Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.Also ist anima mouens abgebildet in circulo potentiali, das ist in puncto plagis distincto: Also ist ein leiblich ding/ ein materia corporea abgebildet in tertia quantitatis specie trium dimensionum: Also ist cuiusque materiae forma abgebildet in superficie. Dann wie ein materia von jhrer forma informiret wirdt/ also wirdt auch ein Geometrisches corpus gestaltet durch seine eussere Feldungen vnd superficies: Deren ding dann vielmehr angezogen werden köndten. Wie nun Gott der Schöpffer gespielet/ also hat er auch die Natur/ als sein Ebenbildt lehren spielen/ vnd zwar eben das Spiel/ das er jhr vorgespielet. Daher es dann kömpt/ daß droben num. 59. in der Music keines Menschen natürliche Seel mit keinem septuangulo, nonangulo, &c. nit spielen/ noch sich darob/ wann es den Stimmen sein Proportz gibt/ erfreuwen wil/ weil Gott mit diesen figuris nicht vorgespielet: So wol auch die Geistliche Natur/ so in der Erden steckt/ wil keinen Zug thun/ wann in confluxu radiorum coelestium, solche von Gott vbergangene figurae auff die stupffen/ da sie doch deren Figuren/ die Gott erwehlet/ als quinquanguli, &c. gar bald empfindet/ vnd sich antreiben lässet. So nun Gott vnd die Natur also vorspielen/ so muß dieses der menschlichen Vernunfft nachspielen/ kein närrisches Kinderspiel sondern eine von Gott eyngepflantzte natürliche anmuhtung seyn/ daß die vnmüssige Köpffe/ das ist/ welchen bey deß gemeinen Hauffens Vnwissenheit nicht wol ist/ ingenia luxuriantia in inquisitione veritatis, auff die signaturas rerum sehen/ vnd nachforschen/ ob nicht etwa Gott selbst in Erschaffung eines Krauts/ mit ertheilung seiner Farb vnd eusserlichen Gestalt auff den nutzen gedeutet habe. Dann was in etlichen Stücken geschehen/ dem mag man auch in andern Stücken mit guter Vernunfft nachtrachten. Hat nit Gott selber mit Anstellung der Finsternussen an Sonn vnd Mondt dem Menschen auff erlernung deß Himmels Lauffs gedeuttet? Hat er nicht in Gestaltung vnnd Formirung deß Rosses/ vnnd seines wolgeschickten Rückens/ dem Menschen auff das Reitten gedeuttet? Siijr
Also ist anima mouens abgebildet in circulo potentiali, das ist in puncto plagis distincto: Also ist ein leiblich ding/ ein materia corporea abgebildet in tertia quantitatis specie trium dimensionum: Also ist cuiusque materiae forma abgebildet in superficie. Dann wie ein materia von jhrer forma informiret wirdt/ also wirdt auch ein Geometrisches corpus gestaltet durch seine eussere Feldungen vnd superficies: Deren ding dann vielmehr angezogen werden köndten. Wie nun Gott der Schöpffer gespielet/ also hat er auch die Natur/ als sein Ebenbildt lehren spielen/ vnd zwar eben das Spiel/ das er jhr vorgespielet. Daher es dann kömpt/ daß droben num. 59. in der Music keines Menschen natürliche Seel mit keinem septuangulo, nonangulo, &c. nit spielen/ noch sich darob/ wann es den Stimmen sein Proportz gibt/ erfreuwen wil/ weil Gott mit diesen figuris nicht vorgespielet: So wol auch die Geistliche Natur/ so in der Erden steckt/ wil keinen Zug thun/ wann in confluxu radiorum coelestium, solche von Gott vbergangene figurae auff die stupffen/ da sie doch deren Figuren/ die Gott erwehlet/ als quinquanguli, &c. gar bald empfindet/ vnd sich antreiben lässet. So nun Gott vnd die Natur also vorspielen/ so muß dieses der menschlichen Vernunfft nachspielen/ kein närrisches Kinderspiel sondern eine von Gott eyngepflantzte natürliche anmuhtung seyn/ daß die vnmüssige Köpffe/ das ist/ welchen bey deß gemeinen Hauffens Vnwissenheit nicht wol ist/ ingenia luxuriantia in inquisitione veritatis, auff die signaturas rerum sehen/ vnd nachforschen/ ob nicht etwa Gott selbst in Erschaffung eines Krauts/ mit ertheilung seiner Farb vnd eusserlichen Gestalt auff den nutzen gedeutet habe. Dann was in etlichen Stücken geschehen/ dem mag man auch in andern Stücken mit guter Vernunfft nachtrachten. Hat nit Gott selber mit Anstellung der Finsternussen an Sonn vnd Mondt dem Menschen auff erlernung deß Himmels Lauffs gedeuttet? Hat er nicht in Gestaltung vnnd Formirung deß Rosses/ vnnd seines wolgeschickten Rückens/ dem Menschen auff das Reitten gedeuttet? Siijr
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0160" n="[Siijr]"/> <p> Also ist <hi rendition="#aq">anima mouens </hi>abgebildet <hi rendition="#aq">in circulo potentiali, </hi>das ist <hi rendition="#aq">in puncto plagis distincto: </hi>Also ist ein leiblich ding/ ein <hi rendition="#aq">materia corporea </hi>abgebildet <hi rendition="#aq">in tertia quantitatis specie trium dimensionum: </hi>Also ist <hi rendition="#aq">cuiusque materiae forma </hi>abgebildet <hi rendition="#aq">in superficie</hi>. Dann wie ein <hi rendition="#aq">materia </hi>von jhrer <hi rendition="#aq">forma </hi>informiret wirdt/ also wirdt auch ein Geometrisches <hi rendition="#aq">corpus </hi>gestaltet durch seine eussere Feldungen vnd <hi rendition="#aq">superficies: </hi>Deren ding dann vielmehr angezogen werden köndten. </p> <p> Wie nun Gott der Schöpffer gespielet/ also hat er auch die Natur/ als sein Ebenbildt lehren spielen/ vnd zwar eben das Spiel/ das er jhr vorgespielet. Daher es dann kömpt/ daß droben <hi rendition="#aq">num</hi>. 59. in der <hi rendition="#aq">Music</hi> keines Menschen natürliche Seel mit keinem <hi rendition="#aq">septuangulo, nonangulo,</hi> &c. nit spielen/ noch sich darob/ wann es den Stimmen sein Proportz gibt/ erfreuwen wil/ weil Gott mit diesen <hi rendition="#aq">figuris </hi>nicht vorgespielet: So wol auch die Geistliche Natur/ so in der Erden steckt/ wil keinen Zug thun/ wann <hi rendition="#aq">in confluxu radiorum coelestium,</hi> solche von Gott vbergangene <hi rendition="#aq">figurae</hi> auff die stupffen/ da sie doch deren Figuren/ die Gott erwehlet/ als <hi rendition="#aq">quinquanguli,</hi> &c. gar bald empfindet/ vnd sich antreiben lässet. </p> <p> So nun Gott vnd die Natur also vorspielen/ so muß dieses der menschlichen Vernunfft nachspielen/ kein närrisches Kinderspiel sondern eine von Gott eyngepflantzte natürliche anmuhtung seyn/ daß die vnmüssige Köpffe/ das ist/ welchen bey deß gemeinen Hauffens Vnwissenheit nicht wol ist/ <hi rendition="#aq">ingenia luxuriantia in inquisitione veritatis, </hi>auff die <hi rendition="#aq">signaturas rerum </hi>sehen/ vnd nachforschen/ ob nicht etwa Gott selbst in Erschaffung eines Krauts/ mit ertheilung seiner Farb vnd eusserlichen Gestalt auff den nutzen gedeutet habe. Dann was in etlichen Stücken geschehen/ dem mag man auch in andern Stücken mit guter Vernunfft nachtrachten. Hat nit Gott selber mit Anstellung der Finsternussen an Sonn vnd Mondt dem Menschen auff erlernung deß Himmels Lauffs gedeuttet? Hat er nicht in Gestaltung vnnd Formirung deß Rosses/ vnnd seines wolgeschickten Rückens/ dem Menschen auff das Reitten gedeuttet? <fw type="sig" place="bottom">Siijr</fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[Siijr]/0160]
Also ist anima mouens abgebildet in circulo potentiali, das ist in puncto plagis distincto: Also ist ein leiblich ding/ ein materia corporea abgebildet in tertia quantitatis specie trium dimensionum: Also ist cuiusque materiae forma abgebildet in superficie. Dann wie ein materia von jhrer forma informiret wirdt/ also wirdt auch ein Geometrisches corpus gestaltet durch seine eussere Feldungen vnd superficies: Deren ding dann vielmehr angezogen werden köndten.
Wie nun Gott der Schöpffer gespielet/ also hat er auch die Natur/ als sein Ebenbildt lehren spielen/ vnd zwar eben das Spiel/ das er jhr vorgespielet. Daher es dann kömpt/ daß droben num. 59. in der Music keines Menschen natürliche Seel mit keinem septuangulo, nonangulo, &c. nit spielen/ noch sich darob/ wann es den Stimmen sein Proportz gibt/ erfreuwen wil/ weil Gott mit diesen figuris nicht vorgespielet: So wol auch die Geistliche Natur/ so in der Erden steckt/ wil keinen Zug thun/ wann in confluxu radiorum coelestium, solche von Gott vbergangene figurae auff die stupffen/ da sie doch deren Figuren/ die Gott erwehlet/ als quinquanguli, &c. gar bald empfindet/ vnd sich antreiben lässet.
So nun Gott vnd die Natur also vorspielen/ so muß dieses der menschlichen Vernunfft nachspielen/ kein närrisches Kinderspiel sondern eine von Gott eyngepflantzte natürliche anmuhtung seyn/ daß die vnmüssige Köpffe/ das ist/ welchen bey deß gemeinen Hauffens Vnwissenheit nicht wol ist/ ingenia luxuriantia in inquisitione veritatis, auff die signaturas rerum sehen/ vnd nachforschen/ ob nicht etwa Gott selbst in Erschaffung eines Krauts/ mit ertheilung seiner Farb vnd eusserlichen Gestalt auff den nutzen gedeutet habe. Dann was in etlichen Stücken geschehen/ dem mag man auch in andern Stücken mit guter Vernunfft nachtrachten. Hat nit Gott selber mit Anstellung der Finsternussen an Sonn vnd Mondt dem Menschen auff erlernung deß Himmels Lauffs gedeuttet? Hat er nicht in Gestaltung vnnd Formirung deß Rosses/ vnnd seines wolgeschickten Rückens/ dem Menschen auff das Reitten gedeuttet?
Siijr
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/160 |
Zitationshilfe: | Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Siijr]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/160>, abgerufen am 17.02.2025. |