Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.darwider hette. Dann in einem Zeichen seynd dreyssig gradus, gesetzt nun/ doch nicht gegeben/ der Astronomus verfehle mit seinem Augenmaaß (wegen Widergellung deß Scheins/ oder vmb einiger anderer Vrsachen willen) vmb den ersten gantzen Grad/ so bleiben aber doch noch 29 vbrig/ die keinen Fehl haben/ welcher Eygenschafft durch diese deß eintzigen Grads Vngewißheit/ noch nicht zumal vmbgestossen wirdt. XL. Viel weniger schadet diß der Astrologiae, daß der Astronomus nicht weiß/ wie groß eygentlich ein jeder Stern seye: Dann es wircken die Sterne nicht nach jhrer warhafftigen Grösse/ sondern nach dem Augenmaaß/ nach dem jeder groß scheinet allhie auff Erden/ allda die Werckstatt zu solcher Wirckung ist. Erinnert euch/ daß droben num. 26. gesagt worden/ die Wirckung der Sternen gehe zu durch vermittelung jhres Liechts : sollen sie was außrichten/ müssen sie jhre Krafft nicht bey sich droben behalten/ sondern zu vns herab erstrecken. Je weytter sie aber solche erstrecken/ je schwächer sie wirdt/ gleich wie auch sie selber mit jhren Kugeln/ je höher sie stehen/ je kleiner erscheinen: vnnd also jhre Krafft sich mit dem Augenmaaß jhrer Größ proportioniert. Noch viel weniger irret den Astrologum die vbermässige Geschwindigkeit deß Himmels/ dann was gehet es den Erdtboden an/ wie groß/ vnd also auch wie geschwindt der Himmel sey. Der Erdtboden empfindet die Abwechselung deß Liechts/ welche in 24 Stvnden geschicht/ so wol von dem hohen Saturno als von dem nidrigen Mercurio, wie sie beyde zugleich herab leuchten. Dann man fragt in Astrologia nicht darnach/ wie weyt der Planet in seinem weytten oder engen Himmel gelauffen/ sondern wie ein grossen Winckel sein herabfallendt Liecht allhie auff Erden bey einem einigen Puncten durchgelauffen/ da zeucht man vmb einen solchen Puncten einen circulum, theilt denselben in 360. Grad/ Gott gebe er sey weyt oder eng. Dann das Punctum Naturale, (ist die natürliche Seel in einem Fijr
darwider hette. Dann in einem Zeichen seynd dreyssig gradus, gesetzt nun/ doch nicht gegeben/ der Astronomus verfehle mit seinem Augenmaaß (wegen Widergellung deß Scheins/ oder vmb einiger anderer Vrsachen willen) vmb den ersten gantzen Grad/ so bleiben aber doch noch 29 vbrig/ die keinen Fehl haben/ welcher Eygenschafft durch diese deß eintzigen Grads Vngewißheit/ noch nicht zumal vmbgestossen wirdt. XL. Viel weniger schadet diß der Astrologiae, daß der Astronomus nicht weiß/ wie groß eygentlich ein jeder Stern seye: Dann es wircken die Sterne nicht nach jhrer warhafftigen Grösse/ sondern nach dem Augenmaaß/ nach dem jeder groß scheinet allhie auff Erden/ allda die Werckstatt zu solcher Wirckung ist. Erinnert euch/ daß droben num. 26. gesagt worden/ die Wirckung der Sternen gehe zu durch vermittelung jhres Liechts : sollen sie was außrichten/ müssen sie jhre Krafft nicht bey sich droben behalten/ sondern zu vns herab erstrecken. Je weytter sie aber solche erstrecken/ je schwächer sie wirdt/ gleich wie auch sie selber mit jhren Kugeln/ je höher sie stehen/ je kleiner erscheinen: vnnd also jhre Krafft sich mit dem Augenmaaß jhrer Größ proportioniert. Noch viel weniger irret den Astrologum die vbermässige Geschwindigkeit deß Himmels/ dann was gehet es den Erdtboden an/ wie groß/ vnd also auch wie geschwindt der Himmel sey. Der Erdtboden empfindet die Abwechselung deß Liechts/ welche in 24 Stvnden geschicht/ so wol von dem hohen Saturno als von dem nidrigen Mercurio, wie sie beyde zugleich herab leuchten. Dann man fragt in Astrologia nicht darnach/ wie weyt der Planet in seinem weytten oder engen Himmel gelauffen/ sondern wie ein grossen Winckel sein herabfallendt Liecht allhie auff Erden bey einem einigen Puncten durchgelauffen/ da zeucht man vmb einen solchen Puncten einen circulum, theilt denselben in 360. Grad/ Gott gebe er sey weyt oder eng. Dann das Punctum Naturale, (ist die natürliche Seel in einem Fijr
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0062" n="[Fijr]"/> darwider hette. Dann in einem Zeichen seynd dreyssig <hi rendition="#aq">gradus</hi>, gesetzt nun/ doch nicht gegeben/ der <hi rendition="#aq">Astronomus </hi>verfehle mit seinem Augenmaaß (wegen Widergellung deß Scheins/ oder vmb einiger anderer Vrsachen willen) vmb den ersten gantzen Grad/ so bleiben aber doch noch 29 vbrig/ die keinen Fehl haben/ welcher Eygenschafft durch diese deß eintzigen Grads Vngewißheit/ noch nicht zumal vmbgestossen wirdt. </p> </div><lb/> <div n="2"> <head>XL. </head><lb/> <p> Viel weniger schadet diß der <hi rendition="#aq">Astrologiae</hi>, daß der <hi rendition="#aq">Astronomus </hi>nicht weiß/ wie groß eygentlich ein jeder Stern seye: Dann es wircken die Sterne nicht nach jhrer warhafftigen Grösse/ sondern nach dem Augenmaaß/ nach dem jeder groß scheinet allhie auff Erden/ allda die Werckstatt zu solcher Wirckung ist. Erinnert euch/ daß droben <hi rendition="#aq">num</hi>. 26. gesagt worden/ die Wirckung der Sternen gehe zu durch vermittelung jhres Liechts : sollen sie was außrichten/ müssen sie jhre Krafft nicht bey sich droben behalten/ sondern zu vns herab erstrecken. Je weytter sie aber solche erstrecken/ je schwächer sie wirdt/ gleich wie auch sie selber mit jhren Kugeln/ je höher sie stehen/ je kleiner erscheinen: vnnd also jhre Krafft sich mit dem Augenmaaß jhrer Größ proportioniert. </p> <p> Noch viel weniger irret den <hi rendition="#aq">Astrologum </hi>die vbermässige Geschwindigkeit deß Himmels/ dann was gehet es den Erdtboden an/ wie groß/ vnd also auch wie geschwindt der Himmel sey. Der Erdtboden empfindet die Abwechselung deß Liechts/ welche in 24 Stvnden geschicht/ so wol von dem hohen <hi rendition="#aq">Saturno </hi>als von dem nidrigen <hi rendition="#aq">Mercurio</hi>, wie sie beyde zugleich herab leuchten. Dann man fragt in <hi rendition="#aq">Astrologia</hi> nicht darnach/ wie weyt der Planet in seinem weytten oder engen Himmel gelauffen/ sondern wie ein grossen Winckel sein herabfallendt Liecht allhie auff Erden bey einem einigen Puncten durchgelauffen/ da zeucht man vmb einen solchen Puncten einen <hi rendition="#aq">circulum</hi>, theilt denselben in 360. Grad/ Gott gebe er sey weyt oder eng. Dann das <hi rendition="#aq">Punctum Naturale</hi>, (ist die natürliche Seel in einem <fw type="sig" place="bottom">Fijr</fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[Fijr]/0062]
darwider hette. Dann in einem Zeichen seynd dreyssig gradus, gesetzt nun/ doch nicht gegeben/ der Astronomus verfehle mit seinem Augenmaaß (wegen Widergellung deß Scheins/ oder vmb einiger anderer Vrsachen willen) vmb den ersten gantzen Grad/ so bleiben aber doch noch 29 vbrig/ die keinen Fehl haben/ welcher Eygenschafft durch diese deß eintzigen Grads Vngewißheit/ noch nicht zumal vmbgestossen wirdt.
XL.
Viel weniger schadet diß der Astrologiae, daß der Astronomus nicht weiß/ wie groß eygentlich ein jeder Stern seye: Dann es wircken die Sterne nicht nach jhrer warhafftigen Grösse/ sondern nach dem Augenmaaß/ nach dem jeder groß scheinet allhie auff Erden/ allda die Werckstatt zu solcher Wirckung ist. Erinnert euch/ daß droben num. 26. gesagt worden/ die Wirckung der Sternen gehe zu durch vermittelung jhres Liechts : sollen sie was außrichten/ müssen sie jhre Krafft nicht bey sich droben behalten/ sondern zu vns herab erstrecken. Je weytter sie aber solche erstrecken/ je schwächer sie wirdt/ gleich wie auch sie selber mit jhren Kugeln/ je höher sie stehen/ je kleiner erscheinen: vnnd also jhre Krafft sich mit dem Augenmaaß jhrer Größ proportioniert.
Noch viel weniger irret den Astrologum die vbermässige Geschwindigkeit deß Himmels/ dann was gehet es den Erdtboden an/ wie groß/ vnd also auch wie geschwindt der Himmel sey. Der Erdtboden empfindet die Abwechselung deß Liechts/ welche in 24 Stvnden geschicht/ so wol von dem hohen Saturno als von dem nidrigen Mercurio, wie sie beyde zugleich herab leuchten. Dann man fragt in Astrologia nicht darnach/ wie weyt der Planet in seinem weytten oder engen Himmel gelauffen/ sondern wie ein grossen Winckel sein herabfallendt Liecht allhie auff Erden bey einem einigen Puncten durchgelauffen/ da zeucht man vmb einen solchen Puncten einen circulum, theilt denselben in 360. Grad/ Gott gebe er sey weyt oder eng. Dann das Punctum Naturale, (ist die natürliche Seel in einem
Fijr
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/62 |
Zitationshilfe: | Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Fijr]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/62>, abgerufen am 27.07.2024. |