Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.I. Abtheilung. me. Verschiedene Hindernisse, die dieser Luft beyihrem Ausgange durch die Zunge, die Zähne und Lippen in den Weg gelegt werden, geben verschie- dene Schalle, Töne, oder Laute, derer jeder seine bestimmte Bedeutung hat. Und darin besteht das große Kunstwerk der Sprache, das größte Geschenk des Schöpfers, mit dem er das vorzüglichste Ge- schöpf dieses Erdbodens ausgeschmückt hat, das Hauptband der menschlichen Verbrüderung, die Grundfeste der Gesellschaft. Der Sprache allein haben wir unser reiches Erbtheil von Kenntnissen zu danken. Sie hat Entdeckungen von Jahrtausen- den auf uns gebracht, und wird sie mit dem unsri- gen bereichert auf unsere Urenkel bringen. Was er- hebt, was erquickt unseren Geist so wie der hin- reissende Zauber der Rede, was gewährt größere Ohrenluft als die durch den Gesang belebte göttli- che Dichtkunst. O was wäre heute noch unsere Vernunft ohne Sprache -- ohne ererbte Kenntniß! Worin wären wir von dem Thiere unterschieden?(*) Man (*) Mutum ac turpe pecus, ....
.............. Donec I. Abtheilung. me. Verſchiedene Hinderniſſe, die dieſer Luft beyihrem Ausgange durch die Zunge, die Zaͤhne und Lippen in den Weg gelegt werden, geben verſchie- dene Schalle, Toͤne, oder Laute, derer jeder ſeine beſtimmte Bedeutung hat. Und darin beſteht das große Kunſtwerk der Sprache, das groͤßte Geſchenk des Schoͤpfers, mit dem er das vorzuͤglichſte Ge- ſchoͤpf dieſes Erdbodens ausgeſchmuͤckt hat, das Hauptband der menſchlichen Verbruͤderung, die Grundfeſte der Geſellſchaft. Der Sprache allein haben wir unſer reiches Erbtheil von Kenntniſſen zu danken. Sie hat Entdeckungen von Jahrtauſen- den auf uns gebracht, und wird ſie mit dem unſri- gen bereichert auf unſere Urenkel bringen. Was er- hebt, was erquickt unſeren Geiſt ſo wie der hin- reiſſende Zauber der Rede, was gewaͤhrt groͤßere Ohrenluft als die durch den Geſang belebte goͤttli- che Dichtkunſt. O was waͤre heute noch unſere Vernunft ohne Sprache — ohne ererbte Kenntniß! Worin waͤren wir von dem Thiere unterſchieden?(*) Man (*) Mutum ac turpe pecus, ....
.............. Donec <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0054" n="26"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I</hi>. Abtheilung.</hi></fw><lb/> me. Verſchiedene Hinderniſſe, die dieſer Luft bey<lb/> ihrem Ausgange durch die Zunge, die Zaͤhne und<lb/> Lippen in den Weg gelegt werden, geben verſchie-<lb/> dene Schalle, Toͤne, oder Laute, derer jeder ſeine<lb/> beſtimmte Bedeutung hat. Und darin beſteht das<lb/> große Kunſtwerk der Sprache, das groͤßte Geſchenk<lb/> des Schoͤpfers, mit dem er das vorzuͤglichſte Ge-<lb/> ſchoͤpf dieſes Erdbodens ausgeſchmuͤckt hat, das<lb/> Hauptband der menſchlichen Verbruͤderung, die<lb/> Grundfeſte der Geſellſchaft. Der Sprache allein<lb/> haben wir unſer reiches Erbtheil von Kenntniſſen<lb/> zu danken. Sie hat Entdeckungen von Jahrtauſen-<lb/> den auf uns gebracht, und wird ſie mit dem unſri-<lb/> gen bereichert auf unſere Urenkel bringen. Was er-<lb/> hebt, was erquickt unſeren Geiſt ſo wie der hin-<lb/> reiſſende Zauber der Rede, was gewaͤhrt groͤßere<lb/> Ohrenluft als die durch den Geſang belebte goͤttli-<lb/> che Dichtkunſt. O was waͤre heute noch unſere<lb/> Vernunft ohne Sprache — ohne ererbte Kenntniß!<lb/> Worin waͤren wir von dem Thiere unterſchieden?<note xml:id="seg2pn_2_1" next="#seg2pn_2_2" place="foot" n="(*)"><hi rendition="#aq">Mutum ac turpe pecus</hi>, ....<lb/> ..............<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Donec</hi></fw></note><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0054]
I. Abtheilung.
me. Verſchiedene Hinderniſſe, die dieſer Luft bey
ihrem Ausgange durch die Zunge, die Zaͤhne und
Lippen in den Weg gelegt werden, geben verſchie-
dene Schalle, Toͤne, oder Laute, derer jeder ſeine
beſtimmte Bedeutung hat. Und darin beſteht das
große Kunſtwerk der Sprache, das groͤßte Geſchenk
des Schoͤpfers, mit dem er das vorzuͤglichſte Ge-
ſchoͤpf dieſes Erdbodens ausgeſchmuͤckt hat, das
Hauptband der menſchlichen Verbruͤderung, die
Grundfeſte der Geſellſchaft. Der Sprache allein
haben wir unſer reiches Erbtheil von Kenntniſſen
zu danken. Sie hat Entdeckungen von Jahrtauſen-
den auf uns gebracht, und wird ſie mit dem unſri-
gen bereichert auf unſere Urenkel bringen. Was er-
hebt, was erquickt unſeren Geiſt ſo wie der hin-
reiſſende Zauber der Rede, was gewaͤhrt groͤßere
Ohrenluft als die durch den Geſang belebte goͤttli-
che Dichtkunſt. O was waͤre heute noch unſere
Vernunft ohne Sprache — ohne ererbte Kenntniß!
Worin waͤren wir von dem Thiere unterſchieden? (*)
Man
(*) Mutum ac turpe pecus, ....
..............
Donec
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/54 |
Zitationshilfe: | Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/54>, abgerufen am 16.07.2024. |