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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

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V. Abtheilung.

Nun deckte ich mit der einen Hand die ober-
stersten drey Löcher der Flöthe, blies mit dem Bla-
sebalg hinein, und indem ich die Finger stufenwei-
se aufhob, erhielt ich zwar höhere oder niedere Tö-
ne, aber keine verschiedene Selbstlauter. Jch sah,
daß ich auf diesem Wege nicht weit vorrücken wür-
de, und kam auf den Gedanken, ein weites Stück
Rohr, das nur einigermaßen einen offenen Mund
vorstellte, an meinen Blasebalg anzubringen, und
weil ich eben eine Hautbois an der Hand hatte, so
nahm ich dessen unteres trichterförmiges Stück, und
bracht' es an die Stelle der losgebundenen Flöte.
Als ich sodann den hölzernen Trichter mit der lin-
ken Hand bald ganz, bald halb, oder nur zum Theil
bedeckte, und mit der rechten den Blasebalg drückte,
ließen sich gleich verschiedene Selbstlauter, je nach-
dem ich die linke Hand mehr oder weniger öffnete,
hören. Dieses erfolgte aber nur, wenn ich verschie-
dene Bewegungen mit Hand und Fingern geschwin-
de nach einander machte. Wenn ich hingegen bey
der nämlichen Lage der Hand, was diese auch im-
mer für eine war, länger stehn blieb, so schien es
mir, als wenn ich immer nur ein a hörte. Hieraus

zog
V. Abtheilung.

Nun deckte ich mit der einen Hand die ober-
ſterſten drey Loͤcher der Floͤthe, blies mit dem Bla-
ſebalg hinein, und indem ich die Finger ſtufenwei-
ſe aufhob, erhielt ich zwar hoͤhere oder niedere Toͤ-
ne, aber keine verſchiedene Selbſtlauter. Jch ſah,
daß ich auf dieſem Wege nicht weit vorruͤcken wuͤr-
de, und kam auf den Gedanken, ein weites Stuͤck
Rohr, das nur einigermaßen einen offenen Mund
vorſtellte, an meinen Blaſebalg anzubringen, und
weil ich eben eine Hautbois an der Hand hatte, ſo
nahm ich deſſen unteres trichterfoͤrmiges Stuͤck, und
bracht' es an die Stelle der losgebundenen Floͤte.
Als ich ſodann den hoͤlzernen Trichter mit der lin-
ken Hand bald ganz, bald halb, oder nur zum Theil
bedeckte, und mit der rechten den Blaſebalg druͤckte,
ließen ſich gleich verſchiedene Selbſtlauter, je nach-
dem ich die linke Hand mehr oder weniger oͤffnete,
hoͤren. Dieſes erfolgte aber nur, wenn ich verſchie-
dene Bewegungen mit Hand und Fingern geſchwin-
de nach einander machte. Wenn ich hingegen bey
der naͤmlichen Lage der Hand, was dieſe auch im-
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mir, als wenn ich immer nur ein a hoͤrte. Hieraus

zog
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[394/0456] V. Abtheilung. Nun deckte ich mit der einen Hand die ober- ſterſten drey Loͤcher der Floͤthe, blies mit dem Bla- ſebalg hinein, und indem ich die Finger ſtufenwei- ſe aufhob, erhielt ich zwar hoͤhere oder niedere Toͤ- ne, aber keine verſchiedene Selbſtlauter. Jch ſah, daß ich auf dieſem Wege nicht weit vorruͤcken wuͤr- de, und kam auf den Gedanken, ein weites Stuͤck Rohr, das nur einigermaßen einen offenen Mund vorſtellte, an meinen Blaſebalg anzubringen, und weil ich eben eine Hautbois an der Hand hatte, ſo nahm ich deſſen unteres trichterfoͤrmiges Stuͤck, und bracht' es an die Stelle der losgebundenen Floͤte. Als ich ſodann den hoͤlzernen Trichter mit der lin- ken Hand bald ganz, bald halb, oder nur zum Theil bedeckte, und mit der rechten den Blaſebalg druͤckte, ließen ſich gleich verſchiedene Selbſtlauter, je nach- dem ich die linke Hand mehr oder weniger oͤffnete, hoͤren. Dieſes erfolgte aber nur, wenn ich verſchie- dene Bewegungen mit Hand und Fingern geſchwin- de nach einander machte. Wenn ich hingegen bey der naͤmlichen Lage der Hand, was dieſe auch im- mer fuͤr eine war, laͤnger ſtehn blieb, ſo ſchien es mir, als wenn ich immer nur ein a hoͤrte. Hieraus zog

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Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/456>, abgerufen am 23.11.2024.