Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.Vnd wie wirdt es Feselio gefallen/ wann ich mit Salomone fortfahre/ doch specialiter an die Medicinam setzte: Je mehr der Medicus arbeytet/ zu suchen/ je weniger er findet: Wenn er gleich spricht: ich bin Doctor, vnd viel weiß/ so kan ers doch nicht finden: Solte ich darvmb schliessen/ man soll die Medicinam gar vnterwegen vnnd vngestudiret lassen? Also wann ich den Politicis auß Salomone eynreden vnd sprechen wolte/ wer weiß was dem Menschen nutz ist im Leben/ vnd wer wil dem Menschen sagen/ was nach im kommen wird vnter der Sonnen? Darvmb soll man nicht nach guten Gesetzen vnd Regiment streben/ keine Fürsorg tragen für die Nachkommen: Were das nit den Spruch Salomonis mißbrauchet/ als welcher nicht vom Nutzen solcher dinge/ welcher an jhm selber gewiß genug/ sondern nur von der Vnvollkommenheit redet/ vnd den Menschen/ den Medicum so wol als den Philosophum sideralem seiner Vnwissenheit erjnnert. Vnd abermal/ wann Salomon sagt/ daß Gott den bösen Tag/ oder das Vnglück die Krankheit auch schaffe/ neben dem guten/ daß der Mensch nicht wissen solle/ was künfftig ist: wil mir darvmb Feselius bekennen/ daß seine medicinalische praedictiones vnnd Vorsagungen allerdings nichtig/ vergeblich vnd falsch seyen? So dann die Medicina etwas vorsagen kan/ vngeacht dasselbig vnvollkommen/ vnd quoad circumstantias individuas gar vngewiß/ was wunders soll es dann in der Sternkündigung seyn/ daß drinnen auch etwas in genere vorgesehen werden mag/ vnd gleichwol Salomonis Spruch wahr bleibt/ daß der Mensch nit wisse/ was in indiuiduo künfftig ist. Also laß ich auch D. Feselium den Spruch auß Jesu Sprach am 16. Cap. seines gefallens außlegen. Er mag von dem natürlichen Gewitter reden/ wie Feselius drauff dringet/ oder mag/ wie mich gedünckt/ von allen Plagen vnd Straffen reden/ die Gott vber den Gottlosen sichern Hauffen wil kommen lassen/ die da sprechen: Der Herr siehet mich nicht/ da doch das Widerspiel war/ daß vielmehr solche Frefeler das jenig nit sehen/ was er mit jhnen fürnemen vnd thun wil/ vnd Gottes bedrawung/ wann sie schon ein roher Mensch höret/ viel zu weit auß seinen Augen ist. Eiiijv
Vnd wie wirdt es Feselio gefallen/ wann ich mit Salomone fortfahre/ doch specialiter an die Medicinam setzte: Je mehr der Medicus arbeytet/ zu suchen/ je weniger er findet: Wenn er gleich spricht: ich bin Doctor, vnd viel weiß/ so kan ers doch nicht finden: Solte ich darvmb schliessen/ man soll die Medicinam gar vnterwegen vnnd vngestudiret lassen? Also wann ich den Politicis auß Salomone eynreden vnd sprechen wolte/ wer weiß was dem Menschen nutz ist im Leben/ vnd wer wil dem Menschen sagen/ was nach im kommen wird vnter der Sonnen? Darvmb soll man nicht nach guten Gesetzen vnd Regiment streben/ keine Fürsorg tragen für die Nachkommen: Were das nit den Spruch Salomonis mißbrauchet/ als welcher nicht vom Nutzen solcher dinge/ welcher an jhm selber gewiß genug/ sondern nur von der Vnvollkommenheit redet/ vnd den Menschen/ den Medicum so wol als den Philosophum sideralem seiner Vnwissenheit erjnnert. Vnd abermal/ wann Salomon sagt/ daß Gott den bösen Tag/ oder das Vnglück die Krankheit auch schaffe/ neben dem guten/ daß der Mensch nicht wissen solle/ was künfftig ist: wil mir darvmb Feselius bekennen/ daß seine medicinalische praedictiones vnnd Vorsagungen allerdings nichtig/ vergeblich vnd falsch seyen? So dann die Medicina etwas vorsagen kan/ vngeacht dasselbig vnvollkommen/ vnd quoad circumstantias individuas gar vngewiß/ was wunders soll es dann in der Sternkündigung seyn/ daß drinnen auch etwas in genere vorgesehen werden mag/ vnd gleichwol Salomonis Spruch wahr bleibt/ daß der Mensch nit wisse/ was in indiuiduo künfftig ist. Also laß ich auch D. Feselium den Spruch auß Jesu Sprach am 16. Cap. seines gefallens außlegen. Er mag von dem natürlichen Gewitter reden/ wie Feselius drauff dringet/ oder mag/ wie mich gedünckt/ von allen Plagen vnd Straffen reden/ die Gott vber den Gottlosen sichern Hauffen wil kommen lassen/ die da sprechen: Der Herr siehet mich nicht/ da doch das Widerspiel war/ daß vielmehr solche Frefeler das jenig nit sehen/ was er mit jhnen fürnemen vnd thun wil/ vnd Gottes bedrawung/ wann sie schon ein roher Mensch höret/ viel zu weit auß seinen Augen ist. Eiiijv
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0057" n="[Eiiijv]"/> <p> Vnd wie wirdt es <hi rendition="#aq">Feselio</hi> gefallen/ wann ich mit Salomone fortfahre/ doch <hi rendition="#aq">specialiter</hi> an die <hi rendition="#aq">Medicinam</hi> setzte: Je mehr der <hi rendition="#aq">Medicus </hi>arbeytet/ zu suchen/ je weniger er findet: Wenn er gleich spricht: ich bin <hi rendition="#aq">Doctor</hi>, vnd viel weiß/ so kan ers doch nicht finden: Solte ich darvmb schliessen/ man soll die <hi rendition="#aq">Medicinam </hi>gar vnterwegen vnnd vngestudiret lassen? </p> <p>Also wann ich den <hi rendition="#aq">Politicis</hi> auß Salomone eynreden vnd sprechen wolte/ wer weiß was dem Menschen nutz ist im Leben/ vnd wer wil dem Menschen sagen/ was nach im kommen wird vnter der Sonnen? Darvmb soll man nicht nach guten Gesetzen vnd Regiment streben/ keine Fürsorg tragen für die Nachkommen: Were das nit den Spruch Salomonis mißbrauchet/ als welcher nicht vom Nutzen solcher dinge/ welcher an jhm selber gewiß genug/ sondern nur von der Vnvollkommenheit redet/ vnd den Menschen/ den <hi rendition="#aq">Medicum </hi>so wol als den <hi rendition="#aq">Philosophum sideralem </hi>seiner Vnwissenheit erjnnert. </p> <p> Vnd abermal/ wann Salomon sagt/ daß Gott den bösen Tag/ oder das Vnglück die Krankheit auch schaffe/ neben dem guten/ daß der Mensch nicht wissen solle/ was künfftig ist: wil mir darvmb <hi rendition="#aq">Feselius </hi>bekennen/ daß seine medicinalische <hi rendition="#aq">praedictiones </hi>vnnd Vorsagungen allerdings nichtig/ vergeblich vnd falsch seyen? So dann die <hi rendition="#aq">Medicina</hi> etwas vorsagen kan/ vngeacht dasselbig vnvollkommen/ vnd <hi rendition="#aq">quoad circumstantias individuas</hi> gar vngewiß/ was wunders soll es dann in der Sternkündigung seyn/ daß drinnen auch etwas in genere vorgesehen werden mag/ vnd gleichwol Salomonis Spruch wahr bleibt/ daß der Mensch nit wisse/ was <hi rendition="#aq">in indiuiduo</hi> künfftig ist. </p> <p> Also laß ich auch <hi rendition="#aq">D. Feselium</hi> den Spruch auß Jesu Sprach am 16. Cap. seines gefallens außlegen. Er mag von dem natürlichen Gewitter reden/ wie <hi rendition="#aq">Feselius</hi> drauff dringet/ oder mag/ wie mich gedünckt/ von allen Plagen vnd Straffen reden/ die Gott vber den Gottlosen sichern Hauffen wil kommen lassen/ die da sprechen: Der Herr siehet mich nicht/ da doch das Widerspiel war/ daß vielmehr solche Frefeler das jenig nit sehen/ was er mit jhnen fürnemen vnd thun wil/ vnd Gottes bedrawung/ wann sie schon ein roher Mensch höret/ viel zu weit auß seinen Augen ist.</p> <fw type="sig" place="bottom">Eiiijv</fw> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[Eiiijv]/0057]
Vnd wie wirdt es Feselio gefallen/ wann ich mit Salomone fortfahre/ doch specialiter an die Medicinam setzte: Je mehr der Medicus arbeytet/ zu suchen/ je weniger er findet: Wenn er gleich spricht: ich bin Doctor, vnd viel weiß/ so kan ers doch nicht finden: Solte ich darvmb schliessen/ man soll die Medicinam gar vnterwegen vnnd vngestudiret lassen?
Also wann ich den Politicis auß Salomone eynreden vnd sprechen wolte/ wer weiß was dem Menschen nutz ist im Leben/ vnd wer wil dem Menschen sagen/ was nach im kommen wird vnter der Sonnen? Darvmb soll man nicht nach guten Gesetzen vnd Regiment streben/ keine Fürsorg tragen für die Nachkommen: Were das nit den Spruch Salomonis mißbrauchet/ als welcher nicht vom Nutzen solcher dinge/ welcher an jhm selber gewiß genug/ sondern nur von der Vnvollkommenheit redet/ vnd den Menschen/ den Medicum so wol als den Philosophum sideralem seiner Vnwissenheit erjnnert.
Vnd abermal/ wann Salomon sagt/ daß Gott den bösen Tag/ oder das Vnglück die Krankheit auch schaffe/ neben dem guten/ daß der Mensch nicht wissen solle/ was künfftig ist: wil mir darvmb Feselius bekennen/ daß seine medicinalische praedictiones vnnd Vorsagungen allerdings nichtig/ vergeblich vnd falsch seyen? So dann die Medicina etwas vorsagen kan/ vngeacht dasselbig vnvollkommen/ vnd quoad circumstantias individuas gar vngewiß/ was wunders soll es dann in der Sternkündigung seyn/ daß drinnen auch etwas in genere vorgesehen werden mag/ vnd gleichwol Salomonis Spruch wahr bleibt/ daß der Mensch nit wisse/ was in indiuiduo künfftig ist.
Also laß ich auch D. Feselium den Spruch auß Jesu Sprach am 16. Cap. seines gefallens außlegen. Er mag von dem natürlichen Gewitter reden/ wie Feselius drauff dringet/ oder mag/ wie mich gedünckt/ von allen Plagen vnd Straffen reden/ die Gott vber den Gottlosen sichern Hauffen wil kommen lassen/ die da sprechen: Der Herr siehet mich nicht/ da doch das Widerspiel war/ daß vielmehr solche Frefeler das jenig nit sehen/ was er mit jhnen fürnemen vnd thun wil/ vnd Gottes bedrawung/ wann sie schon ein roher Mensch höret/ viel zu weit auß seinen Augen ist.
Eiiijv
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/57 |
Zitationshilfe: | Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Eiiijv]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/57>, abgerufen am 16.02.2025. |