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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.

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begierig sind, wo sie einst selbst wohnten, um theils mehr
geschützt zu seyn, theils ihre Bosheiten noch fortsetzen zu
können.

Dieser Punkt bleibt auch in den nachfolgenden Zeiten
noch unausgemacht, und nur hie und da regt sich die Mei-
nung, daß die Dämonen der Besessenen verstorbene böse
Menschen seyen. Ohne Zweifel haben die Exorcisten die-
sem Punkt von jeher wenig Aufmerksamkeit, oder, wenn
auch die Dämonen aus dem Munde der Besessenen sich für
ehemalige Menschen ausgaben, wenig Glauben geschenkt.

Man kann zwar einwenden, daß die Dämonen zu Christi
Zeiten ihn und seine Abkunft erkannten, und wohl die
Macht wußten, die er gegen sie hatte, was mehr die Mei-
nung zu bestätigen scheint, daß sie gefallene Engel seyen,
allein eine solche Wissenschaft und ein solches Geoffenbart-
werden nach dem Tode dürfen wir auch bey verstorbenen
Menschen annehmen. So gibt uns die Parabel vom rei-
chen Manne zu erkennen, daß ihm nach dem Tode der
Blick in jene selige Region, wo Abraham war und Laza-
rus in seinem Schoße, sogleich geöffnet wurde.

In den meisten vorliegenden Geschichten wird diese Mei-
nung durch die Angaben der Dämonen, daß sie bestimmte
Personen auf der Erde gewesen, bestätigt. So gab die
U .. n fünf Verstorbene mit Namen und Personalien an,
oder vielmehr die Dämonen gaben sich selbst durch sie als
solche an. Die Einwendung, daß die Frau jene Männer
im Leben gekannt habe, und daß die fixe Idee des Beses-
senseyns ihr wohl diese Namen suggerirt haben könne, paßt
wenigstens nicht auf den letzten Dämon, von dem es er-
wiesen ist, daß sie ihn im Leben nicht gekannt hat.

IX. Das dämonische Reich ist das Reich der Lügen, sie
sind und bleiben Lügengeister. Werden sie auch genöthigt,
ihre Namen und Lebensumstände anzugeben, so sind ihre
Aussagen doch nur halb wahr, halb erlogen, wovon wir
uns in der Geschichte der U .. n überzeugen konnten. In
den Sündenbekenntnissen und Personalien der Dämonen ka-

Kerner, über Besessenseyn. 10

begierig ſind, wo ſie einſt ſelbſt wohnten, um theils mehr
geſchützt zu ſeyn, theils ihre Bosheiten noch fortſetzen zu
können.

Dieſer Punkt bleibt auch in den nachfolgenden Zeiten
noch unausgemacht, und nur hie und da regt ſich die Mei-
nung, daß die Dämonen der Beſeſſenen verſtorbene böſe
Menſchen ſeyen. Ohne Zweifel haben die Exorciſten die-
ſem Punkt von jeher wenig Aufmerkſamkeit, oder, wenn
auch die Dämonen aus dem Munde der Beſeſſenen ſich für
ehemalige Menſchen ausgaben, wenig Glauben geſchenkt.

Man kann zwar einwenden, daß die Dämonen zu Chriſti
Zeiten ihn und ſeine Abkunft erkannten, und wohl die
Macht wußten, die er gegen ſie hatte, was mehr die Mei-
nung zu beſtätigen ſcheint, daß ſie gefallene Engel ſeyen,
allein eine ſolche Wiſſenſchaft und ein ſolches Geoffenbart-
werden nach dem Tode dürfen wir auch bey verſtorbenen
Menſchen annehmen. So gibt uns die Parabel vom rei-
chen Manne zu erkennen, daß ihm nach dem Tode der
Blick in jene ſelige Region, wo Abraham war und Laza-
rus in ſeinem Schoße, ſogleich geöffnet wurde.

In den meiſten vorliegenden Geſchichten wird dieſe Mei-
nung durch die Angaben der Dämonen, daß ſie beſtimmte
Perſonen auf der Erde geweſen, beſtätigt. So gab die
U .. n fünf Verſtorbene mit Namen und Perſonalien an,
oder vielmehr die Dämonen gaben ſich ſelbſt durch ſie als
ſolche an. Die Einwendung, daß die Frau jene Männer
im Leben gekannt habe, und daß die fixe Idee des Beſeſ-
ſenſeyns ihr wohl dieſe Namen ſuggerirt haben könne, paßt
wenigſtens nicht auf den letzten Dämon, von dem es er-
wieſen iſt, daß ſie ihn im Leben nicht gekannt hat.

IX. Das dämoniſche Reich iſt das Reich der Lügen, ſie
ſind und bleiben Lügengeiſter. Werden ſie auch genöthigt,
ihre Namen und Lebensumſtände anzugeben, ſo ſind ihre
Ausſagen doch nur halb wahr, halb erlogen, wovon wir
uns in der Geſchichte der U .. n überzeugen konnten. In
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[145/0159] begierig ſind, wo ſie einſt ſelbſt wohnten, um theils mehr geſchützt zu ſeyn, theils ihre Bosheiten noch fortſetzen zu können. Dieſer Punkt bleibt auch in den nachfolgenden Zeiten noch unausgemacht, und nur hie und da regt ſich die Mei- nung, daß die Dämonen der Beſeſſenen verſtorbene böſe Menſchen ſeyen. Ohne Zweifel haben die Exorciſten die- ſem Punkt von jeher wenig Aufmerkſamkeit, oder, wenn auch die Dämonen aus dem Munde der Beſeſſenen ſich für ehemalige Menſchen ausgaben, wenig Glauben geſchenkt. Man kann zwar einwenden, daß die Dämonen zu Chriſti Zeiten ihn und ſeine Abkunft erkannten, und wohl die Macht wußten, die er gegen ſie hatte, was mehr die Mei- nung zu beſtätigen ſcheint, daß ſie gefallene Engel ſeyen, allein eine ſolche Wiſſenſchaft und ein ſolches Geoffenbart- werden nach dem Tode dürfen wir auch bey verſtorbenen Menſchen annehmen. So gibt uns die Parabel vom rei- chen Manne zu erkennen, daß ihm nach dem Tode der Blick in jene ſelige Region, wo Abraham war und Laza- rus in ſeinem Schoße, ſogleich geöffnet wurde. In den meiſten vorliegenden Geſchichten wird dieſe Mei- nung durch die Angaben der Dämonen, daß ſie beſtimmte Perſonen auf der Erde geweſen, beſtätigt. So gab die U .. n fünf Verſtorbene mit Namen und Perſonalien an, oder vielmehr die Dämonen gaben ſich ſelbſt durch ſie als ſolche an. Die Einwendung, daß die Frau jene Männer im Leben gekannt habe, und daß die fixe Idee des Beſeſ- ſenſeyns ihr wohl dieſe Namen ſuggerirt haben könne, paßt wenigſtens nicht auf den letzten Dämon, von dem es er- wieſen iſt, daß ſie ihn im Leben nicht gekannt hat. IX. Das dämoniſche Reich iſt das Reich der Lügen, ſie ſind und bleiben Lügengeiſter. Werden ſie auch genöthigt, ihre Namen und Lebensumſtände anzugeben, ſo ſind ihre Ausſagen doch nur halb wahr, halb erlogen, wovon wir uns in der Geſchichte der U .. n überzeugen konnten. In den Sündenbekenntniſſen und Perſonalien der Dämonen ka- Kerner, über Beſeſſenſeyn. 10

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/159>, abgerufen am 27.11.2024.