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Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866.

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§. 211. Wärmeeffect.
so mehr metallisches Blei reducirt wird, je mehr brennbare Be-
standtheile derselbe enthält. Bei Anwendung eines Windofens
stellt man die Tute auf einen Untersatz, umgiebt sie allmälig
bis nahe zur Mündung mit glühenden Kohlen, bedeckt, nachdem
die anfangs schäumende Masse geschmolzen, den Tiegel ganz
mit glühenden Kohlen und giebt noch eine etwa 1/4 Stunde
dauernde starke Hitze, worauf man den Tiegel herausnimmt,
so dass die ganze Operation 3/4--1 Stunde dauert. Zu Anfang
kann nämlich 5 -- 6 Min. lang bei Zersetzung der organischen
Substanz in Folge der ungestümen Gasentwicklung ein lebhaftes
Aufwallen der Masse stattfinden, welches wohl durch öfteres
Abnehmen des Deckels beschwichtigt wird, wenn die Masse
überzusteigen droht.

Nach dem Erkalten wird der Bleikönig vorsichtig ent-
schlackt, anhaftende Glätte abgebürstet und die abgeschlagene
Glätte auf Metallkörnchen untersucht. Spröde Bleikönige ent-
halten in Folge einer nicht hinreichenden Temperatur beim
Schmelzen Glätte mechanisch eingeschlossen. Die erhaltene Blei-
menge ist dem jedesmal absorbirten Sauerstoff und somit dem
absoluten Wärmeeffect proportional. Bei Vergleichung der auf
diese Weise gefundenen Wärmeeffecte nimmt man gewöhnlich
den Kohlenstoff als Einheit an, welcher die 34fache Menge
Blei reducirt.

Um möglichst genaue Resultate zu erzielen, müssen fol-Vorsichts-
massregeln

gende Vorsichtsmassregeln beobachtet werden:

a) Das Brennmaterial muss in möglichst feinzertheiltem Zu-
stande mit der sehr feingeriebenen Glätte innig vermengt wer-
den, damit sich keine brennbaren Theile der vollständigen
Oxydation entziehen. Holz zerkleint man mit einer sehr feinen
Säge, Torf durch Pulvern, Raspeln, Zerschneiden etc., spröde
Brennstoffe (Holzkohle, Koks, Steinkohlen etc.) durch Pulvern.

b) Da 1 Thl. Kohle das 34fache Blei reducirt, so muss zur
Vermeidung grösserer Differenzen das Probirgut genau einge-
wogen werden, und zwar für jede Probe 2--4fach, um bei
nicht ganz genau stimmenden Proben einen richtigen Durch-
schnitt nehmen zu können. Gut gerathene Proben stimmen ge-
wöhnlich bis auf 1 Decigramm überein.

c) Manche Brennstoffe (Holz, jüngere Torfe) können sich
zersetzen, bevor noch die zur Einwirkung der Bleiglätte auf
die flüchtigen Producte erforderliche Temperatur erreicht ist, in
Folge dessen die reducirte Bleimenge zu gering ausfällt. Solche

§. 211. Wärmeeffect.
so mehr metallisches Blei reducirt wird, je mehr brennbare Be-
standtheile derselbe enthält. Bei Anwendung eines Windofens
stellt man die Tute auf einen Untersatz, umgiebt sie allmälig
bis nahe zur Mündung mit glühenden Kohlen, bedeckt, nachdem
die anfangs schäumende Masse geschmolzen, den Tiegel ganz
mit glühenden Kohlen und giebt noch eine etwa ¼ Stunde
dauernde starke Hitze, worauf man den Tiegel herausnimmt,
so dass die ganze Operation ¾—1 Stunde dauert. Zu Anfang
kann nämlich 5 — 6 Min. lang bei Zersetzung der organischen
Substanz in Folge der ungestümen Gasentwicklung ein lebhaftes
Aufwallen der Masse stattfinden, welches wohl durch öfteres
Abnehmen des Deckels beschwichtigt wird, wenn die Masse
überzusteigen droht.

Nach dem Erkalten wird der Bleikönig vorsichtig ent-
schlackt, anhaftende Glätte abgebürstet und die abgeschlagene
Glätte auf Metallkörnchen untersucht. Spröde Bleikönige ent-
halten in Folge einer nicht hinreichenden Temperatur beim
Schmelzen Glätte mechanisch eingeschlossen. Die erhaltene Blei-
menge ist dem jedesmal absorbirten Sauerstoff und somit dem
absoluten Wärmeeffect proportional. Bei Vergleichung der auf
diese Weise gefundenen Wärmeeffecte nimmt man gewöhnlich
den Kohlenstoff als Einheit an, welcher die 34fache Menge
Blei reducirt.

Um möglichst genaue Resultate zu erzielen, müssen fol-Vorsichts-
massregeln

gende Vorsichtsmassregeln beobachtet werden:

a) Das Brennmaterial muss in möglichst feinzertheiltem Zu-
stande mit der sehr feingeriebenen Glätte innig vermengt wer-
den, damit sich keine brennbaren Theile der vollständigen
Oxydation entziehen. Holz zerkleint man mit einer sehr feinen
Säge, Torf durch Pulvern, Raspeln, Zerschneiden etc., spröde
Brennstoffe (Holzkohle, Koks, Steinkohlen etc.) durch Pulvern.

b) Da 1 Thl. Kohle das 34fache Blei reducirt, so muss zur
Vermeidung grösserer Differenzen das Probirgut genau einge-
wogen werden, und zwar für jede Probe 2—4fach, um bei
nicht ganz genau stimmenden Proben einen richtigen Durch-
schnitt nehmen zu können. Gut gerathene Proben stimmen ge-
wöhnlich bis auf 1 Decigramm überein.

c) Manche Brennstoffe (Holz, jüngere Torfe) können sich
zersetzen, bevor noch die zur Einwirkung der Bleiglätte auf
die flüchtigen Producte erforderliche Temperatur erreicht ist, in
Folge dessen die reducirte Bleimenge zu gering ausfällt. Solche

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[445/0483] §. 211. Wärmeeffect. so mehr metallisches Blei reducirt wird, je mehr brennbare Be- standtheile derselbe enthält. Bei Anwendung eines Windofens stellt man die Tute auf einen Untersatz, umgiebt sie allmälig bis nahe zur Mündung mit glühenden Kohlen, bedeckt, nachdem die anfangs schäumende Masse geschmolzen, den Tiegel ganz mit glühenden Kohlen und giebt noch eine etwa ¼ Stunde dauernde starke Hitze, worauf man den Tiegel herausnimmt, so dass die ganze Operation ¾—1 Stunde dauert. Zu Anfang kann nämlich 5 — 6 Min. lang bei Zersetzung der organischen Substanz in Folge der ungestümen Gasentwicklung ein lebhaftes Aufwallen der Masse stattfinden, welches wohl durch öfteres Abnehmen des Deckels beschwichtigt wird, wenn die Masse überzusteigen droht. Nach dem Erkalten wird der Bleikönig vorsichtig ent- schlackt, anhaftende Glätte abgebürstet und die abgeschlagene Glätte auf Metallkörnchen untersucht. Spröde Bleikönige ent- halten in Folge einer nicht hinreichenden Temperatur beim Schmelzen Glätte mechanisch eingeschlossen. Die erhaltene Blei- menge ist dem jedesmal absorbirten Sauerstoff und somit dem absoluten Wärmeeffect proportional. Bei Vergleichung der auf diese Weise gefundenen Wärmeeffecte nimmt man gewöhnlich den Kohlenstoff als Einheit an, welcher die 34fache Menge Blei reducirt. Um möglichst genaue Resultate zu erzielen, müssen fol- gende Vorsichtsmassregeln beobachtet werden: Vorsichts- massregeln a) Das Brennmaterial muss in möglichst feinzertheiltem Zu- stande mit der sehr feingeriebenen Glätte innig vermengt wer- den, damit sich keine brennbaren Theile der vollständigen Oxydation entziehen. Holz zerkleint man mit einer sehr feinen Säge, Torf durch Pulvern, Raspeln, Zerschneiden etc., spröde Brennstoffe (Holzkohle, Koks, Steinkohlen etc.) durch Pulvern. b) Da 1 Thl. Kohle das 34fache Blei reducirt, so muss zur Vermeidung grösserer Differenzen das Probirgut genau einge- wogen werden, und zwar für jede Probe 2—4fach, um bei nicht ganz genau stimmenden Proben einen richtigen Durch- schnitt nehmen zu können. Gut gerathene Proben stimmen ge- wöhnlich bis auf 1 Decigramm überein. c) Manche Brennstoffe (Holz, jüngere Torfe) können sich zersetzen, bevor noch die zur Einwirkung der Bleiglätte auf die flüchtigen Producte erforderliche Temperatur erreicht ist, in Folge dessen die reducirte Bleimenge zu gering ausfällt. Solche

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Zitationshilfe: Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerl_metallurgische_1866/483>, abgerufen am 23.11.2024.