men noch manche Lebensumstände vor, deren Wahrheit jetzt noch durch Erkundigung ausgemittelt werden konnte. Diese Erkundigung wurde von einem ganz unbefangenen, höchst schätzbaren Freunde an Ort und Stelle unternommen, aber die Ergebnisse waren von der Art, daß mehrere Aussa- gen unentschieden blieben, mehrere nur halbwahr, andere aber ganz wahr erfunden wurden. Uebrigens kann dieser Mangel nichts gegen die Besitzungen beweisen; denn wenn auch die Meinung gefaßt werden wollte, daß eine fixe Idee oder Verstellung der Frau im Spiel gewesen sey, so würde sie gerade die Lebensumstände, die ihr von den Verstorbe- nen bekannt seyn konnten, weit richtiger und unzweifelhaf- ter angegeben haben. Zu einer solchen Meinung ist aber nicht der geringste Grund vorhanden, vielmehr sprechen alle Gründe dagegen, und der endliche Erfolg mit Wiederher- stellung ihrer Gesundheit ist der stärkste Beweis dagegen.
Der Exorcismus.
Den Aufklärungs-Schauer, den ich früher bey diesem Worte hatte, habe ich überwunden, seitdem ich mich theils durch evangelische, theils theoretische Gründe, theils durch Selbstbeobachtungen, von dem Daseyn einer Unnatur über- zeugt habe.
Die evangelischen Gründe finde ich nicht nur darin, daß Christus den Exorcismus selbst häufig angewandt hat, und daß die Jünger ihm mit Freuden berichteten und sprachen: "Herr! in deinem Namen sind uns auch die Teufel unter- than," sondern auch hauptsächlich in der sichern Verhei- ßung, die er Allen, die da glauben, noch nach seiner Auf- erstehung, mithin für alle Zukunft, gab: "In meinem Na- "men werden die Glaubigen Teufel austreiben, -- -- und, "so sie auf die Kranken die Hände legen, wird es mit "ihnen besser werden." In dieser Stelle ist nicht nur die volle Befugniß zum Exorcismus enthalten, sondern die Be-
men noch manche Lebensumſtände vor, deren Wahrheit jetzt noch durch Erkundigung ausgemittelt werden konnte. Dieſe Erkundigung wurde von einem ganz unbefangenen, höchſt ſchätzbaren Freunde an Ort und Stelle unternommen, aber die Ergebniſſe waren von der Art, daß mehrere Ausſa- gen unentſchieden blieben, mehrere nur halbwahr, andere aber ganz wahr erfunden wurden. Uebrigens kann dieſer Mangel nichts gegen die Beſitzungen beweiſen; denn wenn auch die Meinung gefaßt werden wollte, daß eine fixe Idee oder Verſtellung der Frau im Spiel geweſen ſey, ſo würde ſie gerade die Lebensumſtände, die ihr von den Verſtorbe- nen bekannt ſeyn konnten, weit richtiger und unzweifelhaf- ter angegeben haben. Zu einer ſolchen Meinung iſt aber nicht der geringſte Grund vorhanden, vielmehr ſprechen alle Gründe dagegen, und der endliche Erfolg mit Wiederher- ſtellung ihrer Geſundheit iſt der ſtärkſte Beweis dagegen.
Der Exorcismus.
Den Aufklärungs-Schauer, den ich früher bey dieſem Worte hatte, habe ich überwunden, ſeitdem ich mich theils durch evangeliſche, theils theoretiſche Gründe, theils durch Selbſtbeobachtungen, von dem Daſeyn einer Unnatur über- zeugt habe.
Die evangeliſchen Gründe finde ich nicht nur darin, daß Chriſtus den Exorcismus ſelbſt häufig angewandt hat, und daß die Jünger ihm mit Freuden berichteten und ſprachen: „Herr! in deinem Namen ſind uns auch die Teufel unter- than,“ ſondern auch hauptſächlich in der ſichern Verhei- ßung, die er Allen, die da glauben, noch nach ſeiner Auf- erſtehung, mithin für alle Zukunft, gab: „In meinem Na- „men werden die Glaubigen Teufel austreiben, — — und, „ſo ſie auf die Kranken die Hände legen, wird es mit „ihnen beſſer werden.“ In dieſer Stelle iſt nicht nur die volle Befugniß zum Exorcismus enthalten, ſondern die Be-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0160"n="146"/>
men noch manche Lebensumſtände vor, deren Wahrheit jetzt<lb/>
noch durch Erkundigung ausgemittelt werden konnte. Dieſe<lb/>
Erkundigung wurde von einem ganz unbefangenen, höchſt<lb/>ſchätzbaren Freunde an Ort und Stelle unternommen, aber<lb/>
die Ergebniſſe waren von der Art, daß mehrere Ausſa-<lb/>
gen unentſchieden blieben, mehrere nur halbwahr, andere<lb/>
aber ganz wahr erfunden wurden. Uebrigens kann dieſer<lb/>
Mangel nichts gegen die Beſitzungen beweiſen; denn wenn<lb/>
auch die Meinung gefaßt werden wollte, daß eine fixe Idee<lb/>
oder Verſtellung der Frau im Spiel geweſen ſey, ſo würde<lb/>ſie gerade die Lebensumſtände, die ihr von den Verſtorbe-<lb/>
nen bekannt ſeyn konnten, weit richtiger und unzweifelhaf-<lb/>
ter angegeben haben. Zu einer ſolchen Meinung iſt aber<lb/>
nicht der geringſte Grund vorhanden, vielmehr ſprechen alle<lb/>
Gründe dagegen, und der endliche Erfolg mit Wiederher-<lb/>ſtellung ihrer Geſundheit iſt der ſtärkſte Beweis dagegen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#g">Der Exorcismus</hi>.</head><lb/><p>Den Aufklärungs-Schauer, den ich früher bey dieſem<lb/>
Worte hatte, habe ich überwunden, ſeitdem ich mich theils<lb/>
durch evangeliſche, theils theoretiſche Gründe, theils durch<lb/>
Selbſtbeobachtungen, von dem Daſeyn einer Unnatur über-<lb/>
zeugt habe.</p><lb/><p>Die evangeliſchen Gründe finde ich nicht nur darin, daß<lb/>
Chriſtus den Exorcismus ſelbſt häufig angewandt hat, und<lb/>
daß die Jünger ihm mit Freuden berichteten und ſprachen:<lb/>„Herr! in deinem Namen ſind uns auch die Teufel unter-<lb/>
than,“ſondern auch hauptſächlich in der ſichern Verhei-<lb/>
ßung, die er Allen, die da glauben, noch nach ſeiner Auf-<lb/>
erſtehung, mithin für alle Zukunft, gab: „In meinem Na-<lb/>„men werden die Glaubigen Teufel austreiben, —— und,<lb/>„ſo ſie auf die Kranken die Hände legen, wird es mit<lb/>„ihnen beſſer werden.“ In dieſer Stelle iſt nicht nur die<lb/>
volle Befugniß zum Exorcismus enthalten, ſondern die Be-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[146/0160]
men noch manche Lebensumſtände vor, deren Wahrheit jetzt
noch durch Erkundigung ausgemittelt werden konnte. Dieſe
Erkundigung wurde von einem ganz unbefangenen, höchſt
ſchätzbaren Freunde an Ort und Stelle unternommen, aber
die Ergebniſſe waren von der Art, daß mehrere Ausſa-
gen unentſchieden blieben, mehrere nur halbwahr, andere
aber ganz wahr erfunden wurden. Uebrigens kann dieſer
Mangel nichts gegen die Beſitzungen beweiſen; denn wenn
auch die Meinung gefaßt werden wollte, daß eine fixe Idee
oder Verſtellung der Frau im Spiel geweſen ſey, ſo würde
ſie gerade die Lebensumſtände, die ihr von den Verſtorbe-
nen bekannt ſeyn konnten, weit richtiger und unzweifelhaf-
ter angegeben haben. Zu einer ſolchen Meinung iſt aber
nicht der geringſte Grund vorhanden, vielmehr ſprechen alle
Gründe dagegen, und der endliche Erfolg mit Wiederher-
ſtellung ihrer Geſundheit iſt der ſtärkſte Beweis dagegen.
Der Exorcismus.
Den Aufklärungs-Schauer, den ich früher bey dieſem
Worte hatte, habe ich überwunden, ſeitdem ich mich theils
durch evangeliſche, theils theoretiſche Gründe, theils durch
Selbſtbeobachtungen, von dem Daſeyn einer Unnatur über-
zeugt habe.
Die evangeliſchen Gründe finde ich nicht nur darin, daß
Chriſtus den Exorcismus ſelbſt häufig angewandt hat, und
daß die Jünger ihm mit Freuden berichteten und ſprachen:
„Herr! in deinem Namen ſind uns auch die Teufel unter-
than,“ ſondern auch hauptſächlich in der ſichern Verhei-
ßung, die er Allen, die da glauben, noch nach ſeiner Auf-
erſtehung, mithin für alle Zukunft, gab: „In meinem Na-
„men werden die Glaubigen Teufel austreiben, — — und,
„ſo ſie auf die Kranken die Hände legen, wird es mit
„ihnen beſſer werden.“ In dieſer Stelle iſt nicht nur die
volle Befugniß zum Exorcismus enthalten, ſondern die Be-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/160>, abgerufen am 23.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.