Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

V. Abtheilung.
genden Morgen, wo ich meine Versuche fortsetz-
te, meine Frau und Kinder aus dem dritten Zim-
mer herbeyliefen, und neugierig fragten, was bey
mir vorgienge, indem ihnen vorkam, als hörten
sie eine Stimme laut und eifrig bethen, ohne un-
terscheiden zu können, in was für einer Sprache es
wäre.

Und das war der erste Grundstein, auf den
ich in der Folge mein ganzes Gebäude aufführte,
und worauf mit der Zeit vielleicht ein vollständiges
System der menschlichen Sprache gebauet werden
wird, wenn, wie ich schon anderswo gesagt habe,
geschickte Beobachter sich die Mühe geben werden,
meine bisherige Entdeckungen weiter zu verfolgen,
und durch ihre Beyträge zu vervollkommnen.

Um also in meinen Versuchen weiter fortzu-
kommen war vor allem nöthig das ehe vollkommen
zu kennen, was ich nachahmen wollte. Jch mußte
die Sprache förmlich studieren, und neben meinen
Versuchen auch immer die Natur zu Rath ziehen.
Daher ist meine Sprachmaschine, und meine Theo-

rie

V. Abtheilung.
genden Morgen, wo ich meine Verſuche fortſetz-
te, meine Frau und Kinder aus dem dritten Zim-
mer herbeyliefen, und neugierig fragten, was bey
mir vorgienge, indem ihnen vorkam, als hoͤrten
ſie eine Stimme laut und eifrig bethen, ohne un-
terſcheiden zu koͤnnen, in was fuͤr einer Sprache es
waͤre.

Und das war der erſte Grundſtein, auf den
ich in der Folge mein ganzes Gebaͤude auffuͤhrte,
und worauf mit der Zeit vielleicht ein vollſtaͤndiges
Syſtem der menſchlichen Sprache gebauet werden
wird, wenn, wie ich ſchon anderswo geſagt habe,
geſchickte Beobachter ſich die Muͤhe geben werden,
meine bisherige Entdeckungen weiter zu verfolgen,
und durch ihre Beytraͤge zu vervollkommnen.

Um alſo in meinen Verſuchen weiter fortzu-
kommen war vor allem noͤthig das ehe vollkommen
zu kennen, was ich nachahmen wollte. Jch mußte
die Sprache foͤrmlich ſtudieren, und neben meinen
Verſuchen auch immer die Natur zu Rath ziehen.
Daher iſt meine Sprachmaſchine, und meine Theo-

rie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0458" n="396"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">V</hi>. Abtheilung.</hi></fw><lb/>
genden Morgen, wo ich meine Ver&#x017F;uche fort&#x017F;etz-<lb/>
te, meine Frau und Kinder aus dem dritten Zim-<lb/>
mer herbeyliefen, und neugierig fragten, was bey<lb/>
mir vorgienge, indem ihnen vorkam, als ho&#x0364;rten<lb/>
&#x017F;ie eine Stimme laut und eifrig bethen, ohne un-<lb/>
ter&#x017F;cheiden zu ko&#x0364;nnen, in was fu&#x0364;r einer Sprache es<lb/>
wa&#x0364;re.</p><lb/>
          <p>Und das war der er&#x017F;te Grund&#x017F;tein, auf den<lb/>
ich in der Folge mein ganzes Geba&#x0364;ude auffu&#x0364;hrte,<lb/>
und worauf mit der Zeit vielleicht ein voll&#x017F;ta&#x0364;ndiges<lb/>
Sy&#x017F;tem der men&#x017F;chlichen Sprache gebauet werden<lb/>
wird, wenn, wie ich &#x017F;chon anderswo ge&#x017F;agt habe,<lb/>
ge&#x017F;chickte Beobachter &#x017F;ich die Mu&#x0364;he geben werden,<lb/>
meine bisherige Entdeckungen weiter zu verfolgen,<lb/>
und durch ihre Beytra&#x0364;ge zu vervollkommnen.</p><lb/>
          <p>Um al&#x017F;o in meinen Ver&#x017F;uchen weiter fortzu-<lb/>
kommen war vor allem no&#x0364;thig das ehe vollkommen<lb/>
zu kennen, was ich nachahmen wollte. Jch mußte<lb/>
die Sprache fo&#x0364;rmlich &#x017F;tudieren, und neben meinen<lb/>
Ver&#x017F;uchen auch immer die Natur zu Rath ziehen.<lb/>
Daher i&#x017F;t meine Sprachma&#x017F;chine, und meine Theo-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[396/0458] V. Abtheilung. genden Morgen, wo ich meine Verſuche fortſetz- te, meine Frau und Kinder aus dem dritten Zim- mer herbeyliefen, und neugierig fragten, was bey mir vorgienge, indem ihnen vorkam, als hoͤrten ſie eine Stimme laut und eifrig bethen, ohne un- terſcheiden zu koͤnnen, in was fuͤr einer Sprache es waͤre. Und das war der erſte Grundſtein, auf den ich in der Folge mein ganzes Gebaͤude auffuͤhrte, und worauf mit der Zeit vielleicht ein vollſtaͤndiges Syſtem der menſchlichen Sprache gebauet werden wird, wenn, wie ich ſchon anderswo geſagt habe, geſchickte Beobachter ſich die Muͤhe geben werden, meine bisherige Entdeckungen weiter zu verfolgen, und durch ihre Beytraͤge zu vervollkommnen. Um alſo in meinen Verſuchen weiter fortzu- kommen war vor allem noͤthig das ehe vollkommen zu kennen, was ich nachahmen wollte. Jch mußte die Sprache foͤrmlich ſtudieren, und neben meinen Verſuchen auch immer die Natur zu Rath ziehen. Daher iſt meine Sprachmaſchine, und meine Theo- rie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/458
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/458>, abgerufen am 23.11.2024.