Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866.§. 114. Verfahren beim Abtreiben. um eine bereits erfrorne Probe wieder zum Treiben zu bringen,bedeckt sie auch wohl mit einem Holzspan, dessen Flamme die Temperatur steigert, allein solche Proben sind, namentlich wenn die Legirung schon silberreicher geworden, wegen grösseren Silberverlusts zu verwerfen. Man sucht die richtige Regulirung der nach dem Antreiben zu hohen Temperatur dadurch am besten zu erzielen, dass man ohne zu schüren hinter die Ca- pellen leere Scherben setzt. Sinkt die Temperatur zu sehr, so legt man kleine Kohlen bis zur Capellenhöhe vor, wirkt dies nicht genügend, so nimmt man die leeren Scherben wieder heraus und nur, wenn alles Dieses nicht helfen will, schürt man etwas bei Steinkohlenöfen. Bei Holzkohlenöfen wendet man zum Kühlen wohl ein Kühleisen an. Gegen Ende des Treibens, wenn die Glätteaugen grösser sind und das Metallkorn kleiner und streng- flüssiger wird, erhöht man, ohne dass jedoch dadurch die Feder- glätte zum Schmelzen kommt und nicht der obere, sondern nur der untere Glätterand eingesogen wird, die Temperatur, damit die Körner hinreichend rein abblicken, d. h. an ihrer Unterseite kein metallisches Blei (Bleisack) oder Glätte haften bleibt, desgleichen letztere nicht oberflächlich, wo dann das Korn nicht den Glanz und die reine Farbe des Silbers hat, sondern gelblich und trübe erscheint1). Gleich nach dem Einschmelzen ist die Masse in der Ca- 1) Nach Hollunder I, 268 pflegen die praktischen Probirer sprüch- wörtlich zu sagen: Kühle getrieben und heisser Blick Ist der Probirkunst Meisterstück. 17*
§. 114. Verfahren beim Abtreiben. um eine bereits erfrorne Probe wieder zum Treiben zu bringen,bedeckt sie auch wohl mit einem Holzspan, dessen Flamme die Temperatur steigert, allein solche Proben sind, namentlich wenn die Legirung schon silberreicher geworden, wegen grösseren Silberverlusts zu verwerfen. Man sucht die richtige Regulirung der nach dem Antreiben zu hohen Temperatur dadurch am besten zu erzielen, dass man ohne zu schüren hinter die Ca- pellen leere Scherben setzt. Sinkt die Temperatur zu sehr, so legt man kleine Kohlen bis zur Capellenhöhe vor, wirkt dies nicht genügend, so nimmt man die leeren Scherben wieder heraus und nur, wenn alles Dieses nicht helfen will, schürt man etwas bei Steinkohlenöfen. Bei Holzkohlenöfen wendet man zum Kühlen wohl ein Kühleisen an. Gegen Ende des Treibens, wenn die Glätteaugen grösser sind und das Metallkorn kleiner und streng- flüssiger wird, erhöht man, ohne dass jedoch dadurch die Feder- glätte zum Schmelzen kommt und nicht der obere, sondern nur der untere Glätterand eingesogen wird, die Temperatur, damit die Körner hinreichend rein abblicken, d. h. an ihrer Unterseite kein metallisches Blei (Bleisack) oder Glätte haften bleibt, desgleichen letztere nicht oberflächlich, wo dann das Korn nicht den Glanz und die reine Farbe des Silbers hat, sondern gelblich und trübe erscheint1). Gleich nach dem Einschmelzen ist die Masse in der Ca- 1) Nach Hollunder I, 268 pflegen die praktischen Probirer sprüch- wörtlich zu sagen: Kühle getrieben und heisser Blick Ist der Probirkunst Meisterstück. 17*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0297" n="259"/><fw place="top" type="header">§. 114. Verfahren beim Abtreiben.</fw><lb/> um eine bereits erfrorne Probe wieder zum Treiben zu bringen,<lb/> bedeckt sie auch wohl mit einem Holzspan, dessen Flamme die<lb/> Temperatur steigert, allein solche Proben sind, namentlich wenn<lb/> die Legirung schon silberreicher geworden, wegen grösseren<lb/> Silberverlusts zu verwerfen. Man sucht die richtige Regulirung<lb/> der nach dem Antreiben zu hohen Temperatur dadurch am<lb/> besten zu erzielen, dass man ohne zu schüren hinter die Ca-<lb/> pellen leere Scherben setzt. Sinkt die Temperatur zu sehr, so<lb/> legt man kleine Kohlen bis zur Capellenhöhe vor, wirkt dies nicht<lb/> genügend, so nimmt man die leeren Scherben wieder heraus und<lb/> nur, wenn alles Dieses nicht helfen will, schürt man etwas bei<lb/> Steinkohlenöfen. Bei Holzkohlenöfen wendet man zum Kühlen<lb/> wohl ein Kühleisen an. Gegen Ende des Treibens, wenn die<lb/> Glätteaugen grösser sind und das Metallkorn kleiner und streng-<lb/> flüssiger wird, erhöht man, ohne dass jedoch dadurch die Feder-<lb/> glätte zum Schmelzen kommt und nicht der obere, sondern nur<lb/> der untere Glätterand eingesogen wird, die Temperatur, damit<lb/> die Körner hinreichend rein abblicken, d. h. an ihrer Unterseite<lb/> kein metallisches Blei (<hi rendition="#g">Bleisack</hi>) oder Glätte haften bleibt,<lb/> desgleichen letztere nicht oberflächlich, wo dann das Korn nicht<lb/> den Glanz und die reine Farbe des Silbers hat, sondern gelblich<lb/> und trübe erscheint<note place="foot" n="1)">Nach <hi rendition="#k">Hollunder</hi> I, 268 pflegen die praktischen Probirer sprüch-<lb/> wörtlich zu sagen:<lb/><lg type="poem"><l>Kühle getrieben und heisser Blick</l><lb/><l>Ist der Probirkunst Meisterstück.</l></lg></note>.</p><lb/> <p>Gleich nach dem Einschmelzen ist die Masse in der Ca-<lb/> pelle mehr flach und zeigt oberflächlich nur kleine Pünktchen<lb/> von Glätte; diese gestalten sich bei weiterem Fortgange des<lb/> Prozesses auf der convexer werdenden Metallmasse zu an ihrem<lb/> minderen Glanze deutlich wahrnehmbaren Schüppchen, welche<lb/> nach dem Rande zu getrieben und von der Capellenmasse auf-<lb/> genommen werden, indem die von Innen nach Aussen stattfin-<lb/> dende treibende Bewegung dadurch entsteht, dass die oberflächlich<lb/> abgekühlten Partien zu Boden gehen und aufsteigenden heisseren<lb/> Platz machen. Gegen das Ende des Treibens werden, was man<lb/> namentlich bei grösseren Körnern deutlich gewahrt, die Glätt-<lb/> augen grösser, erscheinen netzartig verbunden (<hi rendition="#g">Blumen</hi>) und<lb/> verschwinden zuletzt unter wiederholtem Kommen und Weggehen<lb/> eines Regenbogenfarbenspiels, mit dessen völligem Auf hören<lb/> (<hi rendition="#g">Blicken</hi>) das Korn ruhig wird. Dieses Farbenspiel entsteht<lb/> <fw place="bottom" type="sig">17*</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [259/0297]
§. 114. Verfahren beim Abtreiben.
um eine bereits erfrorne Probe wieder zum Treiben zu bringen,
bedeckt sie auch wohl mit einem Holzspan, dessen Flamme die
Temperatur steigert, allein solche Proben sind, namentlich wenn
die Legirung schon silberreicher geworden, wegen grösseren
Silberverlusts zu verwerfen. Man sucht die richtige Regulirung
der nach dem Antreiben zu hohen Temperatur dadurch am
besten zu erzielen, dass man ohne zu schüren hinter die Ca-
pellen leere Scherben setzt. Sinkt die Temperatur zu sehr, so
legt man kleine Kohlen bis zur Capellenhöhe vor, wirkt dies nicht
genügend, so nimmt man die leeren Scherben wieder heraus und
nur, wenn alles Dieses nicht helfen will, schürt man etwas bei
Steinkohlenöfen. Bei Holzkohlenöfen wendet man zum Kühlen
wohl ein Kühleisen an. Gegen Ende des Treibens, wenn die
Glätteaugen grösser sind und das Metallkorn kleiner und streng-
flüssiger wird, erhöht man, ohne dass jedoch dadurch die Feder-
glätte zum Schmelzen kommt und nicht der obere, sondern nur
der untere Glätterand eingesogen wird, die Temperatur, damit
die Körner hinreichend rein abblicken, d. h. an ihrer Unterseite
kein metallisches Blei (Bleisack) oder Glätte haften bleibt,
desgleichen letztere nicht oberflächlich, wo dann das Korn nicht
den Glanz und die reine Farbe des Silbers hat, sondern gelblich
und trübe erscheint 1).
Gleich nach dem Einschmelzen ist die Masse in der Ca-
pelle mehr flach und zeigt oberflächlich nur kleine Pünktchen
von Glätte; diese gestalten sich bei weiterem Fortgange des
Prozesses auf der convexer werdenden Metallmasse zu an ihrem
minderen Glanze deutlich wahrnehmbaren Schüppchen, welche
nach dem Rande zu getrieben und von der Capellenmasse auf-
genommen werden, indem die von Innen nach Aussen stattfin-
dende treibende Bewegung dadurch entsteht, dass die oberflächlich
abgekühlten Partien zu Boden gehen und aufsteigenden heisseren
Platz machen. Gegen das Ende des Treibens werden, was man
namentlich bei grösseren Körnern deutlich gewahrt, die Glätt-
augen grösser, erscheinen netzartig verbunden (Blumen) und
verschwinden zuletzt unter wiederholtem Kommen und Weggehen
eines Regenbogenfarbenspiels, mit dessen völligem Auf hören
(Blicken) das Korn ruhig wird. Dieses Farbenspiel entsteht
1) Nach Hollunder I, 268 pflegen die praktischen Probirer sprüch-
wörtlich zu sagen:
Kühle getrieben und heisser Blick
Ist der Probirkunst Meisterstück.
17*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |