"Gaßner nichts, als daß man sein Uebel für natürlich "halte, um die Wirkung des Exorcismus zu hintertreiben. "Endlich behauptet er, daß viele Krankheiten blos natür- "lich und daher auch nur durch die natürlichen Mittel der "Aerzte zu vertreiben seyen. Uebrigens muß man diesen "Mann nicht aus seinen Reden, sondern aus seinen Wir- "kungen beurtheilen. Ich müßte ein ganzes Buch schrei- "ben und mehr Zeit und Muße haben, als wirklich, um "Alles zu erzählen, was ich von Augenzeugen erfuhr. Ich "gebe nur das, was ich selbst sah, und von diesem nur "das Merkwürdige."
Von da geht der Berichterstatter auf einzelne von Pater Gaßner vorgenommene Operationen selbst über, und be- schreibt sie ausführlich, was ich aber hier übergehe und auf die Auszüge, die ich aus den Protokollen der Gaßner'- schen Operationen machte und die in dem erwähnten Archiv für den Magnetismus stehen, verweise. Von nicht geringer Wich- tigkeit für die faktische Wahrheit der Gaßner'schen Kuren ist das Gutachten, welches die aus vier Ingolstädter Professoren bestehende Commission, die mehrere Tage den Operationen an- wohnte, ausstellte, was ich hier übergehe. Eine Stelle aber, welche Herr Levelin, Professor der Medizin in Ingolstadt, als Augenzeuge an den Dr.Hombourg in Wien in einem Briefe schrieb, füge ich noch bei: "Extra dubium est, quod "illi sacerdoti ad nutum sine tactu imperium sit abso- "lutum in systema nerveum. Horribilia at nutum pro- "ducit et unico verbo "cesset" evanescunt ad momen- "tum. Repetitis vicibus pulsum produxit intermitten- "dum, saepius momentanee evanescentem. Exploravi "pulsum et inveni veritatem imperantis sacerdotis, in "quo non est dolus, et qui homo est sincerrimus."
Was in dieser Stelle Professor Levelin behauptet, daß Pater Gaßner eine absolute Herrschaft auf das Nerven- system jener Kranken ausgeübt habe, so daß selbst die Be- wegungen des Pulses und, wie aus andern Geschichten er- hellt, auch die Empfindungen der Sinne sich ganz nach
„Gaßner nichts, als daß man ſein Uebel für natürlich „halte, um die Wirkung des Exorcismus zu hintertreiben. „Endlich behauptet er, daß viele Krankheiten blos natür- „lich und daher auch nur durch die natürlichen Mittel der „Aerzte zu vertreiben ſeyen. Uebrigens muß man dieſen „Mann nicht aus ſeinen Reden, ſondern aus ſeinen Wir- „kungen beurtheilen. Ich müßte ein ganzes Buch ſchrei- „ben und mehr Zeit und Muße haben, als wirklich, um „Alles zu erzählen, was ich von Augenzeugen erfuhr. Ich „gebe nur das, was ich ſelbſt ſah, und von dieſem nur „das Merkwürdige.“
Von da geht der Berichterſtatter auf einzelne von Pater Gaßner vorgenommene Operationen ſelbſt über, und be- ſchreibt ſie ausführlich, was ich aber hier übergehe und auf die Auszüge, die ich aus den Protokollen der Gaßner’- ſchen Operationen machte und die in dem erwähnten Archiv für den Magnetismus ſtehen, verweiſe. Von nicht geringer Wich- tigkeit für die faktiſche Wahrheit der Gaßner’ſchen Kuren iſt das Gutachten, welches die aus vier Ingolſtädter Profeſſoren beſtehende Commiſſion, die mehrere Tage den Operationen an- wohnte, ausſtellte, was ich hier übergehe. Eine Stelle aber, welche Herr Levelin, Profeſſor der Medizin in Ingolſtadt, als Augenzeuge an den Dr.Hombourg in Wien in einem Briefe ſchrieb, füge ich noch bei: „Extra dubium est, quod „illi sacerdoti ad nutum sine tactu imperium sit abso- „lutum in systema nerveum. Horribilia at nutum pro- „ducit et unico verbo „cesset“ evanescunt ad momen- „tum. Repetitis vicibus pulsum produxit intermitten- „dum, sæpius momentanee evanescentem. Exploravi „pulsum et inveni veritatem imperantis sacerdotis, in „quo non est dolus, et qui homo est sincerrimus.“
Was in dieſer Stelle Profeſſor Levelin behauptet, daß Pater Gaßner eine abſolute Herrſchaft auf das Nerven- ſyſtem jener Kranken ausgeübt habe, ſo daß ſelbſt die Be- wegungen des Pulſes und, wie aus andern Geſchichten er- hellt, auch die Empfindungen der Sinne ſich ganz nach
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0164"n="150"/>„<hirendition="#g">Gaßner</hi> nichts, als daß man ſein Uebel für natürlich<lb/>„halte, um die Wirkung des Exorcismus zu hintertreiben.<lb/>„Endlich behauptet er, daß viele Krankheiten blos natür-<lb/>„lich und daher auch nur durch die natürlichen Mittel der<lb/>„Aerzte zu vertreiben ſeyen. Uebrigens muß man dieſen<lb/>„Mann nicht aus ſeinen Reden, ſondern aus ſeinen Wir-<lb/>„kungen beurtheilen. Ich müßte ein ganzes Buch ſchrei-<lb/>„ben und mehr Zeit und Muße haben, als wirklich, um<lb/>„Alles zu erzählen, was ich von Augenzeugen erfuhr. Ich<lb/>„gebe nur das, was ich ſelbſt ſah, und von dieſem nur<lb/>„das Merkwürdige.“</p><lb/><p>Von da geht der Berichterſtatter auf einzelne von Pater<lb/><hirendition="#g">Gaßner</hi> vorgenommene Operationen ſelbſt über, und be-<lb/>ſchreibt ſie ausführlich, was ich aber hier übergehe und<lb/>
auf die Auszüge, die ich aus den Protokollen der <hirendition="#g">Gaßner</hi>’-<lb/>ſchen Operationen machte und die in dem erwähnten Archiv für<lb/>
den Magnetismus ſtehen, verweiſe. Von nicht geringer Wich-<lb/>
tigkeit für die faktiſche Wahrheit der <hirendition="#g">Gaßner</hi>’ſchen Kuren iſt<lb/>
das Gutachten, welches die aus vier Ingolſtädter Profeſſoren<lb/>
beſtehende Commiſſion, die mehrere Tage den Operationen an-<lb/>
wohnte, ausſtellte, was ich hier übergehe. Eine Stelle aber,<lb/>
welche Herr <hirendition="#g">Levelin</hi>, Profeſſor der Medizin in Ingolſtadt,<lb/>
als Augenzeuge an den <hirendition="#aq">Dr.</hi><hirendition="#g">Hombourg</hi> in Wien in einem<lb/>
Briefe ſchrieb, füge ich noch bei: <hirendition="#aq">„Extra dubium est, quod<lb/>„illi sacerdoti ad nutum sine tactu imperium sit abso-<lb/>„lutum in systema nerveum. Horribilia at nutum pro-<lb/>„ducit et unico verbo „cesset“ evanescunt ad momen-<lb/>„tum. Repetitis vicibus pulsum produxit intermitten-<lb/>„dum, sæpius momentanee evanescentem. Exploravi<lb/>„pulsum et inveni veritatem imperantis sacerdotis, in<lb/>„quo non est dolus, et qui homo est sincerrimus.“</hi></p><lb/><p>Was in dieſer Stelle Profeſſor <hirendition="#g">Levelin</hi> behauptet, daß<lb/>
Pater <hirendition="#g">Gaßner</hi> eine abſolute Herrſchaft auf das Nerven-<lb/>ſyſtem jener Kranken ausgeübt habe, ſo daß ſelbſt die Be-<lb/>
wegungen des Pulſes und, wie aus andern Geſchichten er-<lb/>
hellt, auch die Empfindungen der Sinne ſich ganz nach<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[150/0164]
„Gaßner nichts, als daß man ſein Uebel für natürlich
„halte, um die Wirkung des Exorcismus zu hintertreiben.
„Endlich behauptet er, daß viele Krankheiten blos natür-
„lich und daher auch nur durch die natürlichen Mittel der
„Aerzte zu vertreiben ſeyen. Uebrigens muß man dieſen
„Mann nicht aus ſeinen Reden, ſondern aus ſeinen Wir-
„kungen beurtheilen. Ich müßte ein ganzes Buch ſchrei-
„ben und mehr Zeit und Muße haben, als wirklich, um
„Alles zu erzählen, was ich von Augenzeugen erfuhr. Ich
„gebe nur das, was ich ſelbſt ſah, und von dieſem nur
„das Merkwürdige.“
Von da geht der Berichterſtatter auf einzelne von Pater
Gaßner vorgenommene Operationen ſelbſt über, und be-
ſchreibt ſie ausführlich, was ich aber hier übergehe und
auf die Auszüge, die ich aus den Protokollen der Gaßner’-
ſchen Operationen machte und die in dem erwähnten Archiv für
den Magnetismus ſtehen, verweiſe. Von nicht geringer Wich-
tigkeit für die faktiſche Wahrheit der Gaßner’ſchen Kuren iſt
das Gutachten, welches die aus vier Ingolſtädter Profeſſoren
beſtehende Commiſſion, die mehrere Tage den Operationen an-
wohnte, ausſtellte, was ich hier übergehe. Eine Stelle aber,
welche Herr Levelin, Profeſſor der Medizin in Ingolſtadt,
als Augenzeuge an den Dr. Hombourg in Wien in einem
Briefe ſchrieb, füge ich noch bei: „Extra dubium est, quod
„illi sacerdoti ad nutum sine tactu imperium sit abso-
„lutum in systema nerveum. Horribilia at nutum pro-
„ducit et unico verbo „cesset“ evanescunt ad momen-
„tum. Repetitis vicibus pulsum produxit intermitten-
„dum, sæpius momentanee evanescentem. Exploravi
„pulsum et inveni veritatem imperantis sacerdotis, in
„quo non est dolus, et qui homo est sincerrimus.“
Was in dieſer Stelle Profeſſor Levelin behauptet, daß
Pater Gaßner eine abſolute Herrſchaft auf das Nerven-
ſyſtem jener Kranken ausgeübt habe, ſo daß ſelbſt die Be-
wegungen des Pulſes und, wie aus andern Geſchichten er-
hellt, auch die Empfindungen der Sinne ſich ganz nach
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/164>, abgerufen am 17.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.