Nacht wie im Traume eingegeben worden sey, daß ihr ge- genwärtiger Dämon der längst verstorbene Schmid Sch...n aus J..m sey.
Ein längst erwarteter Freund, mit welchem ich über diese Geschichte viele Briefe wechselte, kam nun auch, um Alles selbst mit anzusehen. Die Kranke erwartete sehnlich Hülfe von ihm; allein der Dämon sprach sogleich lachend gegen ihn aus: "Du bringst mich nicht hinaus, gib dir keine Mühe, es muß ein Stärkerer seyn als du."
Den folgenden Tag wurde jedoch ein Versuch gemacht, nicht sowol, den Dämon auszutreiben, als vielmehr ihn zu Bekenntnissen seiner im Leben begangenen Sünden zu brin- gen, da aus den Vorgängen bekannt war, daß diese Me- thode dem Dämon am beßten den Ausgang bereite und ihm gleichsam mehr von Körper ablöse. Es war schon viel ge- wonnen, daß der Name des Dämons bekannt war und seine Individualität nun selbst zur Rede gestellt werden konnte. Auf jeden Befehl, der im Namen des Herrn geschah, mußte er jetzt antworten, und so hartnäckig er sich auch sträubte, dieses oder jenes zu bekennen, so war er doch zuletzt dazu genöthigt. Deutlich konnte man sehen, daß ihm die heili- gen Namen eine Qual verursachten, und daß er, um dieser los zu werden, jedesmal eine Antwort gab. Das Merk- würdigere seiner Bekenntnisse besteht in Folgendem: "Er sey "schon länger neben dem Andern in der Frau gewesen, hätte "sich aber, so lange der Vorige herrschte, ruhig verhalten. "Seitdem Jener ausgefahren, seye er nun Meister ge- "worden, und es seye seine Lust, das Weib zu plagen. "In seinem Leben habe er viel betrogen und viele Misse- "thaten begangen. Noch ledig habe er ein Mädchen verführt "und nachdem sich dieses als Mutter gefühlt, habe er ihm "Gift beigebracht, wovon es schnell gestorben sey. Die That "sey nicht heraus gekommen, weil die Leute es für eine "Gallenruhr erklärten. Er habe einen fürchterlichen Mein- "eid auf seiner Seele, was ihn hindere, selig zu werden. "Er seye zuletzt von J ..m nach El...n gezogen und
Nacht wie im Traume eingegeben worden ſey, daß ihr ge- genwärtiger Dämon der längſt verſtorbene Schmid Sch…n aus J..m ſey.
Ein längſt erwarteter Freund, mit welchem ich über dieſe Geſchichte viele Briefe wechſelte, kam nun auch, um Alles ſelbſt mit anzuſehen. Die Kranke erwartete ſehnlich Hülfe von ihm; allein der Dämon ſprach ſogleich lachend gegen ihn aus: „Du bringſt mich nicht hinaus, gib dir keine Mühe, es muß ein Stärkerer ſeyn als du.“
Den folgenden Tag wurde jedoch ein Verſuch gemacht, nicht ſowol, den Dämon auszutreiben, als vielmehr ihn zu Bekenntniſſen ſeiner im Leben begangenen Sünden zu brin- gen, da aus den Vorgängen bekannt war, daß dieſe Me- thode dem Dämon am beßten den Ausgang bereite und ihm gleichſam mehr von Körper ablöſe. Es war ſchon viel ge- wonnen, daß der Name des Dämons bekannt war und ſeine Individualität nun ſelbſt zur Rede geſtellt werden konnte. Auf jeden Befehl, der im Namen des Herrn geſchah, mußte er jetzt antworten, und ſo hartnäckig er ſich auch ſträubte, dieſes oder jenes zu bekennen, ſo war er doch zuletzt dazu genöthigt. Deutlich konnte man ſehen, daß ihm die heili- gen Namen eine Qual verurſachten, und daß er, um dieſer los zu werden, jedesmal eine Antwort gab. Das Merk- würdigere ſeiner Bekenntniſſe beſteht in Folgendem: „Er ſey „ſchon länger neben dem Andern in der Frau geweſen, hätte „ſich aber, ſo lange der Vorige herrſchte, ruhig verhalten. „Seitdem Jener ausgefahren, ſeye er nun Meiſter ge- „worden, und es ſeye ſeine Luſt, das Weib zu plagen. „In ſeinem Leben habe er viel betrogen und viele Miſſe- „thaten begangen. Noch ledig habe er ein Mädchen verführt „und nachdem ſich dieſes als Mutter gefühlt, habe er ihm „Gift beigebracht, wovon es ſchnell geſtorben ſey. Die That „ſey nicht heraus gekommen, weil die Leute es für eine „Gallenruhr erklärten. Er habe einen fürchterlichen Mein- „eid auf ſeiner Seele, was ihn hindere, ſelig zu werden. „Er ſeye zuletzt von J ..m nach El…n gezogen und
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Nacht wie im Traume eingegeben worden ſey, daß ihr ge-
genwärtiger Dämon der längſt verſtorbene Schmid Sch…n
aus J..m ſey.
Ein längſt erwarteter Freund, mit welchem ich über dieſe
Geſchichte viele Briefe wechſelte, kam nun auch, um Alles
ſelbſt mit anzuſehen. Die Kranke erwartete ſehnlich Hülfe
von ihm; allein der Dämon ſprach ſogleich lachend gegen
ihn aus: „Du bringſt mich nicht hinaus, gib dir keine
Mühe, es muß ein Stärkerer ſeyn als du.“
Den folgenden Tag wurde jedoch ein Verſuch gemacht,
nicht ſowol, den Dämon auszutreiben, als vielmehr ihn zu
Bekenntniſſen ſeiner im Leben begangenen Sünden zu brin-
gen, da aus den Vorgängen bekannt war, daß dieſe Me-
thode dem Dämon am beßten den Ausgang bereite und ihm
gleichſam mehr von Körper ablöſe. Es war ſchon viel ge-
wonnen, daß der Name des Dämons bekannt war und ſeine
Individualität nun ſelbſt zur Rede geſtellt werden konnte.
Auf jeden Befehl, der im Namen des Herrn geſchah, mußte
er jetzt antworten, und ſo hartnäckig er ſich auch ſträubte,
dieſes oder jenes zu bekennen, ſo war er doch zuletzt dazu
genöthigt. Deutlich konnte man ſehen, daß ihm die heili-
gen Namen eine Qual verurſachten, und daß er, um dieſer
los zu werden, jedesmal eine Antwort gab. Das Merk-
würdigere ſeiner Bekenntniſſe beſteht in Folgendem: „Er ſey
„ſchon länger neben dem Andern in der Frau geweſen, hätte
„ſich aber, ſo lange der Vorige herrſchte, ruhig verhalten.
„Seitdem Jener ausgefahren, ſeye er nun Meiſter ge-
„worden, und es ſeye ſeine Luſt, das Weib zu plagen.
„In ſeinem Leben habe er viel betrogen und viele Miſſe-
„thaten begangen. Noch ledig habe er ein Mädchen verführt
„und nachdem ſich dieſes als Mutter gefühlt, habe er ihm
„Gift beigebracht, wovon es ſchnell geſtorben ſey. Die That
„ſey nicht heraus gekommen, weil die Leute es für eine
„Gallenruhr erklärten. Er habe einen fürchterlichen Mein-
„eid auf ſeiner Seele, was ihn hindere, ſelig zu werden.
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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/110>, abgerufen am 07.07.2024.
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