut, und endlich ſey der weißen Geſtalt die ſchwarze ge- wichen und ſie wieder zu ſich gekommen. Von den Fragen, die man während ihres Zuſtandes an ſie gemacht hatte, wußte ſie nichts.
Sie weinte nun ſehr über ihren unglücklichen Zuſtand, beſonders da ihr die Leute ſagten, ſie ſeye mit Gichtern behaftet.
Als ſie darob am 23. Auguſt ſehr traurig war, erſchien ihr die weiße Geiſtin und ſagte: „Grüß Gott Magdalene! Kümmre dich nicht, du biſt nicht krank. Die Leute können nicht darüber urtheilen. Wenn du noch ſo oft hinfällſt, ich ſchütze dich, daß es dir keinen Schaden bringt und den Unglaubigen ſoll es ein Beyſpiel ſeyn. Wohl ſagen auch die Leute: warum kommt ſo ein Geiſt zu einer ſo Un- wiſſenden? die hat nichts gelernt, die weiß nichts, die gilt nichts, und der Geiſt war eine Nonne und Nonnen wiſſen auch nichts als von der Marie und vom Kreuz- lein. Die aber wiſſen nicht, daß geſchrieben ſtehet: „„Und ich, lieben Brüder, da ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten, oder hoher Weisheit, euch zu verkündigen die göttliche Predigt, denn ich hielt mich nicht dafür, daß ich etwas wüßte unter euch, ohne allein Jeſum Chriſtum den Gekreuzigten. Und ich war bey euch mit Schwach- heit und mit Furcht, und mit großem Zittern. Und mein Wort und meine Predigt war nicht in vernünftigen Reden menſchlicher Weisheit, ſondern in Beweiſung des Geiſtes und der Kraft. Auf daß euer Glaube beſtehe, nicht auf Men- ſchenweisheit, ſondern auf Gottes Kraft.““ Wenn auch Doktoren und ſonſt gelehrte Leute kommen und ſehen dich, ſo werden ſie alle nichts wiſſen. Etliche werden ſprechen:
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dießmal nicht antworte, nun müſſe es ſeyn. Da ſeye aber,
wie ſie ſchon faſt am Tode geweſen, die weiße Geiſtin
erſchienen, die habe ſich zu ihrer Rechten geſtellt, der ſchwarze
Geiſt ſeye zu ihrer Linken geweſen. Beide Geiſter hätten,
wie es ihr geſchienen, mit einander geſtritten, aber in einer
ihr ganz fremden Sprache, aber ihr vernehmbar,
laut, und endlich ſey der weißen Geſtalt die ſchwarze ge-
wichen und ſie wieder zu ſich gekommen. Von den Fragen,
die man während ihres Zuſtandes an ſie gemacht hatte,
wußte ſie nichts.
Sie weinte nun ſehr über ihren unglücklichen Zuſtand,
beſonders da ihr die Leute ſagten, ſie ſeye mit Gichtern
behaftet.
Als ſie darob am 23. Auguſt ſehr traurig war, erſchien
ihr die weiße Geiſtin und ſagte: „Grüß Gott Magdalene!
Kümmre dich nicht, du biſt nicht krank. Die Leute können
nicht darüber urtheilen. Wenn du noch ſo oft hinfällſt, ich
ſchütze dich, daß es dir keinen Schaden bringt und den
Unglaubigen ſoll es ein Beyſpiel ſeyn. Wohl ſagen auch
die Leute: warum kommt ſo ein Geiſt zu einer ſo Un-
wiſſenden? die hat nichts gelernt, die weiß nichts, die
gilt nichts, und der Geiſt war eine Nonne und Nonnen
wiſſen auch nichts als von der Marie und vom Kreuz-
lein. Die aber wiſſen nicht, daß geſchrieben ſtehet:
„„Und ich, lieben Brüder, da ich zu euch kam, kam ich
nicht mit hohen Worten, oder hoher Weisheit, euch zu
verkündigen die göttliche Predigt, denn ich hielt mich nicht
dafür, daß ich etwas wüßte unter euch, ohne allein Jeſum
Chriſtum den Gekreuzigten. Und ich war bey euch mit Schwach-
heit und mit Furcht, und mit großem Zittern. Und mein
Wort und meine Predigt war nicht in vernünftigen Reden
menſchlicher Weisheit, ſondern in Beweiſung des Geiſtes
und der Kraft. Auf daß euer Glaube beſtehe, nicht auf Men-
ſchenweisheit, ſondern auf Gottes Kraft.““ Wenn auch
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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/48>, abgerufen am 27.07.2024.
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