Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Abtheilung.
staben vorkömmt. "Viele Wortforscher (wird da ge-
" sagt) schliessen das M von der Reihe der Stamm-
" buchstaben aus. Unter gehörigen Einschränkun-
" gen haben sie nicht Unrecht, denn der eigen-
" thumliche Laut, welchen das M ausdrückt,
" ist in der Natur nicht allemahl so bestimmt
" vorhanden, daß ihn nicht auch die ande-
" ren Lippenbuchstaben fast eben so genau
" sollten ausdrucken können.

Jch kann den Sinn dieser Worte nicht ganz
erreichen. Wenn der Laut eigenthumlich der ist,
welchen das M ausdrückt, so muß er in der
Natur immer bestimmt vorhanden seyn
;
denn das M ist ein so einfacher, selbstständiger un-
veränderlicher Buchstab, daß er nie mehr nie weni-
ger bestimmt seyn kann. Und ist er einmal da, so
ist er immer bestimmt als ein M da, und kann
durch keinen Lippenlaut nachgeahmt, vielweniger fast
eben so genau ausgedruckt werden. Einen an-
deren Laut kann man an seine Stelle hinsetzen,
aber alsdann wird alle Spur von einem M ver-
schwinden. Eine von den Lippenlauten unzertrennli-

che

IV. Abtheilung.
ſtaben vorkoͤmmt. „Viele Wortforſcher (wird da ge-
„ ſagt) ſchlieſſen das M von der Reihe der Stamm-
„ buchſtaben aus. Unter gehoͤrigen Einſchraͤnkun-
„ gen haben ſie nicht Unrecht, denn der eigen-
„ thumliche Laut, welchen das M ausdruͤckt,
„ iſt in der Natur nicht allemahl ſo beſtimmt
„ vorhanden, daß ihn nicht auch die ande-
„ ren Lippenbuchſtaben faſt eben ſo genau
„ ſollten ausdrucken koͤnnen.

Jch kann den Sinn dieſer Worte nicht ganz
erreichen. Wenn der Laut eigenthumlich der iſt,
welchen das M ausdruͤckt, ſo muß er in der
Natur immer beſtimmt vorhanden ſeyn
;
denn das M iſt ein ſo einfacher, ſelbſtſtaͤndiger un-
veraͤnderlicher Buchſtab, daß er nie mehr nie weni-
ger beſtimmt ſeyn kann. Und iſt er einmal da, ſo
iſt er immer beſtimmt als ein M da, und kann
durch keinen Lippenlaut nachgeahmt, vielweniger faſt
eben ſo genau ausgedruckt werden. Einen an-
deren Laut kann man an ſeine Stelle hinſetzen,
aber alsdann wird alle Spur von einem M ver-
ſchwinden. Eine von den Lippenlauten unzertrennli-

che
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0366" n="306"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV</hi>. Abtheilung.</hi></fw><lb/>
&#x017F;taben vorko&#x0364;mmt. &#x201E;Viele Wortfor&#x017F;cher (wird da ge-<lb/>
&#x201E; &#x017F;agt) &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en das <hi rendition="#aq">M</hi> von der Reihe der Stamm-<lb/>
&#x201E; buch&#x017F;taben aus. Unter geho&#x0364;rigen Ein&#x017F;chra&#x0364;nkun-<lb/>
&#x201E; gen haben &#x017F;ie nicht Unrecht, denn der <hi rendition="#b">eigen-<lb/>
&#x201E; thumliche Laut, welchen das <hi rendition="#aq">M</hi> ausdru&#x0364;ckt,<lb/>
&#x201E; i&#x017F;t in der Natur nicht allemahl &#x017F;o be&#x017F;timmt<lb/>
&#x201E; vorhanden, daß ihn nicht auch die ande-<lb/>
&#x201E; ren Lippenbuch&#x017F;taben fa&#x017F;t eben &#x017F;o genau<lb/>
&#x201E; &#x017F;ollten ausdrucken ko&#x0364;nnen.</hi></p><lb/>
              <p>Jch kann den Sinn die&#x017F;er Worte nicht ganz<lb/>
erreichen. Wenn der Laut <hi rendition="#b">eigenthumlich</hi> der i&#x017F;t,<lb/>
welchen <hi rendition="#b">das <hi rendition="#aq">M</hi> ausdru&#x0364;ckt</hi>, &#x017F;o muß er <hi rendition="#b">in der<lb/>
Natur immer be&#x017F;timmt vorhanden &#x017F;eyn</hi>;<lb/>
denn das <hi rendition="#aq">M</hi> i&#x017F;t ein &#x017F;o einfacher, &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndiger un-<lb/>
vera&#x0364;nderlicher Buch&#x017F;tab, daß er nie mehr nie weni-<lb/>
ger be&#x017F;timmt &#x017F;eyn kann. Und i&#x017F;t er einmal da, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t er immer be&#x017F;timmt als ein <hi rendition="#aq">M</hi> da, und kann<lb/>
durch keinen Lippenlaut nachgeahmt, vielweniger fa&#x017F;t<lb/><hi rendition="#b">eben &#x017F;o genau ausgedruckt</hi> werden. Einen an-<lb/>
deren Laut kann man an &#x017F;eine Stelle hin&#x017F;etzen,<lb/>
aber alsdann wird alle Spur von einem <hi rendition="#aq">M</hi> ver-<lb/>
&#x017F;chwinden. Eine von den Lippenlauten unzertrennli-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">che</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0366] IV. Abtheilung. ſtaben vorkoͤmmt. „Viele Wortforſcher (wird da ge- „ ſagt) ſchlieſſen das M von der Reihe der Stamm- „ buchſtaben aus. Unter gehoͤrigen Einſchraͤnkun- „ gen haben ſie nicht Unrecht, denn der eigen- „ thumliche Laut, welchen das M ausdruͤckt, „ iſt in der Natur nicht allemahl ſo beſtimmt „ vorhanden, daß ihn nicht auch die ande- „ ren Lippenbuchſtaben faſt eben ſo genau „ ſollten ausdrucken koͤnnen. Jch kann den Sinn dieſer Worte nicht ganz erreichen. Wenn der Laut eigenthumlich der iſt, welchen das M ausdruͤckt, ſo muß er in der Natur immer beſtimmt vorhanden ſeyn; denn das M iſt ein ſo einfacher, ſelbſtſtaͤndiger un- veraͤnderlicher Buchſtab, daß er nie mehr nie weni- ger beſtimmt ſeyn kann. Und iſt er einmal da, ſo iſt er immer beſtimmt als ein M da, und kann durch keinen Lippenlaut nachgeahmt, vielweniger faſt eben ſo genau ausgedruckt werden. Einen an- deren Laut kann man an ſeine Stelle hinſetzen, aber alsdann wird alle Spur von einem M ver- ſchwinden. Eine von den Lippenlauten unzertrennli- che

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/366
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/366>, abgerufen am 23.11.2024.