Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
IV. Abtheilung.
§. 107.

Man nehme was immer für einen Mitlau-
ter
, und untersuche, ob er die oben beschriebenen
drey Eigenschaften hat. Man wird bey jedem eine
kleine Abweichung, oder einen Zusatz entdecken,
der eben verursachet, daß er kein Selbstlauter
ist. Wir wollen die Eingangs angeführten vier
Buchstaben L. R. S. M. betrachten. Bey L. liegt
die Zunge mit dem vorderen Theil an dem Gau-
men fest an, folglich leitet sie schon die Stimme
nicht gerade den Lippen zu; dieses ist wider den
zweyten Punkt. Bey R. wird durch das Zittern,
oder wiederhohlte Anstossen der Zunge an den Gau-
men der Durchgang der Stimme unterbrochen; aber-
mal wider den zweyten Punkt. Bey S. lautet gar
keine Stimme mit; wider den ersten Punkt. Bey
M. geht die Stimme nicht zu dem Munde, son-
dern zur Nase heraus; wider den zweyten und drit-
ten Punkt. Und so würde man, wenn man alle
Mitlauter durchgehen wollte, bey jedem etwas fin-
den, das gegen einen dieser Punkte anstößt.

Hier-
IV. Abtheilung.
§. 107.

Man nehme was immer fuͤr einen Mitlau-
ter
, und unterſuche, ob er die oben beſchriebenen
drey Eigenſchaften hat. Man wird bey jedem eine
kleine Abweichung, oder einen Zuſatz entdecken,
der eben verurſachet, daß er kein Selbſtlauter
iſt. Wir wollen die Eingangs angefuͤhrten vier
Buchſtaben L. R. S. M. betrachten. Bey L. liegt
die Zunge mit dem vorderen Theil an dem Gau-
men feſt an, folglich leitet ſie ſchon die Stimme
nicht gerade den Lippen zu; dieſes iſt wider den
zweyten Punkt. Bey R. wird durch das Zittern,
oder wiederhohlte Anſtoſſen der Zunge an den Gau-
men der Durchgang der Stimme unterbrochen; aber-
mal wider den zweyten Punkt. Bey S. lautet gar
keine Stimme mit; wider den erſten Punkt. Bey
M. geht die Stimme nicht zu dem Munde, ſon-
dern zur Naſe heraus; wider den zweyten und drit-
ten Punkt. Und ſo wuͤrde man, wenn man alle
Mitlauter durchgehen wollte, bey jedem etwas fin-
den, das gegen einen dieſer Punkte anſtoͤßt.

Hier-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0238" n="192"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV</hi>. Abtheilung.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 107.</head><lb/>
            <p>Man nehme was immer fu&#x0364;r einen <hi rendition="#b">Mitlau-<lb/>
ter</hi>, und unter&#x017F;uche, ob er die oben be&#x017F;chriebenen<lb/>
drey Eigen&#x017F;chaften hat. Man wird bey jedem eine<lb/>
kleine Abweichung, oder einen Zu&#x017F;atz entdecken,<lb/>
der eben verur&#x017F;achet, daß er kein <hi rendition="#b">Selb&#x017F;tlauter</hi><lb/>
i&#x017F;t. Wir wollen die Eingangs angefu&#x0364;hrten vier<lb/>
Buch&#x017F;taben <hi rendition="#aq">L. R. S. M.</hi> betrachten. Bey <hi rendition="#aq">L</hi>. liegt<lb/>
die Zunge mit dem vorderen Theil an dem Gau-<lb/>
men fe&#x017F;t an, folglich leitet &#x017F;ie &#x017F;chon die Stimme<lb/>
nicht <hi rendition="#b">gerade</hi> den Lippen zu; die&#x017F;es i&#x017F;t wider den<lb/>
zweyten Punkt. Bey <hi rendition="#aq">R</hi>. wird durch das Zittern,<lb/>
oder wiederhohlte An&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en der Zunge an den Gau-<lb/>
men der Durchgang der Stimme unterbrochen; aber-<lb/>
mal wider den zweyten Punkt. Bey <hi rendition="#aq">S</hi>. lautet gar<lb/>
keine Stimme mit; wider den er&#x017F;ten Punkt. Bey<lb/><hi rendition="#aq">M</hi>. geht die Stimme nicht zu dem Munde, &#x017F;on-<lb/>
dern zur Na&#x017F;e heraus; wider den zweyten und drit-<lb/>
ten Punkt. Und &#x017F;o wu&#x0364;rde man, wenn man alle<lb/>
Mitlauter durchgehen wollte, bey jedem etwas fin-<lb/>
den, das gegen einen die&#x017F;er Punkte an&#x017F;to&#x0364;ßt.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Hier-</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0238] IV. Abtheilung. §. 107. Man nehme was immer fuͤr einen Mitlau- ter, und unterſuche, ob er die oben beſchriebenen drey Eigenſchaften hat. Man wird bey jedem eine kleine Abweichung, oder einen Zuſatz entdecken, der eben verurſachet, daß er kein Selbſtlauter iſt. Wir wollen die Eingangs angefuͤhrten vier Buchſtaben L. R. S. M. betrachten. Bey L. liegt die Zunge mit dem vorderen Theil an dem Gau- men feſt an, folglich leitet ſie ſchon die Stimme nicht gerade den Lippen zu; dieſes iſt wider den zweyten Punkt. Bey R. wird durch das Zittern, oder wiederhohlte Anſtoſſen der Zunge an den Gau- men der Durchgang der Stimme unterbrochen; aber- mal wider den zweyten Punkt. Bey S. lautet gar keine Stimme mit; wider den erſten Punkt. Bey M. geht die Stimme nicht zu dem Munde, ſon- dern zur Naſe heraus; wider den zweyten und drit- ten Punkt. Und ſo wuͤrde man, wenn man alle Mitlauter durchgehen wollte, bey jedem etwas fin- den, das gegen einen dieſer Punkte anſtoͤßt. Hier-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/238
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/238>, abgerufen am 27.11.2024.