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Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.

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Bleiben also diese dreyerley Vrsachen deß eusserlichen Glücks deß Menschens neben einander/ vnd ist nicht noht/ daß einer die andere hindere/ sondern sie vermischen sich vntereinander: Erstlich die natürliche/ die seynd vniversales, als der Himmel oder vielmehr die Abbildung deß Menschens natürlicher Seelen nach der Constellation/ die zur zeit der Geburt gewest/ vnd das ingenium vnd Temperament/ welches sich derselbigen abbildung oder characteri nachartet : so wol auch die täglich eynfallende starcke oder schlechte auffmunderungen der Natur von dem Himmel/ darvon gehandelt worden/ num. 65. 66. 67. 68. 69. Dieses alles seynd General vrsachen/ welche deß Menschen zustandt/ ein jede nach jhrer Art vberhaupt formiren/ vnd von einander vnterscheiden: Welcher Vnterscheidt aber weder Ethicus ist/ noch Metaphysicus, sondern allein naturalis, weil er nit handelt von Sündt oder Tugendt/ nit von gut oder böß/ das ist/ von erhaltung oder verderbung deß Gebornen/ sondern allein von Auffmunderung naturae, etiam quatenus bruta, von Geschwindt oder Langsamkeit/ von Gallen/ Melancholy/ pituita, sanguine, vnd was dergleichen/ welches alles in sich selbst vnd ein ordnung Gottes ist.

Die andere vrsach zu deß Menschen Glück/ die auch/ wie gesagt/ neben den jetzterzehlten jhren Platz findet/ ist deß Menschens Willkühr/ princeps animae facultas, die ist vnd bleibt frey/ ob sie wol mit den anreytzungen jhres Fleisches/ mit einer so wol als mit der andern zu kämpffen hat/ wegen deß geschehenen Falls schwach ist/ vnd leichtlich vberwvnden wirdt/ nicht zwar von dem Himmel/ aber doch von seinem Fleisch vnd Blut/ in welches der himmlische character natürlich eyngedrückt ist/ welcher character in bruta et irrationali facultate (quae tamen et ipsa instinctam habet rationem naturalem) weder gut noch böß/ aber wegen der Ordnung Gottes nur allein gut ist/ vnd im Standt der Vnschuldt ebenso wol zu vnterschiedlichen Tugenden/ als jetzo zu Sündt vnd Lastern/ gereychet haben würde.

Diese Vrsach begreifft specialia et indiuidua facta, vnd weil sie so mancherley/ so viel Leute mit dem gebornen Gemeinschafft

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Bleiben also diese dreyerley Vrsachen deß eusserlichen Glücks deß Menschens neben einander/ vnd ist nicht noht/ daß einer die andere hindere/ sondern sie vermischen sich vntereinander: Erstlich die natürliche/ die seynd vniversales, als der Himmel oder vielmehr die Abbildung deß Menschens natürlicher Seelen nach der Constellation/ die zur zeit der Geburt gewest/ vnd das ingenium vnd Temperament/ welches sich derselbigen abbildung oder characteri nachartet : so wol auch die täglich eynfallende starcke oder schlechte auffmunderungen der Natur von dem Himmel/ darvon gehandelt worden/ num. 65. 66. 67. 68. 69. Dieses alles seynd General vrsachen/ welche deß Menschen zustandt/ ein jede nach jhrer Art vberhaupt formiren/ vnd von einander vnterscheiden: Welcher Vnterscheidt aber weder Ethicus ist/ noch Metaphysicus, sondern allein naturalis, weil er nit handelt von Sündt oder Tugendt/ nit von gut oder böß/ das ist/ von erhaltung oder verderbung deß Gebornen/ sondern allein von Auffmunderung naturae, etiam quatenus bruta, von Geschwindt oder Langsamkeit/ von Gallen/ Melancholy/ pituita, sanguine, vnd was dergleichen/ welches alles in sich selbst vnd ein ordnung Gottes ist.

Die andere vrsach zu deß Menschen Glück/ die auch/ wie gesagt/ neben den jetzterzehlten jhren Platz findet/ ist deß Menschens Willkühr/ princeps animae facultas, die ist vnd bleibt frey/ ob sie wol mit den anreytzungen jhres Fleisches/ mit einer so wol als mit der andern zu kämpffen hat/ wegen deß geschehenen Falls schwach ist/ vnd leichtlich vberwvnden wirdt/ nicht zwar von dem Himmel/ aber doch von seinem Fleisch vnd Blut/ in welches der himmlische character natürlich eyngedrückt ist/ welcher character in bruta et irrationali facultate (quae tamen et ipsa instinctam habet rationem naturalem) weder gut noch böß/ aber wegen der Ordnung Gottes nur allein gut ist/ vnd im Standt der Vnschuldt ebenso wol zu vnterschiedlichen Tugenden/ als jetzo zu Sündt vnd Lastern/ gereychet haben würde.

Diese Vrsach begreifft specialia et indiuidua facta, vnd weil sie so mancherley/ so viel Leute mit dem gebornen Gemeinschafft

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Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Oliver Trübestein: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Hannah Sophia Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-11-19T13:21:53Z)
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Nx 22 (1)) (2013-12-10T14:15:34Z)

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Als Leitdruck wurde ein gescannter Ausschnitt aus Johannes Kepler: Gesammelte Werke. Band IV herangezogen. Die beim Leitdruck genannte Bibliothek ist nur eine von vielen, die dieses Buch besitzt.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Vollständigkeit: teilweise erfasst



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Zitationshilfe: Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Piiijv]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/137>, abgerufen am 27.11.2024.