Rivot stampft für 20 Gramm Erz bestimmte 0,12 -- 0,15 M. hohe Tuten nach und nach mittelst eines Holzpflockes mit befeuchtetem Holzkohlenpulver voll, indem die vorhergehende Lage immer wieder rauh gemacht wird, schneidet mit einem dolchartigen Instrument eine Vertiefung aus, sodass das Futter oben noch 0,01 M. und unten 0,025 M. dick bleibt, polirt die Wände der Höhlung mit einem gläsernen Pistill und verwendet die Tiegel in diesem Zustande, ohne sie zu trocknen. Lässt man sie länger, als einen Tag stehen, so werden sie zu trocken, das Futter zerfällt leicht und man muss sie dann wieder anfeuchten und abermals poliren.
Bei der meist hohen Temperatur, welcher die Tiegel aus- gesetzt werden müssen, schützt das Kohlenfutter die Wände vor dem Wegfressen, so dass man schlackengebende Bestandtheile ohne Zutritt der Tiegelmasse schmelzen und genau wägen kann, (indirecte Zinkprobe, Eisenhohofen-Beschickungsproben), erhält im Tiegel eine reducirende Atmosphäre von Kohlenoxyd- gas, macht den Tiegel im Feuer noch stehen, wenn die Thon- wände schon erweicht sind, und gestattet ein Ausschaben und Ausziehen von Eisenkörnern mit dem Magnet.
Von hessischen Eisentuten verwendet man hauptsächlich zwei verschieden grosse Sorten (Taf. VI. Fig. 84, 85).
§. 39. Schmelztiegel ohne Fuss. Bei geringen DimensionenSchmelztiegel ohne Fuss. zuweilen billiger als die Tuten, werden sie entweder auf einer Unterlage (Käse) oder auch ohne dieselbe in den Schmelzofen (z. B. in einen Muffelofen) eingesetzt und sind von dem verschieden- sten Grade der Feuerbeständigkeit. Enthalten sie als Cement Graphit, so nennt man sie Graphittiegel.
1) Thontiegel ohne Graphitzusatz. Hierher gehö-Thontiegel. ren z. B.
a) die Oberharzer Bleierzschmelztiegel oder Blei- scherben (Taf. VI. Fig. 93) in drei Grössen, aus nicht sehr feuer- beständigem Goslar'schen Thon bei Sandzusatz (S. 80) mittelst Mönchs und Nonne (Taf. VI. Fig. 94, 95) geschlagen. a messingene oder bronzene Nonne, auf einem losen Boden b aus gleichem Mate- rial mit einer Oeffnung in der Mitte. c hölzerner Mönch mit Leit- stift d. Die Nonne a wird dadurch festgestellt, dass deren 4 Zapfen f durch die entsprechenden Oeffnungen g eines auf einem Holz- blocke aufgeschrobenen Messingringes h niedergesenkt und dann nach Art eines Bajonetverschlusses seitlich untergeschoben wer- den. Die geölte Nonne wird mit einem Thonklumpen gefüllt, der geölte Mönch unter langsamem Drehen darin niedergetrieben, dann der Mönch vorsichtig herausgezogen, das durch den Leit- stift erzeugte Loch im Boden mit etwas Thon gefüllt und noch-
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§. 38 u. 39. Schmelztiegel mit und ohne Fuss.
Rivot stampft für 20 Gramm Erz bestimmte 0,12 — 0,15 M. hohe Tuten nach und nach mittelst eines Holzpflockes mit befeuchtetem Holzkohlenpulver voll, indem die vorhergehende Lage immer wieder rauh gemacht wird, schneidet mit einem dolchartigen Instrument eine Vertiefung aus, sodass das Futter oben noch 0,01 M. und unten 0,025 M. dick bleibt, polirt die Wände der Höhlung mit einem gläsernen Pistill und verwendet die Tiegel in diesem Zustande, ohne sie zu trocknen. Lässt man sie länger, als einen Tag stehen, so werden sie zu trocken, das Futter zerfällt leicht und man muss sie dann wieder anfeuchten und abermals poliren.
Bei der meist hohen Temperatur, welcher die Tiegel aus- gesetzt werden müssen, schützt das Kohlenfutter die Wände vor dem Wegfressen, so dass man schlackengebende Bestandtheile ohne Zutritt der Tiegelmasse schmelzen und genau wägen kann, (indirecte Zinkprobe, Eisenhohofen-Beschickungsproben), erhält im Tiegel eine reducirende Atmosphäre von Kohlenoxyd- gas, macht den Tiegel im Feuer noch stehen, wenn die Thon- wände schon erweicht sind, und gestattet ein Ausschaben und Ausziehen von Eisenkörnern mit dem Magnet.
Von hessischen Eisentuten verwendet man hauptsächlich zwei verschieden grosse Sorten (Taf. VI. Fig. 84, 85).
§. 39. Schmelztiegel ohne Fuss. Bei geringen DimensionenSchmelztiegel ohne Fuss. zuweilen billiger als die Tuten, werden sie entweder auf einer Unterlage (Käse) oder auch ohne dieselbe in den Schmelzofen (z. B. in einen Muffelofen) eingesetzt und sind von dem verschieden- sten Grade der Feuerbeständigkeit. Enthalten sie als Cement Graphit, so nennt man sie Graphittiegel.
1) Thontiegel ohne Graphitzusatz. Hierher gehö-Thontiegel. ren z. B.
a) die Oberharzer Bleierzschmelztiegel oder Blei- scherben (Taf. VI. Fig. 93) in drei Grössen, aus nicht sehr feuer- beständigem Goslar’schen Thon bei Sandzusatz (S. 80) mittelst Mönchs und Nonne (Taf. VI. Fig. 94, 95) geschlagen. a messingene oder bronzene Nonne, auf einem losen Boden b aus gleichem Mate- rial mit einer Oeffnung in der Mitte. c hölzerner Mönch mit Leit- stift d. Die Nonne a wird dadurch festgestellt, dass deren 4 Zapfen f durch die entsprechenden Oeffnungen g eines auf einem Holz- blocke aufgeschrobenen Messingringes h niedergesenkt und dann nach Art eines Bajonetverschlusses seitlich untergeschoben wer- den. Die geölte Nonne wird mit einem Thonklumpen gefüllt, der geölte Mönch unter langsamem Drehen darin niedergetrieben, dann der Mönch vorsichtig herausgezogen, das durch den Leit- stift erzeugte Loch im Boden mit etwas Thon gefüllt und noch-
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§. 38 u. 39. Schmelztiegel mit und ohne Fuss.
Rivot stampft für 20 Gramm Erz bestimmte 0,12 — 0,15 M. hohe Tuten
nach und nach mittelst eines Holzpflockes mit befeuchtetem Holzkohlenpulver
voll, indem die vorhergehende Lage immer wieder rauh gemacht wird,
schneidet mit einem dolchartigen Instrument eine Vertiefung aus, sodass das
Futter oben noch 0,01 M. und unten 0,025 M. dick bleibt, polirt die Wände
der Höhlung mit einem gläsernen Pistill und verwendet die Tiegel in diesem
Zustande, ohne sie zu trocknen. Lässt man sie länger, als einen Tag stehen,
so werden sie zu trocken, das Futter zerfällt leicht und man muss sie dann
wieder anfeuchten und abermals poliren.
Bei der meist hohen Temperatur, welcher die Tiegel aus-
gesetzt werden müssen, schützt das Kohlenfutter die Wände vor
dem Wegfressen, so dass man schlackengebende Bestandtheile
ohne Zutritt der Tiegelmasse schmelzen und genau wägen
kann, (indirecte Zinkprobe, Eisenhohofen-Beschickungsproben),
erhält im Tiegel eine reducirende Atmosphäre von Kohlenoxyd-
gas, macht den Tiegel im Feuer noch stehen, wenn die Thon-
wände schon erweicht sind, und gestattet ein Ausschaben und
Ausziehen von Eisenkörnern mit dem Magnet.
Von hessischen Eisentuten verwendet man hauptsächlich
zwei verschieden grosse Sorten (Taf. VI. Fig. 84, 85).
§. 39. Schmelztiegel ohne Fuss. Bei geringen Dimensionen
zuweilen billiger als die Tuten, werden sie entweder auf einer
Unterlage (Käse) oder auch ohne dieselbe in den Schmelzofen
(z. B. in einen Muffelofen) eingesetzt und sind von dem verschieden-
sten Grade der Feuerbeständigkeit. Enthalten sie als Cement
Graphit, so nennt man sie Graphittiegel.
Schmelztiegel
ohne Fuss.
1) Thontiegel ohne Graphitzusatz. Hierher gehö-
ren z. B.
Thontiegel.
a) die Oberharzer Bleierzschmelztiegel oder Blei-
scherben (Taf. VI. Fig. 93) in drei Grössen, aus nicht sehr feuer-
beständigem Goslar’schen Thon bei Sandzusatz (S. 80) mittelst
Mönchs und Nonne (Taf. VI. Fig. 94, 95) geschlagen. a messingene
oder bronzene Nonne, auf einem losen Boden b aus gleichem Mate-
rial mit einer Oeffnung in der Mitte. c hölzerner Mönch mit Leit-
stift d. Die Nonne a wird dadurch festgestellt, dass deren 4 Zapfen
f durch die entsprechenden Oeffnungen g eines auf einem Holz-
blocke aufgeschrobenen Messingringes h niedergesenkt und dann
nach Art eines Bajonetverschlusses seitlich untergeschoben wer-
den. Die geölte Nonne wird mit einem Thonklumpen gefüllt,
der geölte Mönch unter langsamem Drehen darin niedergetrieben,
dann der Mönch vorsichtig herausgezogen, das durch den Leit-
stift erzeugte Loch im Boden mit etwas Thon gefüllt und noch-
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Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerl_metallurgische_1866/121>, abgerufen am 26.11.2024.
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