Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.II. Abtheilung. Gedanken auch zugibt, daß wirklich je eine Ursprache -- eineMutter aller andern Sprachen gewesen ist, so wird man bey der Betrachtung dieser Wörter doch zu dem Geständniße genöthiget, daß eine dieser Spra- chen von ihrer Mutter ganz abgewichen ist, und sich ganz neue Wörter erschaffen hat. Wir wollen hier den Vergleich zwey solcher von einander ganz un- terschiedenen Sprachen, die mir eben bekannt sind, anstellen, nämlich zwischen der Deutschen und Unga- rischen.(*) Hier sind die allgemeinsten Wörter:
Kind (*) Da ich in den Werken einiger berühmten Gelehr-
ten bemerkt habe, daß sie die außer ihrem Lande sehr wenig bekannte ungarische Sprache für eine Tochter der Jllirischen oder Slavischen gehalten haben, so nehm' ich hier Gelegenheit anzumerken, daß sie sowohl von der Jllirischen, als allen anderen von dieser abstam- menden Sprachen eben so weit entfernt ist, als die Deutsche von der Griechischen. II. Abtheilung. Gedanken auch zugibt, daß wirklich je eine Urſprache — eineMutter aller andern Sprachen geweſen iſt, ſo wird man bey der Betrachtung dieſer Woͤrter doch zu dem Geſtaͤndniße genoͤthiget, daß eine dieſer Spra- chen von ihrer Mutter ganz abgewichen iſt, und ſich ganz neue Woͤrter erſchaffen hat. Wir wollen hier den Vergleich zwey ſolcher von einander ganz un- terſchiedenen Sprachen, die mir eben bekannt ſind, anſtellen, naͤmlich zwiſchen der Deutſchen und Unga- riſchen.(*) Hier ſind die allgemeinſten Woͤrter:
Kind (*) Da ich in den Werken einiger beruͤhmten Gelehr-
ten bemerkt habe, daß ſie die außer ihrem Lande ſehr wenig bekannte ungariſche Sprache fuͤr eine Tochter der Jlliriſchen oder Slaviſchen gehalten haben, ſo nehm' ich hier Gelegenheit anzumerken, daß ſie ſowohl von der Jlliriſchen, als allen anderen von dieſer abſtam- menden Sprachen eben ſo weit entfernt iſt, als die Deutſche von der Griechiſchen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0064" n="36"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II</hi>. Abtheilung. Gedanken</hi></fw><lb/> auch zugibt, daß wirklich je eine Urſprache — eine<lb/> Mutter aller andern Sprachen geweſen iſt, ſo wird<lb/> man bey der Betrachtung dieſer Woͤrter doch zu<lb/> dem Geſtaͤndniße genoͤthiget, daß <hi rendition="#b">eine</hi> dieſer Spra-<lb/> chen von ihrer Mutter ganz abgewichen iſt, und ſich<lb/> ganz neue Woͤrter erſchaffen hat. Wir wollen hier<lb/> den Vergleich zwey ſolcher von einander ganz un-<lb/> terſchiedenen Sprachen, die mir eben bekannt ſind,<lb/> anſtellen, naͤmlich zwiſchen der Deutſchen und Unga-<lb/> riſchen.<note place="foot" n="(*)">Da ich in den Werken einiger beruͤhmten Gelehr-<lb/> ten bemerkt habe, daß ſie die außer ihrem Lande ſehr<lb/> wenig bekannte ungariſche Sprache fuͤr eine Tochter der<lb/> Jlliriſchen oder Slaviſchen gehalten haben, ſo nehm'<lb/> ich hier Gelegenheit anzumerken, daß ſie ſowohl von<lb/> der Jlliriſchen, als allen anderen von dieſer abſtam-<lb/> menden Sprachen eben ſo weit entfernt iſt, als die<lb/> Deutſche von der Griechiſchen.</note> Hier ſind die allgemeinſten Woͤrter:</p><lb/> <table> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Substantiva</hi></hi>.</hi> </head> <row> <cell>Gott</cell> <cell> <hi rendition="#aq">Iſten</hi> </cell> <cell>Kuh</cell> <cell> <hi rendition="#aq">Tehén</hi> </cell> </row> <row> <cell>Menſch</cell> <cell> <hi rendition="#aq">Ember</hi> </cell> <cell>Pferd</cell> <cell> <hi rendition="#aq">Ló</hi> </cell> </row> <row> <cell>Weib</cell> <cell> <hi rendition="#aq">Aszszony</hi> </cell> <cell>Hund</cell> <cell> <hi rendition="#aq">Kutya</hi> </cell> </row> <row> <cell/> <cell/> <cell/> <cell> <fw place="bottom" type="catch">Kind</fw> </cell> </row> </table> </div> </div> </body> </text> </TEI> [36/0064]
II. Abtheilung. Gedanken
auch zugibt, daß wirklich je eine Urſprache — eine
Mutter aller andern Sprachen geweſen iſt, ſo wird
man bey der Betrachtung dieſer Woͤrter doch zu
dem Geſtaͤndniße genoͤthiget, daß eine dieſer Spra-
chen von ihrer Mutter ganz abgewichen iſt, und ſich
ganz neue Woͤrter erſchaffen hat. Wir wollen hier
den Vergleich zwey ſolcher von einander ganz un-
terſchiedenen Sprachen, die mir eben bekannt ſind,
anſtellen, naͤmlich zwiſchen der Deutſchen und Unga-
riſchen. (*) Hier ſind die allgemeinſten Woͤrter:
Substantiva.
Gott Iſten Kuh Tehén
Menſch Ember Pferd Ló
Weib Aszszony Hund Kutya
Kind
(*) Da ich in den Werken einiger beruͤhmten Gelehr-
ten bemerkt habe, daß ſie die außer ihrem Lande ſehr
wenig bekannte ungariſche Sprache fuͤr eine Tochter der
Jlliriſchen oder Slaviſchen gehalten haben, ſo nehm'
ich hier Gelegenheit anzumerken, daß ſie ſowohl von
der Jlliriſchen, als allen anderen von dieſer abſtam-
menden Sprachen eben ſo weit entfernt iſt, als die
Deutſche von der Griechiſchen.
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