Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.haben/ so viel neuwer Gedancken in eines jeden Menschen Kopff durch alle vnd jede jnnerliche vnd eusserliche Anmahnungen/ entstehen vnd erweckt werden köndten: so ist demnach vnmüglich/ dieselbige zu erforschen. Vnd diese Vrsach ist Ethica, gibt den Vnterscheidt zu Sünden oder guten Wercken/ Laster oder Tugenden: Da ist das Sprichwort wahr/ wie einer ringt/ also jhm gelingt. So fern aber doch die Anreytzungen von den General Vrsachen beständig vnd einerley/ Jtem so fern es mit dem gefallenen Menschen nunmehr dahin kommen/ daß er sich von seinen Anreytzungen viel vberwinden lässet: so mag ein Astrologus mit deß Menschen Zustandt in genere so genauw zutreffen/ so genaw er mit dem Temperament vnd Anreytzungen auch Eygenschafften deß Gemüths zutrifft. Zum Exempel/ wann ich sehe/ daß in einer Natiuitet viel schöner Aspecte seynd/ also beschaffen/ daß kein Melancholey oder Fehl der Vernunfft/ sondern vielmehr eine4 frewdige Natur erscheinet: Wann auch der Mensch schon sein ziemliches Altert ehat/ lediges Standts/ vnd in einem Landt ist/ da man nicht viel ewige Keuschheit5 gelobt. So mag ich in puncto coniugii wol sagen/ Ein solcher werd nach keiner geringen Condition stehen/ vnnd also ein reichs Weib erlangen. Dann wann mans bedencket/ so hab ich hiermit nichts specialiter prognosticirt/ vnnd muß es auch mit dem Heyrahten im zweifel bleiben lassen/ ob es geschehen werde oder nicht: sondern mein unfehlbarlich Fundament ist general/ daß es ein gute vernünfftige Natur sey/ die jhr wol werdt wissen wol zu betten. Das vbrige/ was solche Particular Puncten anlanget/ ist allein vermuhtlich. Hingegen aber so seynd diß gantz vnnd gar nichtige/ grundtlose/ abergläubische/ sortilegische Vorsagungen/ daß deß Gebornen Gemahl werde auß diesem oder jenem Landt bürtig seyn/ am Leib einen verborgenen Fehl haben/ daß sie bey jhrem Mann nicht werde fromb Piiijr
haben/ so viel neuwer Gedancken in eines jeden Menschen Kopff durch alle vnd jede jnnerliche vnd eusserliche Anmahnungen/ entstehen vnd erweckt werden köndten: so ist demnach vnmüglich/ dieselbige zu erforschen. Vnd diese Vrsach ist Ethica, gibt den Vnterscheidt zu Sünden oder guten Wercken/ Laster oder Tugenden: Da ist das Sprichwort wahr/ wie einer ringt/ also jhm gelingt. So fern aber doch die Anreytzungen von den General Vrsachen beständig vnd einerley/ Jtem so fern es mit dem gefallenen Menschen nunmehr dahin kommen/ daß er sich von seinen Anreytzungen viel vberwinden lässet: so mag ein Astrologus mit deß Menschen Zustandt in genere so genauw zutreffen/ so genaw er mit dem Temperament vnd Anreytzungen auch Eygenschafften deß Gemüths zutrifft. Zum Exempel/ wann ich sehe/ daß in einer Natiuitet viel schöner Aspecte seynd/ also beschaffen/ daß kein Melancholey oder Fehl der Vernunfft/ sondern vielmehr eine4 frewdige Natur erscheinet: Wann auch der Mensch schon sein ziemliches Altert ehat/ lediges Standts/ vnd in einem Landt ist/ da man nicht viel ewige Keuschheit5 gelobt. So mag ich in puncto coniugii wol sagen/ Ein solcher werd nach keiner geringen Condition stehen/ vnnd also ein reichs Weib erlangen. Dann wann mans bedencket/ so hab ich hiermit nichts specialiter prognosticirt/ vnnd muß es auch mit dem Heyrahten im zweifel bleiben lassen/ ob es geschehen werde oder nicht: sondern mein unfehlbarlich Fundament ist general/ daß es ein gute vernünfftige Natur sey/ die jhr wol werdt wissen wol zu betten. Das vbrige/ was solche Particular Puncten anlanget/ ist allein vermuhtlich. Hingegen aber so seynd diß gantz vnnd gar nichtige/ grundtlose/ abergläubische/ sortilegische Vorsagungen/ daß deß Gebornen Gemahl werde auß diesem oder jenem Landt bürtig seyn/ am Leib einen verborgenen Fehl haben/ daß sie bey jhrem Mann nicht werde fromb Piiijr
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haben/ so viel neuwer Gedancken in eines jeden Menschen Kopff durch alle vnd jede jnnerliche vnd eusserliche Anmahnungen/ entstehen vnd erweckt werden köndten: so ist demnach vnmüglich/ dieselbige zu erforschen.
Vnd diese Vrsach ist Ethica, gibt den Vnterscheidt zu Sünden oder guten Wercken/ Laster oder Tugenden: Da ist das Sprichwort wahr/ wie einer ringt/ also jhm gelingt.
So fern aber doch die Anreytzungen von den General Vrsachen beständig vnd einerley/ Jtem so fern es mit dem gefallenen Menschen nunmehr dahin kommen/ daß er sich von seinen Anreytzungen viel vberwinden lässet: so mag ein Astrologus mit deß Menschen Zustandt in genere so genauw zutreffen/ so genaw er mit dem Temperament vnd Anreytzungen auch Eygenschafften deß Gemüths zutrifft.
Zum Exempel/ wann ich sehe/ daß in einer Natiuitet viel schöner Aspecte seynd/ also beschaffen/ daß kein Melancholey oder Fehl der Vernunfft/ sondern vielmehr eine4 frewdige Natur erscheinet: Wann auch der Mensch schon sein ziemliches Altert ehat/ lediges Standts/ vnd in einem Landt ist/ da man nicht viel ewige Keuschheit5 gelobt. So mag ich in puncto coniugii wol sagen/ Ein solcher werd nach keiner geringen Condition stehen/ vnnd also ein reichs Weib erlangen. Dann wann mans bedencket/ so hab ich hiermit nichts specialiter prognosticirt/ vnnd muß es auch mit dem Heyrahten im zweifel bleiben lassen/ ob es geschehen werde oder nicht: sondern mein unfehlbarlich Fundament ist general/ daß es ein gute vernünfftige Natur sey/ die jhr wol werdt wissen wol zu betten. Das vbrige/ was solche Particular Puncten anlanget/ ist allein vermuhtlich.
Hingegen aber so seynd diß gantz vnnd gar nichtige/ grundtlose/ abergläubische/ sortilegische Vorsagungen/ daß deß Gebornen Gemahl werde auß diesem oder jenem Landt bürtig seyn/ am Leib einen verborgenen Fehl haben/ daß sie bey jhrem Mann nicht werde fromb
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Zitationshilfe: | Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Piiijr]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/138>, abgerufen am 17.02.2025. |