genden Morgen, wo ich meine Versuche fortsetz- te, meine Frau und Kinder aus dem dritten Zim- mer herbeyliefen, und neugierig fragten, was bey mir vorgienge, indem ihnen vorkam, als hörten sie eine Stimme laut und eifrig bethen, ohne un- terscheiden zu können, in was für einer Sprache es wäre.
Und das war der erste Grundstein, auf den ich in der Folge mein ganzes Gebäude aufführte, und worauf mit der Zeit vielleicht ein vollständiges System der menschlichen Sprache gebauet werden wird, wenn, wie ich schon anderswo gesagt habe, geschickte Beobachter sich die Mühe geben werden, meine bisherige Entdeckungen weiter zu verfolgen, und durch ihre Beyträge zu vervollkommnen.
Um also in meinen Versuchen weiter fortzu- kommen war vor allem nöthig das ehe vollkommen zu kennen, was ich nachahmen wollte. Jch mußte die Sprache förmlich studieren, und neben meinen Versuchen auch immer die Natur zu Rath ziehen. Daher ist meine Sprachmaschine, und meine Theo-
rie
V. Abtheilung.
genden Morgen, wo ich meine Verſuche fortſetz- te, meine Frau und Kinder aus dem dritten Zim- mer herbeyliefen, und neugierig fragten, was bey mir vorgienge, indem ihnen vorkam, als hoͤrten ſie eine Stimme laut und eifrig bethen, ohne un- terſcheiden zu koͤnnen, in was fuͤr einer Sprache es waͤre.
Und das war der erſte Grundſtein, auf den ich in der Folge mein ganzes Gebaͤude auffuͤhrte, und worauf mit der Zeit vielleicht ein vollſtaͤndiges Syſtem der menſchlichen Sprache gebauet werden wird, wenn, wie ich ſchon anderswo geſagt habe, geſchickte Beobachter ſich die Muͤhe geben werden, meine bisherige Entdeckungen weiter zu verfolgen, und durch ihre Beytraͤge zu vervollkommnen.
Um alſo in meinen Verſuchen weiter fortzu- kommen war vor allem noͤthig das ehe vollkommen zu kennen, was ich nachahmen wollte. Jch mußte die Sprache foͤrmlich ſtudieren, und neben meinen Verſuchen auch immer die Natur zu Rath ziehen. Daher iſt meine Sprachmaſchine, und meine Theo-
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V. Abtheilung.
genden Morgen, wo ich meine Verſuche fortſetz-
te, meine Frau und Kinder aus dem dritten Zim-
mer herbeyliefen, und neugierig fragten, was bey
mir vorgienge, indem ihnen vorkam, als hoͤrten
ſie eine Stimme laut und eifrig bethen, ohne un-
terſcheiden zu koͤnnen, in was fuͤr einer Sprache es
waͤre.
Und das war der erſte Grundſtein, auf den
ich in der Folge mein ganzes Gebaͤude auffuͤhrte,
und worauf mit der Zeit vielleicht ein vollſtaͤndiges
Syſtem der menſchlichen Sprache gebauet werden
wird, wenn, wie ich ſchon anderswo geſagt habe,
geſchickte Beobachter ſich die Muͤhe geben werden,
meine bisherige Entdeckungen weiter zu verfolgen,
und durch ihre Beytraͤge zu vervollkommnen.
Um alſo in meinen Verſuchen weiter fortzu-
kommen war vor allem noͤthig das ehe vollkommen
zu kennen, was ich nachahmen wollte. Jch mußte
die Sprache foͤrmlich ſtudieren, und neben meinen
Verſuchen auch immer die Natur zu Rath ziehen.
Daher iſt meine Sprachmaſchine, und meine Theo-
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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/458>, abgerufen am 23.11.2024.
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